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Ohne Endlager kein Betrieb

Schwach- und mittelradioaktiver Atommüll stammt hierzulande teils aus dem Betrieb von Atomkraftwerken, teils aus der Forschung und Medizin. Stark radioaktive Abfälle dagegen fallen hauptsächlich in den Strom erzeugenden Kernkraftwerken an. Nicht nur in Deutschland, sondern in der gesamten Europäischen Union wachsen derzeit die Atommüllberge, ohne dass ein einziges Endlager für hochradioaktive Reststoffe zur Verfügung stände. Mit neuen gesetzlichen Vorgaben will EU-Energiekommissar Günter Oettinger dies jetzt ändern.

Von Volker Finthammer | 03.11.2010
    Die EU-Kommission will mit dieser Richtlinie den Bau von Endlagern für hochradioaktive Abfälle in der EU vorantreiben. Wenn Parlament und Rat den Plänen zustimmen, die Energiekommissar Günter Oettinger heute vorlegen wird, dann sollen die Mitgliedsstaaten binnen vier Jahren konkrete Vorschläge unterbreiten, wie sie künftig mit hochradioaktiven Abfällen umgehen wollen. 140 Kernkraftwerke sind in der EU in Betrieb, weitere sind im Bau oder geplant. Rund 10 Prozent aller nuklearen Abfälle gelten als hochradioaktiv, für die es bislang noch keine dauerhaft sicheren Lagerstätten gibt.

    "Hier fordere ich konkrete Schritte zur Realisierung modernster, auf höchsten Sicherheitsstandards beruhender Endlager in der Europäischen Union ein. Und im Grundsatz glaube ich auch, dass jeder Mitgliedsstaat der Kernanlagen hat oder nuklearen Abfall, auf seinem Territorium das Problem lösen muss","

    sagt der deutsche Energiekommissar Günter Oettinger. Doch die Frage, ob atomare Endlager wirklich die beste Lösung für hoch radioaktive Abfälle sind, wird in dem Entwurf nicht weiter verfolgt. Da verweist die EU-Kommission auf Studien der Nuklearagentur der OECD und auf Umfragen von Eurobarometer, wonach sich 93 Prozent der EU Bürger wünschen, dass Maßnahmen zur langfristigen Entsorgung hoch radioaktiver Abfälle ergriffen werden. Allerdings glauben weniger als Hälfte der Befragten, nämlich nur 43 Prozent, dass tief gelegene unterirdische Lager die angemessene Lösung darstellen. Der Gesetzesvorschlag der EU-Kommission zielt auf einen einheitlichen Rechtsrahmen in der EU für die Entsorgung radioaktiver Abfälle. Das ist zu wenig. kritisiert die grüne EU-Abgeordnete Rebecca Harms:

    ""Gerade in Deutschland haben wir ja den GAU den größten anzunehmenden Unfall in einem Forschungsendlager erlebt, nämlich in der Asse. Dass auszuwerten, daraus die richtigen Schlussfolgerungen zu ziehen, das wäre eine Leistung. Und Herr Oettinger hätte als Stuttgarter, als Schwabe natürlich auch unbedingt vor dem Hintergrund der Auseinandersetzungen um Stuttgart 21 oder um Gorleben dazu beitragen müssen, dass gute Verfahren etabliert werden müssen bei allen Entscheidungen bei allen Entscheidungen über den Umgang mit Atommüll."

    Bislang wird nur in drei Ländern, Schweden, Finnland und Frankreich der Bau von Endlagern erforscht und vorangetrieben. Am deutschen Erkundungsbergwerk in Gorleben sind die Untersuchungen des Salzstocks vor einem Monat nach einem zehnjährigen Stopp der Erkundungen wieder offiziell aufgenommen worden. Dass die Widerstände in einzelnen Ländern einfach zu groß sein könnten, darauf versucht die EU-Richtlinie Rücksicht zu nehmen.

    ""Ich akzeptiere, wenn zwei oder mehr Mitgliedsstaaten durch öffentlich-rechtliche Vereinbarungen andere Regelungen treffen, aber bitte innerhalb und nicht außerhalb der Europäischen Union","

    wirbt der Energiekommissar. Von einem Akzeptanzprogramm für die Renaissance der Atomkraft spricht dagegen die grüne Europaabgeordnete Rebecca Harms. Einen wirklichen Schritt zur Lösung der Probleme beinhalte die Richtlinie nicht.