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Ohne uns

Seit 1993 sendet Euronews von Lyon hinaus in die Welt. Inzwischen macht der Nachrichtensender in elf Sprachen erfolgreich Programm. Dahinter stecken öffentliche Anstalten aus ganz Europa - nur Deutschland macht nicht mit.

Von Jürgen Bischoff |
    In diesem Vorort von Lyon sitzt der europäische Nachrichtenkanal "Euronews" der im Januar 1993 erstmalig auf Sendung ging und seine Bilder zunächst in fünf verschiedenen Sprachfassungen kommentierte. Mittlerweile sind es elf Sprachen, darunter persisch, russisch und arabisch. Und so klingt beispielsweise die Berichterstattung von den europäischen Top-Ligen im Fußball.

    Euronews ist nicht zu verwechseln mit Eurosport, letzterer bringt ausschließlich Sportberichterstattung und ist darüber hinaus privatrechtlich strukturiert. Euronews dagegen ist ein Nachrichtenkanal mit verschiedensten Facetten: aktuelle Filmberichte zu politischen Ereignissen, Sport, Wirtschaft, Kultur und andere Aspekte des europäischen Lebens. Eigner von Euronews sind 21 öffentliche Fernsehsender aus Europa und angrenzenden Mittelmeerländern. Allerdings: Von Anfang an nicht dabei ist Deutschland.

    Das hat medienpolitische Gründe aus der Zeit nach 1990. Die deutschen öffentlich-rechtlichen Sender hatten damals ihre internationalen Aktivitäten in 3Sat und arte entfaltet. Ein gesamteuropäischer Nachrichtenkanal lag nicht im Interesse der Medienpolitik und seither hat auch niemand versucht, den Rundfunkstaatsvertrag dahingehend zu erweitern, dass sich ARD und ZDF an Euronews beteiligen könnten. Für Euronews ist das ein großes Problem, wie Philippe Cayla, verantwortlich für die Weiterentwicklung des Senders, erläutert:

    "Verschiedene Länder fragen, warum Deutschland an Euronews nicht beteiligt ist, besonders in Polen, in Osteuropa. Das ist für uns ein Nachteil, weil das macht die Schwierigkeit noch höher, um sie bei uns zu bringen. Aber das ist besonders ein Nachteil für Deutschland, weil wegen dieser Lücke haben wir weniger Inhalt von Deutschland als von anderen europäischen Ländern."

    Das Fehlen von Deutschland ist also ein Legitimationsproblem: andere Länder fragen sich, warum sollen sie dabei sein, wenn der größte Staat der EU mit Abwesenheit glänzt. Dabei sieht sich Euronews als großer internationaler Player. Täglich schalten mehr als fünf Millionen Europäer das Programm ein, mehr als bei der Konkurrenz von CNN und BBC World News zusammen. Und auch in den USA und vielen Ländern Afrikas ist Euronews zu empfangen und sogar in ganz Russland. Stolz ist Philippe Cayla auf die Reichweite von Euronews in den jungen Demokratien Osteuropas und im Nahen Osten.

    "In diesen Ländern ist Euronews in den lokalen Sprachen verfügbar: Arabisch, Persisch, Türkisch, auch in der Ukraine in Ukrainisch und in allen diesen Ländern, haben wir eine sehr gute Zuschauerquote. Und wir vertreten in einem gewissen Sinn die europäische Demokratie, die europäische demokratische Meinung und die Weltanschauung der Europäer."

    Euronews macht sein Programm mit 800 Beschäftigten und einem Jahresbudget von knapp 70 Millionen Euro. Die Trägersender sind mit Beiträgen von bis zu drei Mio. Euro an der Finanzierung von Euronews beteiligt.

    "Die Schwierigkeit in Deutschland ist, dass Medien Ländersache sind. Unsere Zukunft in Deutschland hängt nicht von der Kanzlerin ab, aber hängt von den 16 Ministerpräsidenten und von den zehn Intendanten des ZDF und der ARD. Das macht die Arbeit sehr kompliziert für einen Franzosen in Deutschland."

    Aber angesichts einer Debatte, die die Aktivitäten der öffentlich-rechtlichen Sender in Deutschland eher zurückdrängen will, müsste Philippe Cayla noch eine Menge dicker Bretter in der deutschen Medienpolitik bohren, um das Land mit ins Euronews-Boot zu holen.