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Offenlegung und Deckelung von Managergehältern

    Spengler: In Großbritannien kommt es derzeit immer öfter zu einer Revolte der Aktionäre gegen die sogenannten "fat cats". Mit den "fetten Katzen" sind die Manager- und Vorstandsmit-glieder in den Führungsetagen der Konzerne gemeint. Denn selbst wenn ein Unternehmen Verlus-te macht und sein Aktienkurs nach unten geht, die Chefgehälter weisen meist nach oben. Doch solche Selbstbedienung stößt immer häufiger auf Widerstand. Vorgestern etwa weigerten sich die Aktionäre von Glaxo - das ist immerhin der zweitgrößte Pharmakonzern der Welt - dem Vor-standschef 31 Millionen Euro Abfindung zu genehmigen. Der Widerspruch der Aktionäre ist eine kleine Sensation, die überhaupt erst möglich wurde durch ein neues Gesetz, das den Aktionären das Recht einräumt, über die Gehaltspolitik von Großkonzernen abzustimmen. Wir wollen in den nächsten Minuten nicht über die britischen, sondern über die deutschen Mana-ger-Gehälter sprechen, und wir sind telefonisch verbunden mit Klaus Schneider, dem Vorsitzen-den der Schutzgemeinschaft der Kleinaktionäre. Guten Morgen!

    Schneider: Guten Morgen.

    Spengler: Herr Schneider, Aktionäre genehmigen die Vorstandsgehälter. Wünschen Sie sich so etwas auch für Deutschland?

    Schneider: Grundsätzlich nicht, aber in extremen Fällen, so wie es jetzt in England der Fall war, denke ich, wäre es auch bei uns mitunter ganz sinnvoll, gewisse Auswüchse einzudämmen.

    Spengler: Es ginge aber gar nicht, weil ja die Gehälter in den deutschen Führungsetagen gar nicht bekannt sind. Wie ist das derzeit in Deutschland?

    Schneider: Wir wissen nur die Gesamtsumme der Vorstandsvergütung. Die ist ja im Jahres-abschluss zu veröffentlichen. Das kann man dann durch die Anzahl der Vorstände dividieren. Dann kriegt man zumindest mal einen rechnerischen Durchschnitt des Gehaltes. Mehr wissen wir aber nicht.

    Spengler: Der "Spiegel" schreibt in dieser Woche, Deutschlands Bosse lieben zwar das hohe Niveau der Chefgehälter in den USA und Großbritannien, nicht aber die Transparenz, die dort üb-lich ist. Warum ist das in Deutschland so geheim?

    Schneider: Das ist eine gute Frage. Mit Transparenz im unternehmerischen Bereich hatte man ja hier nie allzu große Freude gehabt. Mittlerweile scheint es dort die eine oder andere Be-wegung zu geben hinsichtlich mehr Offenheit. Aber was die Gehälter betrifft, da vermissen wir weiterhin Transparenz.

    Spengler: Sie sagten, es soll die eine oder andere Bewegung geben. Es tritt heute eine Kommission unter Leitung des Thyssen-Krupp-Aufsichtsrats Cromme zusammen. Die soll auf Druck der Bundesregierung nämlich die vollständige Transparenz der Vorstandsbezüge sozusa-gen als Selbstverpflichtung vorschreiben. Wären Sie als Aktionärsschützer mit so etwas zufrie-den?

    Schneider: Das ist auf jeden Fall ein richtiger Schritt in die notwendige Richtung. Bisher war ja nur als Wunschvorstellung in einem Kodex angegeben, es sollte das Gehalt individuell offenge-legt werden. Aber wie das immer so mit freiwilligen Verpflichtungen ist: es wird nicht beachtet. Da ist dann wieder der Gesetzgeber gefordert, hier etwas verpflichtendes zu erklären.

    Spengler: Sollten denn nur Gehälter, oder auch sonstige Leistungen, also Pension, Versor-gung, Dienstwagen, dargelegt werden müssen?

    Schneider: Wenn, dann macht es natürlich nur Sinn, wenn die gesamte Vergütung ein-schließlich der mitunter sehr üppigen Altersversorgung der Vorstände offengelegt wird.

    Spengler: Sind Sie denn optimistisch, dass diese Cromme-Kommission da zu Potte kommt?

    Schneider: Ich glaube schon, dass sich da etwas ändern wird, weil der Druck doch nicht zu-letzt auch von Seiten der Politik recht stark ist. Es gibt ja auch keinen Grund, hier die Transparenz zu verweigern. Von der Bundesregierung, von den Ministern und vom Bundeskanzler kennt man das Gehalt auf den Euro genau, ohne dass die deswegen besser oder schlechter arbeiten. Wa-rum soll das bei den Unternehmern jetzt erst mal anders sein.

    Spengler: Wie argumentieren die denn eigentlich?

    Schneider: Das würde dem Aktionär nichts nützen und im übrigen würde es schädlich sein, wenn man wüsste, wie viel der einzelne verdiene. Dann gäbe es Unfrieden innerhalb des Vorstan-des und das würde die Gehaltsforderungen insgesamt in die Höhe treiben. Ich denke das sind alles nur Schutzbehauptungen. Tatsächlich gibt es eigentlich keinen vernünftigen Grund gegen die Offenlegung.

    Spengler: Warum sind Sie denn als Vertreter der Aktionäre dafür?

    Schneider: Weil einmal die Aura des Geheimnisvollen von den Gehältern weggekommen ist, denn in 90 Prozent der Fälle ist ja nichts Aufregendes dahinter. Darüber wird sich dann auch kein Aktionär oder kein Belegschaftsmitglieder aufregen können. Aber was halt dann nicht mehr ver-deckt werden kann, sind gewisse Gehaltsexzesse oder zumindest die Gefahr. Die Kritik ist doch so groß, dass vielleicht der eine oder andere sich noch überlegt, ob er ganz großen Gehaltsforde-rungen nachgibt. Ich glaube, die Präventivwirkung dieser Offenlegung ist der größte Effekt.

    Spengler: Man sollte wie gesagt nicht nur über die Transparenz, sondern auch über gewisse Exzesse sprechen. Und wenn man dann darüber spricht, dann gibt es immer schnell den Vorwurf der Neidkampagne zu hören. Aber kann es denn Ihrer Ansicht nach angemessen oder gerecht sein, wenn ein deutscher Durchschnittsarbeitnehmer 20 Jahre braucht, um so viel zu verdienen wie der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Bank in einem Monat?

    Schneider: Mit Gerechtigkeit ist das immer so eine Sache. Das Neidargument wird dann ja auch immer wieder vorgetragen, wenn man hier die Höhe der Gehälter anprangert. Aber in der Tat muss man hier schon mal die Frage stellen, insbesondere wenn die Deutsche Bank wie in diesem Jahr oder im Jahr 2002 keinen operativen Gewinn erzielt, wie es möglich ist, dass so hohe Gehäl-ter gezahlt werden, die sich kaum unterscheiden zu den Jahren, wo exorbitante Gewinne erwirt-schaftet wurden. Wenn hier offensichtlich jegliches Ergebnisrisiko fehlt, dann muss man in der Tat nach der Berechtigung für solch hohe Gehälter ganz, ganz kritisch nachfragen.

    Spengler: Herr Schneider, könnten Sie sich vorstellen, dass es so eine Art Deckelung gibt, eine Art Obergrenze für Gehälter?

    Schneider: Das ist schon gefährlich. Irgendwo gibt es sicherlich Schallgrenzen, aber eine Deckelung und gar noch vielleicht eine gesetzliche Deckelung der Gehälter, das halte ich nicht für den richtigen Weg. Ich denke, dass der richtige Weg schon derjenige der Transparenz und damit Offenheit gegenüber den Aufsichtsräten und den Aktionären ist. Ich denke, dass hierdurch doch viele Exzesse vermieden werden, ohne dass man jetzt hier einen Fixbetrag als Höchstgehalt fest-schreibt.

    Spengler: Was wäre mit einer Koppelung der Vorstandsbezüge zum Beispiel an die Lohn-entwicklung oder an die Börsenkurse?

    Schneider: Davon halte ich jetzt nichts. Wenn die Börsenkurse nach oben gehen, ohne dass der Vorstand besser arbeitet, weil einfach gerade mal wieder eine Börseneuphorie um sich greift, gibt es wenig Gründe, weshalb der Vorstand mehr bezahlt bekommen soll als bisher. Hier sollte wirklich die individuelle Leistung festgemacht werden, unabhängig von der Lohnentwicklung, son-dern fixiert auf den Erfolg, den er für das Unternehmen erzielt, und nicht so sehr sonstige externe Faktoren.

    Spengler: Danke Ihnen! - Das war Klaus Schneider, der Vorsitzende der Schutzgemeinschaft der Kleinaktionäre.

    Link: Interview als RealAudio