Donnerstag, 18. April 2024

Archiv


Offensive der Minderheiten

Es ist nicht die einzige Europameisterschaft im Fußball, die zurzeit stattfindet. Nicht weit von Polen entfernt spielen 19 Mannschaften einen zweiten Champion aus. Dort treten nicht Nationen gegeneinander an, sondern autochthone, also sprachliche Minderheiten.

Von Ronny Blaschke | 21.06.2012
    Wieder ist es der Fußball, der Gruppen eine Stimme gibt, die sonst selten zu hören sind. Am Wochenende begann in der Lausitz die Europeada, die Europameisterschaft der Minderheiten. Bis zum 24. Juni, dem Finaltag in Bautzen, wollen die Mannschaften das Turnier zur Vernetzung nutzen. Gastgeber sind die Sorben. Die Minderheit lebt in Ostsachsen und im Süden von Brandenburg, mit 60000 Angehörigen sind sie das kleinste slawische Volk Europas. Ihre Vorfahren sind slawische Stämme, die vor 1400 Jahren in die Region übersiedelten. Schirmherr der Europeada ist der sächsische Ministerpräsident Stanislaw Tillich, der selbst zu den Sorben gehört. Tillich lobt das Turnier als Bühne für kulturelle Vielfalt. In Europa leben 300 Minderheiten, mit mehr als 100 Millionen Angehörigen. In der EU sprechen 40 Millionen Menschen eine der 60 Sprachen von Minderheiten, Friesisch, Romanes oder Walisisch. Die Europeada soll unterstreichen, dass Europa auch von seinen Minderheiten geprägt wird. Teilnehmer des Turniers sind unter anderem: die deutsche Minderheit in Polen, Slowenen aus Kärnten, Roma aus Ungarn, Russlanddeutsche, Westthrakier, Türken, Ladiner, Nordfriesen, Südtiroler, Karatschaier, Zimber, Waliser oder Okzitaner. Die erste Europeada hatte 2008 in der Schweiz stattgefunden, Organisator waren die Rätoromanen im Kanton Graubünden. Nun in der Lausitz geht es um einen Pokal, der nicht so hell glänzt wie die Trophäe der EM in Polen und der Ukraine. Der Pokal der Europeada ist aus Granit und Holz. Neben dem Fußball ist ein Lindenblatt zu sehen, das Symbol der Sorben.