Regina Brinkmann: Nun wissen wir es also Schwarz auf Gelb: Die Große Koalition ist passé. Die Liberalen haben sich mit 14,6 Prozent selbst überholt und dürften bei den Koalitionsverhandlungen mit der Union sicherlich den ein oder anderen Ministerposten für sich reklamieren. Cornelia Pieper ist FDP-Vizeparteichefin und forschungspolitische Sprecherin ihrer Bundestagsfraktion. Frau Pieper, wie erstrebenswert ist für die FDP das Bildungsministerium?
Cornelia Pieper: Für uns ist erst mal erstrebenswert, dass wir eine stabile Regierung haben werden und klare politische Verhältnisse in Deutschland und dass wir jetzt Regierungsverhandlungen sehr zügig beginnen mit der Union. Das heißt, wir werden uns auf einen Koalitionsvertrag festlegen, wo natürlich die Bildungs-, die Wissenschafts-, die Hochschulpolitik auch ein ganz besonderer Schwerpunkt ist. Und Sie können mal davon ausgehen, da, wo wir Schwerpunkte setzen, da ist es dann nicht ganz unwahrscheinlich, dass man dann auch über Ressorts nachdenkt.
Brinkmann: Das heißt, Sie werden den Finger heben?
Pieper: Niemand wird jetzt den Finger heben, weil jetzt geht es erst mal um die Zukunft des Landes. Es geht darum, dass man die richtigen Pflöcke einschlägt in dem Regierungsvertrag, damit man in den vier Jahren auch in der Tat vorankommt mit mehr Bildungsinvestition. Gerade was die Hochschulen anbelangt, da haben wir uns ja viel vorgenommen. Sie wissen, dass die Kanzlerin der letzten Legislaturperiode noch mit dem Ministerpräsidenten den Hochschulpakt II beschlossen hat, der ist ja bis heute nicht etatisiert. Das heißt, auch das müssen wir angesichts der hohen Schulden im Haushalt bewältigen. Aber ich bin da zuversichtlich, da wird die FDP Druck machen.
Brinkmann: Inwieweit können Sie denn eine Garantie dafür abgeben, dass der Bund seinen Anteil am beschlossenen Hochschulförderprogramm im Gesamtumfang von 18 Milliarden – muss man ja auch sagen – bezahlen wird oder kann?
Pieper: Es sind in der Tat 18 Milliarden bis 2018, aber es ist ja hälftig finanziert vom Bund und von den 16 Bundesländern. Das heißt, nicht nur der Bund muss seinen Anteil erbringen, sondern auch die Länder müssen dies jetzt in ihre Haushaltsentwürfe hineinschreiben, sonst funktioniert der Pakt nicht. Und Sie können zumindest von der FDP als Regierungspartner davon ausgehen, dass wir da ein waches Auge drauf haben werden, dass es im Bundeshaushalt drin steht.
Brinkmann: Ja, ein waches Auge haben Sie vielleicht, aber Sie wollen auch Steuersenkung. Wie passt das denn damit zusammen?
Pieper: Ja, das fragt man uns ja öfters, wie passt der Schuldenabbau, wie passen Bildungsinvestitionen und Steuersenkungen zusammen? Ich glaube, dass da sogar ein unmittelbarer ökonomischer Zusammenhang besteht. Wenn Sie sich anschauen in den Ländern auf der Welt, in den Industrieländern, OECD-Ländern, dort, wo mehr in Bildung, Wissenschaft, Forschung investiert wird, dort gibt es auch ein höheres Wirtschaftswachstum, und das bedeutet immer, dass Arbeitsplätze entstehen oder erhalten werden. Genau das muss unser Ziel sein. Wir brauchen Wachstum, das heißt, wir müssen die Wirtschaft, insbesondere den Mittelstand, und die Bürger wegen der Binnennachfrage entlasten, damit wir mehr Arbeitsplätze schaffen können, dadurch mehr Steuereinnahmen haben und mittel- und langfristig auch wieder mehr Einnahmen insgesamt für den Staat ins Staatssäckl entstehen. Daraus können dann natürlich auch wieder neue Bildungsausgaben verwendet werden.
Brinkmann: Welche bildungspolitischen Duftmarken will die FDP denn darüber hinaus zum Beispiel setzen? Kommt jetzt das bundesweite Stipendienprogramm, das FDP-Innovationsminister Pinkwart in NRW ja praktiziert und das er unbedingt auf ganz Deutschland ausdehnen möchte?
Pieper: Auch eine Forderung, die ich gemeinsam mit Herrn Pinkwart seit Langem aufgestellt habe und die wir voranbringen wollen, welche letztendlich bei ersten Gesprächen in der Wissenschaftskonferenz an den Ländern gescheitert ist, was ich sehr bedauerlich finde. Wir brauchen dringend ein nationales Stipendienprogramm, aus dem einfachen Grund, weil wir in Deutschland benachteiligt sind oder besser gesagt, die Studierenden sind benachteiligt, zwei Prozent Stipendien gibt es bei uns nur, das ist zu wenig. Und wir haben mal umrechnen lassen, was die fünf Milliarden Euro Abwrackprämie bedeutet hätten für konkrete Bildungsinvestitionen. Man hätte aus fünf Milliarden Euro 25 Jahre lang zehn Prozent der begabtesten Studenten Deutschlands mit einem Stipendium, elternunabhängigem Stipendium fördern können. Daran können Sie erkennen, wie falsch diese Investition in alte Autos war und wie nachhaltig sie gewesen wäre, wenn man sie in die klugen Köpfe gesteckt hätte. Also wir haben das vor.
Brinkmann: Dieses Stipendienprogramm soll ja insgesamt zehn Prozent – so Ihr Ziel – der Studierenden zur Verfügung gestellt werden, und kritische Stimmen sagen, dass es reine Elitenförderung ist. FDP-Bildungspolitik also gleich Elitenpolitik?
Pieper: Das ist Quatsch. Also ich sag mal, das sind so die alten ideologischen Kamellen, von denen ich nichts halte. Ich finde, wir müssten uns in Deutschland endlich mal dran gewöhnen, ohne ideologische Scheuklappen Bildungs- und Wissenschaftspolitik zu machen, dann würden wir auch viel besser im Wettbewerb um die besten Köpfe bestehen. Dieses Stipendienprogramm will ja gerade, dass unabhängig vom Geldbeutel der Eltern Studenten gefördert werden. Aber dass wir natürlich auch Leistungsgerechtigkeit wollen, dass wir natürlich auch die begabtesten mit einem Stipendium vom Staat fördern wollen, ist ja nun auch nicht was Ungewöhnliches, sondern spricht ja eher auch für die Exzellenz der Wissenschaft und der Universitäten.
Brinkmann: Jetzt komme ich noch mal zum Anfang zurück, Frau Pieper. Sie haben diesen ganzen Fragen um Ämter und Personalien ja so geschickt den Bogen drum herum geschlagen und Sie haben sich selbst als forschungspolitische Sprecherin der FDP ja für Bildung und Forschung stark gemacht. Bildungsministerium, also ein Amt, das Ihnen gut zu Gesicht stehen könnte?
Pieper: Also ich sage noch mal ganz klar, wir werden jetzt erst in aller Ruhe einen Regierungsvertrag gemeinsam mit der Union erarbeiten. Wir werden uns nicht am Anfang über Ministerien unterhalten, dazu ist die Zeit nicht reif. Ich denke, man sollte sich auf das Wesentliche konzentrieren und nicht den zweiten Schritt vor dem ersten tun. Der zweite wird irgendwann fällig.
Brinkmann: Aber Sie haben es nicht so völlig dementiert, indem Sie gesagt haben, na ja, Frau Schavan ist ja die aktuelle Bildungsministerin, die haben wir und die könnten wir doch auch halten. Also das wäre ja dann quasi ein komplettes Dementi.
Pieper: Also die Legislaturperiode ist ja sowieso erst ausgelaufen mit der konstituierenden nächsten Bundestagssitzung. Von daher ist jetzt im Moment Frau Schavan in der Tat noch Bundesbildungsministerin.
Brinkmann: Und an ihrem Stuhl möchten Sie nicht sägen?
Pieper: Also wie gesagt, wir werden in den Koalitionsverhandlungen in aller Ruhe die wichtigsten Themen besprechen, auch Akzente als Liberale im Bildungs- und Forschungsbereich setzen. Über Ämter werden wir uns jetzt nicht zu verständigen haben, sondern erst, wenn die Inhalte für den Vertrag für die Zukunft Deutschlands feststehen.
Brinkmann: Cornelia Pieper, Vizeparteichefin und forschungspolitische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion. Und das Interview haben wir aus terminlichen Gründen vor dieser Sendung aufgezeichnet.
Cornelia Pieper: Für uns ist erst mal erstrebenswert, dass wir eine stabile Regierung haben werden und klare politische Verhältnisse in Deutschland und dass wir jetzt Regierungsverhandlungen sehr zügig beginnen mit der Union. Das heißt, wir werden uns auf einen Koalitionsvertrag festlegen, wo natürlich die Bildungs-, die Wissenschafts-, die Hochschulpolitik auch ein ganz besonderer Schwerpunkt ist. Und Sie können mal davon ausgehen, da, wo wir Schwerpunkte setzen, da ist es dann nicht ganz unwahrscheinlich, dass man dann auch über Ressorts nachdenkt.
Brinkmann: Das heißt, Sie werden den Finger heben?
Pieper: Niemand wird jetzt den Finger heben, weil jetzt geht es erst mal um die Zukunft des Landes. Es geht darum, dass man die richtigen Pflöcke einschlägt in dem Regierungsvertrag, damit man in den vier Jahren auch in der Tat vorankommt mit mehr Bildungsinvestition. Gerade was die Hochschulen anbelangt, da haben wir uns ja viel vorgenommen. Sie wissen, dass die Kanzlerin der letzten Legislaturperiode noch mit dem Ministerpräsidenten den Hochschulpakt II beschlossen hat, der ist ja bis heute nicht etatisiert. Das heißt, auch das müssen wir angesichts der hohen Schulden im Haushalt bewältigen. Aber ich bin da zuversichtlich, da wird die FDP Druck machen.
Brinkmann: Inwieweit können Sie denn eine Garantie dafür abgeben, dass der Bund seinen Anteil am beschlossenen Hochschulförderprogramm im Gesamtumfang von 18 Milliarden – muss man ja auch sagen – bezahlen wird oder kann?
Pieper: Es sind in der Tat 18 Milliarden bis 2018, aber es ist ja hälftig finanziert vom Bund und von den 16 Bundesländern. Das heißt, nicht nur der Bund muss seinen Anteil erbringen, sondern auch die Länder müssen dies jetzt in ihre Haushaltsentwürfe hineinschreiben, sonst funktioniert der Pakt nicht. Und Sie können zumindest von der FDP als Regierungspartner davon ausgehen, dass wir da ein waches Auge drauf haben werden, dass es im Bundeshaushalt drin steht.
Brinkmann: Ja, ein waches Auge haben Sie vielleicht, aber Sie wollen auch Steuersenkung. Wie passt das denn damit zusammen?
Pieper: Ja, das fragt man uns ja öfters, wie passt der Schuldenabbau, wie passen Bildungsinvestitionen und Steuersenkungen zusammen? Ich glaube, dass da sogar ein unmittelbarer ökonomischer Zusammenhang besteht. Wenn Sie sich anschauen in den Ländern auf der Welt, in den Industrieländern, OECD-Ländern, dort, wo mehr in Bildung, Wissenschaft, Forschung investiert wird, dort gibt es auch ein höheres Wirtschaftswachstum, und das bedeutet immer, dass Arbeitsplätze entstehen oder erhalten werden. Genau das muss unser Ziel sein. Wir brauchen Wachstum, das heißt, wir müssen die Wirtschaft, insbesondere den Mittelstand, und die Bürger wegen der Binnennachfrage entlasten, damit wir mehr Arbeitsplätze schaffen können, dadurch mehr Steuereinnahmen haben und mittel- und langfristig auch wieder mehr Einnahmen insgesamt für den Staat ins Staatssäckl entstehen. Daraus können dann natürlich auch wieder neue Bildungsausgaben verwendet werden.
Brinkmann: Welche bildungspolitischen Duftmarken will die FDP denn darüber hinaus zum Beispiel setzen? Kommt jetzt das bundesweite Stipendienprogramm, das FDP-Innovationsminister Pinkwart in NRW ja praktiziert und das er unbedingt auf ganz Deutschland ausdehnen möchte?
Pieper: Auch eine Forderung, die ich gemeinsam mit Herrn Pinkwart seit Langem aufgestellt habe und die wir voranbringen wollen, welche letztendlich bei ersten Gesprächen in der Wissenschaftskonferenz an den Ländern gescheitert ist, was ich sehr bedauerlich finde. Wir brauchen dringend ein nationales Stipendienprogramm, aus dem einfachen Grund, weil wir in Deutschland benachteiligt sind oder besser gesagt, die Studierenden sind benachteiligt, zwei Prozent Stipendien gibt es bei uns nur, das ist zu wenig. Und wir haben mal umrechnen lassen, was die fünf Milliarden Euro Abwrackprämie bedeutet hätten für konkrete Bildungsinvestitionen. Man hätte aus fünf Milliarden Euro 25 Jahre lang zehn Prozent der begabtesten Studenten Deutschlands mit einem Stipendium, elternunabhängigem Stipendium fördern können. Daran können Sie erkennen, wie falsch diese Investition in alte Autos war und wie nachhaltig sie gewesen wäre, wenn man sie in die klugen Köpfe gesteckt hätte. Also wir haben das vor.
Brinkmann: Dieses Stipendienprogramm soll ja insgesamt zehn Prozent – so Ihr Ziel – der Studierenden zur Verfügung gestellt werden, und kritische Stimmen sagen, dass es reine Elitenförderung ist. FDP-Bildungspolitik also gleich Elitenpolitik?
Pieper: Das ist Quatsch. Also ich sag mal, das sind so die alten ideologischen Kamellen, von denen ich nichts halte. Ich finde, wir müssten uns in Deutschland endlich mal dran gewöhnen, ohne ideologische Scheuklappen Bildungs- und Wissenschaftspolitik zu machen, dann würden wir auch viel besser im Wettbewerb um die besten Köpfe bestehen. Dieses Stipendienprogramm will ja gerade, dass unabhängig vom Geldbeutel der Eltern Studenten gefördert werden. Aber dass wir natürlich auch Leistungsgerechtigkeit wollen, dass wir natürlich auch die begabtesten mit einem Stipendium vom Staat fördern wollen, ist ja nun auch nicht was Ungewöhnliches, sondern spricht ja eher auch für die Exzellenz der Wissenschaft und der Universitäten.
Brinkmann: Jetzt komme ich noch mal zum Anfang zurück, Frau Pieper. Sie haben diesen ganzen Fragen um Ämter und Personalien ja so geschickt den Bogen drum herum geschlagen und Sie haben sich selbst als forschungspolitische Sprecherin der FDP ja für Bildung und Forschung stark gemacht. Bildungsministerium, also ein Amt, das Ihnen gut zu Gesicht stehen könnte?
Pieper: Also ich sage noch mal ganz klar, wir werden jetzt erst in aller Ruhe einen Regierungsvertrag gemeinsam mit der Union erarbeiten. Wir werden uns nicht am Anfang über Ministerien unterhalten, dazu ist die Zeit nicht reif. Ich denke, man sollte sich auf das Wesentliche konzentrieren und nicht den zweiten Schritt vor dem ersten tun. Der zweite wird irgendwann fällig.
Brinkmann: Aber Sie haben es nicht so völlig dementiert, indem Sie gesagt haben, na ja, Frau Schavan ist ja die aktuelle Bildungsministerin, die haben wir und die könnten wir doch auch halten. Also das wäre ja dann quasi ein komplettes Dementi.
Pieper: Also die Legislaturperiode ist ja sowieso erst ausgelaufen mit der konstituierenden nächsten Bundestagssitzung. Von daher ist jetzt im Moment Frau Schavan in der Tat noch Bundesbildungsministerin.
Brinkmann: Und an ihrem Stuhl möchten Sie nicht sägen?
Pieper: Also wie gesagt, wir werden in den Koalitionsverhandlungen in aller Ruhe die wichtigsten Themen besprechen, auch Akzente als Liberale im Bildungs- und Forschungsbereich setzen. Über Ämter werden wir uns jetzt nicht zu verständigen haben, sondern erst, wenn die Inhalte für den Vertrag für die Zukunft Deutschlands feststehen.
Brinkmann: Cornelia Pieper, Vizeparteichefin und forschungspolitische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion. Und das Interview haben wir aus terminlichen Gründen vor dieser Sendung aufgezeichnet.