Manfred Kloiber: Was ist da passiert, Peter Welchering?
Peter Welchering: Kurz gesagt: um 5:59 Uhr ist nach Angaben der Flag Telecom Group ein Datenkabel zwischen den Vereinigten Arabischen Emiraten und Oman durchtrennt worden. Der Ort des Schadens liegt 56 Kilometer von Dubai entfernt. Ein Reparaturschiff wird den Schadensort nicht vor Dienstag erreichen. Wir haben es also mit zwei durchtrennten Datenkabeln zu tun. Und das hat massive Folgen: 60 Prozent der Internet-Verbindungen nach Asien sind gestört. Nur ein Drittel aller Internet-Datenpäckchen nach Ägypten kommt derzeit durch. Betroffen sind davon rund 90 Millionen Internet-Knotenrechner weltweit. Die müssen die Datenpäckchen umrouten, also über andere Kabel schicken. Die Ausweichstrecken, wenn man so will, sind allerdings auch seit gestern überlastet. Und das hat im Internet weltweit zu Überlastungsstörungen geführt. Die Kabelschäden im Kabelsystem mit dem schwierigen Namen "South East Asia-Middle East West Europe 4" haben außerdem dafür gesorgt, dass weitere Glasfaserstrecken zwischen Europa und Asien ausgefallen sind.
Kloiber: Was verbirgt sich denn genau hinter dem Kabelsystem mit dem langen Namen und der noch schwierigeren Abkürzung See-Mee-Wee 4?
Welchering: See-Mee-Wee-4 wird mit einigem Recht als das Rückgrat des Internets zwischen Europa und Asien bezeichnet. Das Kabelsystem besteht aus mehreren Fiberglas-Unterwasserkabeln, die von Marseille durchs Mittelmeer nach Alexandria führen, von dort weiter über Dubai bis nach Singapur. Insgesamt sind unter Wasser rund 20.000 Kilometer Glasfaserkabel verlegt. So genannte Knoten- und Vermittlungsstellen in einigen Hafenstädten sorgen für die notwendige Verstärkung der Signale und sind gleichzeitig Schnittstellen zu den Erdkabeln, Überlandkabeln und Satellitensystemen.
Kloiber: Merken wir denn hier in Europa etwas von diesen Kabelstörungen?
Welchering: Die wirtschaftlichen Schäden sind sogar enorm. Bei mindestens drei großen deutschen Konzernen läuft in der Buchhaltung so gut wie nichts mehr seit gestern. Und das liegt einfach daran, dass die ihre Buchhaltung nach Indien ausgelagert haben. Aber seit gestern können die Buchhaltungsdaten nicht mehr korrekt, vollständig und zeitnah via Internet nach Indien transportiert werden. Für die grafische Industrie hat das in Deutschland massive Konsequenzen. Viele Produktfotos, von Waschmaschinen, Fahrrädern oder Füllfederhaltern in Prospekten, Katalogen und Werbeanzeigen müssen ja freigestellt werden, das heißt, mit einem Bildbearbeitungsprogramm muss das eigentliche Produkt vom Hintergrund getrennt werden. Das ist Handarbeit. Da muss mit einem Grafikstift oder einer Computermaus rund um die Umrisse solche eines Produktes von Hand ein Polygon gezogen werden, damit das Produkt dann als freigestelltes Bild weiter verarbeitet werden kann. Solche Arbeiten werden zu großen Teilen in Thailand erledigt. Nach Bangkok sind allerdings zwei Drittel aller Internet-Verbindungen zurzeit gestört.
Kloiber: Kann denn nicht auf andere Kabelverbindungen umgeschaltet werden, um diesen aktuellen Datenstau nach der Kabelhavarie vor Alexandria und Dubai abgebaut zu bekommen?
Welchering: Na ja, auf der Strecke Europa – Asien laufen gut 75 Prozent des Internet-Datenverkehrs über Unterwasserkabel. Nun arbeiten ja durchaus einige Glasfaserstrecken des See-Mee-Wee-4-Ssytems noch, die sind ja beileibe nicht alle durchtrennt worden. Aber die durchtrennten Kabel verursachen schon massive Störungen. Ein Teil wird auch seit gestern über die USA und Japan über ein anderes Unterwasserkabel umgeleitet. Umleitung Nummer zwei sind die Überlandkabel teilweise entlang der Pipelines – teilweise durch den Irak. Gerade diese Überlandleitungen sind seit dem Irak-Krieg auch nicht im besten Zustand. Es gibt dann noch Erdkabel vom indischen Bandra-e-Abbas via Karachi in Pakistan, die in Lahore dann verzweigen nach Chittagong – darüber wird auch Thailand versorgt – und nach Bombay. Aber die Kabel mit ihren Übertragungskapazitäten können die Unterwasserkabel nicht ersetzen. Ja, und die zivile Satellitenübertragung ist seit gestern auch eingeschränkt. Der wichtige Satellitenabschnitt der so genannten Region 4 ist - wie das so schön in der Fachsprache heißt - allokiert, das heißt, für den allgemeinen Internet-Verkehr gesperrt. Da liegt der Verdacht nahe, dass das amerikanische Militär, das ja über Region 4 die Oberhoheit hat, ähnlich wie zu Zeiten des Irak-Kriegs, diese Satellitenkapazitäten für die eigenen Internet-Übertragung zwischen europäischen und asiatischen Militärstandorten nutzt.
Peter Welchering: Kurz gesagt: um 5:59 Uhr ist nach Angaben der Flag Telecom Group ein Datenkabel zwischen den Vereinigten Arabischen Emiraten und Oman durchtrennt worden. Der Ort des Schadens liegt 56 Kilometer von Dubai entfernt. Ein Reparaturschiff wird den Schadensort nicht vor Dienstag erreichen. Wir haben es also mit zwei durchtrennten Datenkabeln zu tun. Und das hat massive Folgen: 60 Prozent der Internet-Verbindungen nach Asien sind gestört. Nur ein Drittel aller Internet-Datenpäckchen nach Ägypten kommt derzeit durch. Betroffen sind davon rund 90 Millionen Internet-Knotenrechner weltweit. Die müssen die Datenpäckchen umrouten, also über andere Kabel schicken. Die Ausweichstrecken, wenn man so will, sind allerdings auch seit gestern überlastet. Und das hat im Internet weltweit zu Überlastungsstörungen geführt. Die Kabelschäden im Kabelsystem mit dem schwierigen Namen "South East Asia-Middle East West Europe 4" haben außerdem dafür gesorgt, dass weitere Glasfaserstrecken zwischen Europa und Asien ausgefallen sind.
Kloiber: Was verbirgt sich denn genau hinter dem Kabelsystem mit dem langen Namen und der noch schwierigeren Abkürzung See-Mee-Wee 4?
Welchering: See-Mee-Wee-4 wird mit einigem Recht als das Rückgrat des Internets zwischen Europa und Asien bezeichnet. Das Kabelsystem besteht aus mehreren Fiberglas-Unterwasserkabeln, die von Marseille durchs Mittelmeer nach Alexandria führen, von dort weiter über Dubai bis nach Singapur. Insgesamt sind unter Wasser rund 20.000 Kilometer Glasfaserkabel verlegt. So genannte Knoten- und Vermittlungsstellen in einigen Hafenstädten sorgen für die notwendige Verstärkung der Signale und sind gleichzeitig Schnittstellen zu den Erdkabeln, Überlandkabeln und Satellitensystemen.
Kloiber: Merken wir denn hier in Europa etwas von diesen Kabelstörungen?
Welchering: Die wirtschaftlichen Schäden sind sogar enorm. Bei mindestens drei großen deutschen Konzernen läuft in der Buchhaltung so gut wie nichts mehr seit gestern. Und das liegt einfach daran, dass die ihre Buchhaltung nach Indien ausgelagert haben. Aber seit gestern können die Buchhaltungsdaten nicht mehr korrekt, vollständig und zeitnah via Internet nach Indien transportiert werden. Für die grafische Industrie hat das in Deutschland massive Konsequenzen. Viele Produktfotos, von Waschmaschinen, Fahrrädern oder Füllfederhaltern in Prospekten, Katalogen und Werbeanzeigen müssen ja freigestellt werden, das heißt, mit einem Bildbearbeitungsprogramm muss das eigentliche Produkt vom Hintergrund getrennt werden. Das ist Handarbeit. Da muss mit einem Grafikstift oder einer Computermaus rund um die Umrisse solche eines Produktes von Hand ein Polygon gezogen werden, damit das Produkt dann als freigestelltes Bild weiter verarbeitet werden kann. Solche Arbeiten werden zu großen Teilen in Thailand erledigt. Nach Bangkok sind allerdings zwei Drittel aller Internet-Verbindungen zurzeit gestört.
Kloiber: Kann denn nicht auf andere Kabelverbindungen umgeschaltet werden, um diesen aktuellen Datenstau nach der Kabelhavarie vor Alexandria und Dubai abgebaut zu bekommen?
Welchering: Na ja, auf der Strecke Europa – Asien laufen gut 75 Prozent des Internet-Datenverkehrs über Unterwasserkabel. Nun arbeiten ja durchaus einige Glasfaserstrecken des See-Mee-Wee-4-Ssytems noch, die sind ja beileibe nicht alle durchtrennt worden. Aber die durchtrennten Kabel verursachen schon massive Störungen. Ein Teil wird auch seit gestern über die USA und Japan über ein anderes Unterwasserkabel umgeleitet. Umleitung Nummer zwei sind die Überlandkabel teilweise entlang der Pipelines – teilweise durch den Irak. Gerade diese Überlandleitungen sind seit dem Irak-Krieg auch nicht im besten Zustand. Es gibt dann noch Erdkabel vom indischen Bandra-e-Abbas via Karachi in Pakistan, die in Lahore dann verzweigen nach Chittagong – darüber wird auch Thailand versorgt – und nach Bombay. Aber die Kabel mit ihren Übertragungskapazitäten können die Unterwasserkabel nicht ersetzen. Ja, und die zivile Satellitenübertragung ist seit gestern auch eingeschränkt. Der wichtige Satellitenabschnitt der so genannten Region 4 ist - wie das so schön in der Fachsprache heißt - allokiert, das heißt, für den allgemeinen Internet-Verkehr gesperrt. Da liegt der Verdacht nahe, dass das amerikanische Militär, das ja über Region 4 die Oberhoheit hat, ähnlich wie zu Zeiten des Irak-Kriegs, diese Satellitenkapazitäten für die eigenen Internet-Übertragung zwischen europäischen und asiatischen Militärstandorten nutzt.