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Ohne Sicherheit für Journalisten keine Entwicklungshilfe

Die Sicherheit von Journalisten soll ein neuer Indikator werden in der Jahresbilanz der Länder, die von den Vereinten Nationen Entwicklungshilfe erhalten. Das steht im neuen UN-Aktionsplan, den Vertreter der UN und anderer Organisationen in Paris entworfen haben

Von Suzanne Krause |
    "Laut der Statistik unseres Komitees wird alle zehn Tage ein Journalist ermordet."

    Elizabeth Witchel von der internationalen Nichtregierungsorganisation "Committe to protect journalists" führt aus: In neun von zehn Fällen werden die Täter nicht strafrechtlich verfolgt. Laut der Statistik des Komitees zum Schutz der Journalisten handelt es sich bei den Ermordeten zu 93 Prozent um Lokalreporter, fast jeder zweite beschäftigte sich mit politischen Themen, jeder dritte Ermordete mit Korruptionsaffären, gefolgt von organisierter Kriminalität.

    Franck La Rue ist der Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen für den Bereich Meinungs- und Pressefreiheit. Ihm fällt auf: Zwar verabschieden immer mehr Staaten Gesetze zum Schutz der Presse. Aber gleichzeitig wird die journalistische Arbeit immer gefährlicher.

    "Internet sorgt für schnelle Informationsverbreitung, auch über die Landesgrenzen hinweg. Deswegen reagieren heute vielfach Politiker auch auf kritische Berichte in den herkömmlichen Medien viel harscher als früher. In Südkorea beispielsweise reichen heute schon Kleinigkeiten, damit der Staat Journalisten wegen angeblicher Diffamierung verfolgt."

    Solche Vorgänge sind auch Dunja Mijatovic bekannt: Sie ist bei der OSZE verantwortlich für den Bereich Freiheit der Medien. Mijatovic fordert, ganz im Credo des Pariser Treffens, dass alle Staaten die internationalen Abkommen zum Schutz der Journalisten, die sie unterzeichnet haben, endlich im eigenen Land umsetzen sollen.

    "Ich empfehle der UNESCO, darauf einzuwirken, dass die Regierungen weltweit Diffamierung nicht mehr als Verbrechen ahnden, sondern lediglich als Straftat. Das ist der erste Schritt, mit dem eine Regierung dem Volk ihren Willen zu mehr Pressefreiheit bezeugen kann."

    Der Aktionsplan sieht vor, die Regierungen rund um den Globus für mehr Pressefreiheit zu sensibilisieren, ihnen bei der Ausarbeitung entsprechender Gesetze zu helfen. Mit der geballten Kraft der Vereinten Nationen: Der Aktionsplan postuliert eine gemeinsame Aktion quer durch alle UN-Einrichtungen. Eine Premiere, loben die Journalistenvereine sowie UN-Sonderberichterstatter Franck La Rue:

    "Um Journalisten besser zu schützen, beschäftigen sich nun gar die Weltbank oder auch die UN-Einrichtung für Entwicklungshilfe mit dem Thema Menschenrechte."

    So steht im Aktionsplan festgeschrieben: Die Sicherheit der Journalisten soll ein neuer Indikator werden in der Jahresbilanz der "Drittweltländer", die von den Vereinten Nationen Entwicklungshilfe erhalten. Von dieser Bilanz hängen immerhin Umfang und Art der internationalen Hilfe ab.

    Verlangt wird ebenso: Der Mord an einem Journalisten soll ebenso entschlossen aufgeklärt und bestraft werden wie es bei einem Polizisten-Mord der Fall ist . Ein weiteres Thema: Mehr Zusammenarbeit zwischen UN-Einheiten und Nichtregierungsorganisationen. Jean-Paul Marthoz vom "Komitee zum Schutz der Journalisten" erinnert an den Blauhelm-Einsatz bei den Unruhen in der Elfenbeinküste:

    "Nachdem sich Nichtregierungsorganisationen mobilisierten, haben die Vereinten Nationen zwölf Lokalreporter, die in der Elfenbeinküste um ihr Leben fürchten mussten, ausgeflogen und in Sicherheit gebracht. Eine solche Zusammenarbeit wirkt sehr bescheiden, aber sie ist für uns ungemein wichtig."

    Ein Kerngedanke des Aktionsplans lautet: Wer Journalisten in ihrer Arbeit behindert, verhindert, dass die Ziele der Milleniums-Erklärung zur menschlichen Entwicklung erreicht werden können. Jänis Kärklins, bei der UNESCO zuständig für die neue UN-Initiative, hat noch ein anderes Argument parat, um Feinde der Pressefreiheit zum Umdenken zu bewegen. Er spielt an auf die diesjährigen Revolutionen in der arabischen Welt:

    "Ich denke, der Mangel an politischem Willen sorgt immer für Probleme. Wir sehen, dass dort, wo der politische Wille der Regierungen existiert, sich dies nicht nur auf den Sicherheitsstatus der Journalisten auswirkt, sondern dass dort auch die gesamte Lage besser ist. Denn schlussendlich ist es das Volk, das den Lauf der Dinge bestimmt."