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Oft wenig Lob im Büro

Deutsche Führungskräfte loben zu wenig. Dies hat jetzt eine Studie der "Initiative Neue Qualität der Arbeit" ergeben. Der Zusammenschluss von Bund, Ländern, Sozialpartnern und engagierten Unternehmen hat sich die Förderung einer mitarbeiterorientierten Unternehmenskultur zur Aufgabe gemacht. Arbeitnehmer aus allen Branchen wurden gefragt, wie sie die Qualität ihrer Arbeit beurteilen.

Von Nina Lindlahr | 15.08.2006

    Ab und zu mal ein nettes Wort, ein "Prima" oder "Das hast Du gut gemacht". Jeder Mensch der fleißig arbeitet sucht Bestätigung für das was er tut. Lob steigert die Motivation. Eine alte psychologische Weisheit, die in deutschen Büros aber häufig vergessen wird. 61 Prozent der Befragten einer aktuellen Studie wünschen sich mehr Anerkennung für ihre Tätigkeit. So z.B. auch Angelika Breuer, Angestellte in einer Versicherung:

    "Bei uns im Büro ist Lob äußerst selten. Ich bin Sekretärin, bin für den Chef direkt zuständig, versuche es allen recht zu machen, wie er es gerne hätte, und wenn was sehr gut läuft, dann wird das so abgetan: "Na ist ja selbstverständlich. Kann man doch erwarten". Wenn aber etwas nicht genau so dem entspricht, wie er sich es vorstellt, dann wird kritisiert. Das ist schon für den täglichen Ablauf nicht immer schön. Das kann man mal besser wegstecken, mal schlechter wegstecken, aber man hat doch immer Angst und wird oft auch sehr unsicher in eigenen Entscheidungen, weil man nicht weiß, macht man`s ihm recht oder nicht."

    Wer so im Job behandelt wird, der verliert die Lust an der Arbeit und die Produktivität des gesamten Unternehmens wird ausgebremst. Der Mangel an Lob ist dabei vor allem ein Problem der Führungskräfte. Denn sie sind Träger der Unternehmenskultur. Das heißt, wenn der Chef viel lobt, dann wird dies im Unternehmen normal und auch ein Kollege wird dann schneller mal Anerkennung für die Leistung eines anderen zeigen. Dr. Beate Baermann hat die Studie der Initiative "Neue Qualität der Arbeit" betreut und weiß, dass Lob manchmal einfach vergessen wird.

    "Führungskräfte meinen ja auch nichts gesagt ist schon genug gelobt. Also dass Lob darüber hinaus nicht nötig ist. Das heißt: Kritik und dann in der Regel auch noch ein Allgemein-Rundumschlag und keine zielorientierte Kritik im Hinblick auf "Wie kann ich mich verbessern, was ist schiefgelaufen" ist für viele Beschäftigte an der Tagesordnung und sie vermissen halt die Rückmeldung darüber, Was mach ich gut? Wo könnte ich mich verbessern? Wo sind Entwicklungspotenziale?".

    Mitarbeitern geht es also nicht darum, einfach nur nett behandelt zu werden. Sie wünschen sich durch die Rückmeldung Anerkennung und qualitative Beurteilung der Tätigkeit. Karl-Peter Heitmann führt als Vertriebsleiter in der Mobilfunkbranche ein Team von sechs Leuten. Für ihn ist Lob ein wichtiges Instrument, das er immer in einem Dreieck zusammen mit Kritik und Zielen sieht:

    "Lob und Kritik sind für mich sehr, sehr wichtig, weil das im Prinzip meine einzigen Instrumente sind, um an den Mitarbeiter in seinen Emotionen ranzukommen, ne andere Chance hab ich nicht. Der Mitarbeiter schickt mir `ne Info. Also es ist was schiefgelaufen oder er hat nen Vertrag geholt – nen dicken Vertrag. Dann kriegt er dann über sms: "Prima" oder "Super, weiter so" – das sind so die gängigen Mittel. Wichtig ist nur, dass der Mitarbeiter das Gefühl hat – und das ist das Entscheidende - dass das Lob wirklich überzeugend kommt. Dass es passgenau ist. Das darf nicht zur Routine werden. Ich kann nicht sechs Mal am Tag Einen loben. Dann nimmt der mir das nicht mehr ab.".

    Eine dauerhafte "Bauchpinselei" ist also nicht die Lösung. Lob muss vielmehr gezielt und themenorientiert eingesetzt werden. Dafür ist es aber erforderlich, dass eine Führungskraft die Mitarbeiter stets im Blick hat. Häufig stehen Chefs aber selbst so unter Zeit- oder Zahlendruck dass für eine mitarbeiterorientierte Führung kein Platz mehr ist, erklärt Beate Baermann:

    "Ja, Arbeitsdruck frisst Kommunikation letztendlich. Das heißt, da wo sie keine Zeit mehr haben, wo sie eigentlich immer wie ein Gehetzter durchs Unternehmen laufen, um gerade die Anforderungen zu erfüllen, die gerade jetzt an sie herangetragen werden, da können sie nicht mehr gucken, welcher Mitarbeiter hat was gemacht und mit wem müsste ich jetzt mal sprechen oder wer geht hier mit hängendem Kopf durch die Flure. Das fällt Ihnen dann nicht mehr auf, weil das müssen sie ausblenden, weil sie ja den Inhalten hinterher rennen."

    Vorgesetzte und Führungskräfte müssen also versuchen eine klare Trennlinie zu ziehen zwischen dem Druck aus den oberen Etagen und der Arbeit ihrer Mitarbeiter. Karl-Peter Heitmann ist als Vertriebsleiter in einer solchen Sandwichposition und bekommt selbst von seinem Vorgesetzten wenig nette Worte zu hören.

    "Mein Chef ist zum Beispiel jemand, der Lob sehr sparsam verteilt. Ganz ganz wenig, der aber, wenn ihm was gut gefällt das anders darstellt. Der geht dann schon mal hin und nimmt sich einfach mal Zeit, 10 Minuten. Kommt zu mir ins Büro, setzt sich hin und spricht Themen an, die außerhalb von unserem täglichen Arbeitsbereich sind. Also: Marktanalysen oder wir diskutieren dann 10 Minuten über den Markt, wie er sich entwickelt und er sagt dann: "da brauch ich jetzt mal Ihre Meinung zu, oder Ihren Rat". Und dann heißt das für mich. Aha, der Alte ist zufrieden."

    Lob auf verschiedene Weisen zeigen. Auch das ist eine Möglichkeit der Anerkennung. Nicht immer muss das kurze "gut gemacht" auf dem Flur das Mittel der Wahl sein. Auch in Mitarbeitergesprächen, Emails oder SMS kann gelobt werden – je nachdem, wie formal die Unternehmenskultur ist. Wichtig ist nur, dass umgedacht wird. Denn Deutschland als rohstoffarmes Land, ist auf Innovationen und gute Leistung angewiesen. Wertschöpfung durch Wertschätzung lautet die Devise.