Es gibt nichts zu beschönigen: Ausländische Kinder und Jugendliche gehen seltener zur Schule als gleichaltrige Deutsche, sie haben schon in der Hauptschule kaum Erfolg und an weiterführenden Schulen und Universitäten sind sie unterrepräsentiert. Der Anteil ausländischer Schüler entspricht nicht im Entferntesten den statistisch zu erwartenden Zahlen. Schaut man sich die Nationalitäten im Detail an, fällt zudem auf, dass jugoslawische Kinder und Jugendliche noch vergleichsweise häufig vertreten sind, junge Türken dagegen ganz unten auf der Liste stehen.
"Ihnen fehlen sprachliche Kenntnisse, also die sprachlichen Kenntnisse, die man in der Schule braucht."
Sagt Wolf-Dietrich Bukow, Professor für Kultur- und Erziehungssoziologie an der Forschungsstelle für Interkulturelle Studien der Universität zu Köln.
"Ihnen fehlt vor allem die Motivation mitzuspielen, also auf Bildungserfolge zu setzen, weil sie einfach erleben in ihrem Alltag, dass sie chancenlos sind, zum Teil auch diskriminiert werden, jedenfalls hinten angestellt werden, also entmutigt werden, dann macht ihnen die Schule ja auch keinen Spaß."
Entscheidend sind die Sprachdefizite. Wer nur unzureichend Deutsch spricht und schreibt, hat automatisch Probleme in vielen anderen Fächern. Wolf-Dietrich Bukow weist allerdings auf ein schon lange bekanntes Phänomen hin: Sprachdefizite beziehen sich fast immer auf einen bestimmten Sprachcode.
"Sie können deutsch, aber sie können nicht das Bildungsdeutsch, was in der Schule verlangt wird. Das wissen wir schon aus Untersuchungen aus den sechziger Jahren von Bernstein, dass eine erhebliche Sprachdifferenz ist zwischen dem, was man auf der Sprache und in der Familie spricht, und was man in der Schule spricht. Im Grunde haben wir jetzt durch die Migration eine Verstärkung dieser Problematik, dass die Kinder nicht nur die Straßensprache sprechen, sondern sie sprechen auch eine gemischte Sprache, sie sprechen einen deutsch-türkischen, deutsch-italienischen, deutsch-spanischen Dialekt, wie man eben auf der Straße spricht, und die Differenz zwischen dem, was sie zuhause sprechen und dem, was sie in der Schule sprechen, wird noch mal größer."
Basil Bernstein entwickelte in den sechziger Jahren die These vom "restringierten Code" bildungsferner Schichten und vom "elaborierten Code", den Mitgliedern der Mittel- und Oberschicht sprechen. Wer am deutschen Bildungssystem erfolgreich teilnehmen möchte, muss aber Zugang zum elaborierten Code haben. Das erfordert schulische Förderung, die der "Deutsch-Türkische-Verein Köln" – da unterscheidet er sich von anderen Förderkonzepten – aber nicht nach dem Gießkannenprinzip den Kindern zuteilwerden lässt. Im Mittelpunkt stehen für ihn zunächst einmal die Eltern der Schüler. Sie werden:
"Zum Beispiel Anfang des Schuljahres zu einer Veranstaltung eingeladen, vor allem die Eltern der Fünftklässler."
Sagt Tayfun Keltek, Mitglied des Vorstandes des "Deutsch-Türkischen-Vereins Köln" und Vorsitzender des Integrationsrates der Stadt Köln:
"Sie werden über die schulische Situation der Kinder informiert und ihnen wird gleichzeitig vermittelt, wie sie ihre Kinder in ihrem Schulerfolg unterstützen können. Die Eltern können mit unserer Hilfe zum Beispiel Deutschkurse oder Mathekurse organisieren, um die fehlende Fachkompetenz ihrer Kinder zu auszugleichen. Dazu übernehmen sie auch die Verantwortung, zum Teil finanzieren Sie auch diese Kurse."
Ohne Engagement der Eltern passiert gar nichts! Die Kölner Kultursoziologen konnten in diesem Zusammenhang ein ebenso weit verbreitetes wie lieb gewonnenes Vorurteil widerlegen: Türkische Eltern erkennen durchaus den Wert von Bildung, und zwar auch dann, wenn sie unter die Kategorie "Bildungsfern" fallen. Ihnen fehlen aber die Möglichkeiten, innerhalb des deutschen Bildungssystems Forderungen zu stellen. Aus diesem Grund ist Beratung wichtig, die – darauf legt der "Deutsch-Türkische-Verein" großen Wert – möglichst Lehrer mit eigenem Migrationshintergrund übernehmen.
"Die Lehrerinnen und Lehrer kommen aus der Mittelschicht. Die Lehrerinnen und Lehrer, die aus der Mittelschicht kommen, können aber noch nicht einmal mit deutschen Arbeiterkindern zurechtkommen, sie haben unterschiedliche Vorstellungen vom Leben und von der Schule, wenn dazu noch der Migrationshintergrund kommt bei den Schülern, dann wird es umso schwieriger. Wir haben festgestellt, dass die Lehrerinnen und Lehrer mit Migrationshintergrund nicht nur die Migrantenkinder, sondern auch Unterschichtkinder deutscher Herkunft, viel besser unterstützen können."
In letzter Konsequenz, betont Wolf-Dietrich Bukow von der Universität Köln, steht nicht die Förderung türkischer Schüler im Mittelpunkt, in letzter Konsequenz geht es um die Förderung von Kindern aus sozial unterprivilegierten Schichten – gleichgültig ob es Russen oder Türken, Italiener oder Deutsche sind.
Pinar Kuru, Lehrerin für Deutsch und Mathematik an der Gustav-Heinemann-Schule in Köln-Chorweiler.
"Zu Beginn war der Fokus dieses Projektes, dass man nur türkische Kinder oder Kinder mit türkischem Migrationshintergrund da mit hineinnimmt; mittlerweile haben wir auch Klassen, wo auch deutsche Kinder drin sind, wir haben russische Kinder, wir haben italienische Kinder drin, da machen wir auch nicht mehr so die Differenzierung, dass wir sagen, wir wollen auf jeden Fall nur mit türkischen Kindern arbeiten."
Eltern verbindlich in die schulische Förderung ihrer Kinder einzubeziehen, das funktioniert nicht nur bei Migranten. Wolf-Dietrich Bukow von der Forschungsstelle für Interkulturelle Studien der Universität zu Köln geht sogar noch weiter: Er plädiert unabhängig vom Schultyp für eine stärkere Gemeinsamkeit von Eltern, Schülern und Lehrern. Immerhin hat sich in Köln gezeigt, "dass die Erfolge der Kinder in Realschulen deutlich besser wurden, nachdem sie mitmachen konnten, nachdem sie aktiviert wurden, und wir haben gesehen, dass die Eltern plötzlich über die Schulen Bescheid wissen, nachfragen, dass Gespräche zwischen Eltern und Lehrern entstehen, also eine ganz andere Erfolgsquote schlicht und ergreifend einfach da ist."
Projekte, wie die des "Deutsch-Türkischen-Vereins Köln", werden weitgehend ehrenamtlich getragen. Das ist gleichermaßen gut wie schlecht. Gut sei es – sagt Bukow – weil die Zivilgesellschaft auch auf dieser Ebene einen Beitrag leisten soll; schlecht sei aber, wenn der Staat ureigene Aufgaben auf seine Bürger abwälzt. Bildung koste Geld, und das müsse auch in Zeiten leerer Kassen bereitgestellt werden.
"Ihnen fehlen sprachliche Kenntnisse, also die sprachlichen Kenntnisse, die man in der Schule braucht."
Sagt Wolf-Dietrich Bukow, Professor für Kultur- und Erziehungssoziologie an der Forschungsstelle für Interkulturelle Studien der Universität zu Köln.
"Ihnen fehlt vor allem die Motivation mitzuspielen, also auf Bildungserfolge zu setzen, weil sie einfach erleben in ihrem Alltag, dass sie chancenlos sind, zum Teil auch diskriminiert werden, jedenfalls hinten angestellt werden, also entmutigt werden, dann macht ihnen die Schule ja auch keinen Spaß."
Entscheidend sind die Sprachdefizite. Wer nur unzureichend Deutsch spricht und schreibt, hat automatisch Probleme in vielen anderen Fächern. Wolf-Dietrich Bukow weist allerdings auf ein schon lange bekanntes Phänomen hin: Sprachdefizite beziehen sich fast immer auf einen bestimmten Sprachcode.
"Sie können deutsch, aber sie können nicht das Bildungsdeutsch, was in der Schule verlangt wird. Das wissen wir schon aus Untersuchungen aus den sechziger Jahren von Bernstein, dass eine erhebliche Sprachdifferenz ist zwischen dem, was man auf der Sprache und in der Familie spricht, und was man in der Schule spricht. Im Grunde haben wir jetzt durch die Migration eine Verstärkung dieser Problematik, dass die Kinder nicht nur die Straßensprache sprechen, sondern sie sprechen auch eine gemischte Sprache, sie sprechen einen deutsch-türkischen, deutsch-italienischen, deutsch-spanischen Dialekt, wie man eben auf der Straße spricht, und die Differenz zwischen dem, was sie zuhause sprechen und dem, was sie in der Schule sprechen, wird noch mal größer."
Basil Bernstein entwickelte in den sechziger Jahren die These vom "restringierten Code" bildungsferner Schichten und vom "elaborierten Code", den Mitgliedern der Mittel- und Oberschicht sprechen. Wer am deutschen Bildungssystem erfolgreich teilnehmen möchte, muss aber Zugang zum elaborierten Code haben. Das erfordert schulische Förderung, die der "Deutsch-Türkische-Verein Köln" – da unterscheidet er sich von anderen Förderkonzepten – aber nicht nach dem Gießkannenprinzip den Kindern zuteilwerden lässt. Im Mittelpunkt stehen für ihn zunächst einmal die Eltern der Schüler. Sie werden:
"Zum Beispiel Anfang des Schuljahres zu einer Veranstaltung eingeladen, vor allem die Eltern der Fünftklässler."
Sagt Tayfun Keltek, Mitglied des Vorstandes des "Deutsch-Türkischen-Vereins Köln" und Vorsitzender des Integrationsrates der Stadt Köln:
"Sie werden über die schulische Situation der Kinder informiert und ihnen wird gleichzeitig vermittelt, wie sie ihre Kinder in ihrem Schulerfolg unterstützen können. Die Eltern können mit unserer Hilfe zum Beispiel Deutschkurse oder Mathekurse organisieren, um die fehlende Fachkompetenz ihrer Kinder zu auszugleichen. Dazu übernehmen sie auch die Verantwortung, zum Teil finanzieren Sie auch diese Kurse."
Ohne Engagement der Eltern passiert gar nichts! Die Kölner Kultursoziologen konnten in diesem Zusammenhang ein ebenso weit verbreitetes wie lieb gewonnenes Vorurteil widerlegen: Türkische Eltern erkennen durchaus den Wert von Bildung, und zwar auch dann, wenn sie unter die Kategorie "Bildungsfern" fallen. Ihnen fehlen aber die Möglichkeiten, innerhalb des deutschen Bildungssystems Forderungen zu stellen. Aus diesem Grund ist Beratung wichtig, die – darauf legt der "Deutsch-Türkische-Verein" großen Wert – möglichst Lehrer mit eigenem Migrationshintergrund übernehmen.
"Die Lehrerinnen und Lehrer kommen aus der Mittelschicht. Die Lehrerinnen und Lehrer, die aus der Mittelschicht kommen, können aber noch nicht einmal mit deutschen Arbeiterkindern zurechtkommen, sie haben unterschiedliche Vorstellungen vom Leben und von der Schule, wenn dazu noch der Migrationshintergrund kommt bei den Schülern, dann wird es umso schwieriger. Wir haben festgestellt, dass die Lehrerinnen und Lehrer mit Migrationshintergrund nicht nur die Migrantenkinder, sondern auch Unterschichtkinder deutscher Herkunft, viel besser unterstützen können."
In letzter Konsequenz, betont Wolf-Dietrich Bukow von der Universität Köln, steht nicht die Förderung türkischer Schüler im Mittelpunkt, in letzter Konsequenz geht es um die Förderung von Kindern aus sozial unterprivilegierten Schichten – gleichgültig ob es Russen oder Türken, Italiener oder Deutsche sind.
Pinar Kuru, Lehrerin für Deutsch und Mathematik an der Gustav-Heinemann-Schule in Köln-Chorweiler.
"Zu Beginn war der Fokus dieses Projektes, dass man nur türkische Kinder oder Kinder mit türkischem Migrationshintergrund da mit hineinnimmt; mittlerweile haben wir auch Klassen, wo auch deutsche Kinder drin sind, wir haben russische Kinder, wir haben italienische Kinder drin, da machen wir auch nicht mehr so die Differenzierung, dass wir sagen, wir wollen auf jeden Fall nur mit türkischen Kindern arbeiten."
Eltern verbindlich in die schulische Förderung ihrer Kinder einzubeziehen, das funktioniert nicht nur bei Migranten. Wolf-Dietrich Bukow von der Forschungsstelle für Interkulturelle Studien der Universität zu Köln geht sogar noch weiter: Er plädiert unabhängig vom Schultyp für eine stärkere Gemeinsamkeit von Eltern, Schülern und Lehrern. Immerhin hat sich in Köln gezeigt, "dass die Erfolge der Kinder in Realschulen deutlich besser wurden, nachdem sie mitmachen konnten, nachdem sie aktiviert wurden, und wir haben gesehen, dass die Eltern plötzlich über die Schulen Bescheid wissen, nachfragen, dass Gespräche zwischen Eltern und Lehrern entstehen, also eine ganz andere Erfolgsquote schlicht und ergreifend einfach da ist."
Projekte, wie die des "Deutsch-Türkischen-Vereins Köln", werden weitgehend ehrenamtlich getragen. Das ist gleichermaßen gut wie schlecht. Gut sei es – sagt Bukow – weil die Zivilgesellschaft auch auf dieser Ebene einen Beitrag leisten soll; schlecht sei aber, wenn der Staat ureigene Aufgaben auf seine Bürger abwälzt. Bildung koste Geld, und das müsse auch in Zeiten leerer Kassen bereitgestellt werden.