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Olympia 2012

IOC-Präsident Jacques Rogge: Das Exekutivkomitee hat einstimmig beschlossen, dass folgende Städte den offiziellen Kandidatenstatus bekommen für die Spiele 2012: New York, Moskau, Paris, London und Madrid.

Von Herbert Fischer-Solms, Axel Köhn und Heinz Peter Kreuzer |
    Fünf Städte erhielten den Kandidatenstatus für die Bewerbung zur Olympia-Ausrichtung 2012 - Leipzig war nicht dabei. Seien Sie willkommen zu dieser Sendung!
    Die langen Gesichter - nicht nur in Leipzig - sie sind verständlich, denn das Scheitern deutscher Olympia-Bewerbungen hat Tradition. Blicken wir zurück: Die Berchtesgadener Bewerbung für die Winterspiele 1992 scheiterte ebenso wie die Berliner Bewerbung für Olympia 2000. Heinz Peter Kreuzer beleuchtet die Hintergründe für das Aus von Leipzig:

    Der Traum von den dritten Sommerspielen in Deutschland nach Berlin 1936 und München 1972 ist erst einmal ausgeträumt. Die Exekutive des Internationalen
    Olympischen Komitees IOC entschied sich für Paris, Madrid, London, New York und Moskau als die Kandidaten, aus denen am 6. Juli kommenden Jahres in Singapur der Ausrichter gewählt wird. Leipzig wurde Sechster, noch vor Rio de Janeiro, Istanbul und Havanna. Nach Meinung des IOC ist Olympia für die sächsische Messestadt noch eine Nummer zu groß. Das meint auch IOC-Präsident Jacques Rogge:


    Das Exekutivkomitee hat natürlich erkannt, dass Leipzig in dieser Phase nicht in vollem Umfang in der Lage ist, die exzellenten Spiele durchzuführen. Das hat nichts mit Deutschland als Land überhaupt zu tun, das sehr erfolgreich ist. Es spiegelt nur die Größe und die Kapazität Leipzigs wieder. Und wir hoffen, dass sie sich in der Zukunft noch einmal bewerben.

    Der Hauptgrund für das Scheitern lag in den K.o.-Kriterien allgemeine Infrastruktur und Beherbergung. Ausgerechnet diese beiden Punkte waren bei der nationalen Evaluierung vom Nationalen Olympischen Komitee Deutschlands besonders gut bewertet worden. IOC-Vize-Präsident Thomas Bach, der bei der Exekutiv-Sitzung anwesend, aber nicht stimmberechtigt war, erläutert die Beweggründe:


    Sie haben eine technische Entscheidung getroffen, und da haben bei Leipzig zwei Faktoren besonders durchgeschlagen. Das ist die fehlende Infrastruktur zur Zeit noch in der Stadt und das Beherbergungskonzept. Auf der anderen Seite hat Leipzig hervorragende Noten bekommen für all das, was gestaltbar war. Ich darf hier ganz besonders nennen, was hervorgehoben wurde: die besondere Unterstützung durch die Bundesregierung, das Finanzierungskonzept, das Olympische Dorf - sehr, sehr viele Stärken -, und das sind Pfunde, mit denen Leipzig auch wuchern kann.


    Die Hoffnung, dass eine mittelgroße Stadt im Konzert der Metropolen mitspielen könnte, wurde bitter enttäuscht. Das Credo von IOC-Präsident Rogge, "Weg vom Gigantismus der Spiele", hatte in Leipzig immer wieder die Hoffnung genährt, man habe eine Chance. Das bedauert auch Bundesinnenminister Otto Schily:


    Was ein bisschen enttäuschend ist, das sage ich schon, dass bei der Auswahl nur die ganz großen Städte, die Megastädte zum Zuge kommen und nicht, was ja schon im Gedankengang von IOC-Präsident Rogge lag, dass auch einmal eine mittlere Stadt als Bewerberstadt in die engere Prüfung einbezogen wird.

    Nach dem Scheitern räumt nun der sächsische Ministerpräsident Georg Milbradt Defizite ein:


    Es war ja das Problem, dass die Beherbergung und die Infrastruktur nachgewiesen werden mussten. Nachweisen kann man das natürlich am besten, wenn es schon da ist. Und wir mussten deutlich machen, dass so, wie wir das in den letzten Jahren geschafft haben, zum Beispiel den Flughafen auszubauen, wir auch die anderen Verkehrsinfrastrukturmaßnahmen durchgeführt hätten. Wir haben das gezeigt. Aber es ist immer schwieriger, eine Prognose für die Zukunft zu machen - die ist immer etwas unsicher -, als schon die Gegenwart zu begutachten. Das war von Anfang an unser Problem, dass wir eine Stadt im Aufbau, im Aufschwung sind, während die anderen schon da sind, wo wir noch hinwollen.

    Fehler in der Bewerbung kann dagegen NOK-Präsident Klaus Steinbach nicht erkennen:


    Ich denke, wir haben unsere Karten ausgereizt, wir haben alles getan, auch vor allen Dingen die Region, die Stadt, und natürlich das NOK mit seinen Verbänden. Denn gerade in den letzten Monaten ist immer mehr Aktivität von den Verbänden ausgegangen. Alle haben den Slogan "one family" wirklich aufgenommen und haben ihn als eine starke Motivation gesehen und haben sie auch gelebt. Das ist ein hervorragendes positives Ergebnis dieser gesamten Initiative "Bewerbung für Olympische Spiele 2012 in Leipzig". Davon sollten wir auch in Zukunft profitieren.

    Das Leipziger Scheitern ist für zukünftige Olympiabewerbungen ein großer Rückschlag. Falls einer der vier europäischen Kandidaten das Rennen macht, dann ist eine Bewerbung erst für Olympia 2024 wieder sinnvoll. Deshalb wartet das NOK auch erst die Vergabe in Singapur ab. Und ob Leipzig wieder für Deutschland ins Rennen geht, ist so gut wie ausgeschlossen. Denn nach Aussage von Rogge wurde Leipzig heute für zu leicht befunden. Und schon kurz nach dem Scheitern der Sachsen hat Hamburg wieder seinen Hut in den Ring geworfen. Handelskammer-Präses Karl-Joachim Dreyer erklärte, Zitat: Mit Hamburg stünde eine Stadt bereit, die die internationalen Anforderungen in vollem Umfange erfüllen könnte. Zitatende.

    Soweit der Report von Heinz Peter Kreuzer über die Hintergründe für das Aus für die sächsische Metropole.
    Die Enttäuschung über das Scheitern der Leiziger Bewerbung war riesengroß - die Verkündung wurde vor der Nikolaikirche mit einem gellenden Pfeifkonzert quittiert. Axel Köhn war in Leipzig dabei:

    Alles Pfeifen hat nichts mehr genutzt. Wie knapp die Entscheidung des IOC ausgefallen war, wusste zu diesem Zeitpunkt noch niemand. Oberbürgermeister Wolfgang Tiefensee ergriff das Mikrofon und bedankte sich bei allen, die bei der Bewerbung mitgeholfen haben.

    Wir sind fair und wir gratulieren denjenigen, die Kandidat-Cities geworden sind. Herzlichen Glückwunsch! Natürlich tut es weh. Wir schrecken nicht vor den großen Herausforderungen zurück. Wir wagen uns an die ganz großen Dinge heran. Wir haben Mut und Kraft. Das wird auch weiter so bleiben. Die Zukunft Leipzigs, die bauen wir dadurch, dass wir uns großen Herausforderungen stellen. Und auch wenn wir momentan alle traurig sind, wenn es weh tut, wir müssen es so akzeptieren.

    Der sächsische Ministerpräsident Georg Milbradt stieg ebenfalls auf die Bühne. Leipzig und Sachsen hätten sich enorm angestrengt. Jedoch sei das Bewerberfeld für die Spiele 2012 sehr stark gewesen:

    Eines nehme ich mit aus den vergangenen Jahren zusammen mit Wolfgang Tiefensee: Wir haben gemeinsam zusammengestanden. Wir haben Leipzig nach vorne gebracht. Und wenn es jetzt nicht geklappt hat – irgendwann wird es eine Gelegenheiten geben, wo wir wieder nach vorne kommen können. Wir haben ja auch gezeigt, dass wir eine ganze Menge schaffen. Vor einem Jahr hätte uns das keiner zugetraut. Und ich bin ganz optimistisch, dass es weitergehen wird, vor allen Dingen für den Sport.

    Die Leipziger auf dem Nikolaikirchhof haben sich in den Armen gelegen. Hin und wieder flossen Tränen. Die Entscheidung des IOC verstanden wohl die wenigsten.

    O-Ton Frau aus der Menge: Ich bin a) persönlich enttäuscht und b) enttäuscht darüber, dass alle Ansagen, die gemacht worden sind: "Weg vom Gigantismus!" offensichtlich falsch waren, oder ich weiß es nicht. Jetzt müssen wir das schlucken. Aber ich habe gerade schon einmal zu jemandem gesagt: Wir stehen hier an einer historischen Stelle Leipzigs. Und die Leipziger werden sagen: Jetzt erst recht! Jetzt machen wir woanders weiter.

    Ob vor dem heutigen Tag überhaupt an ein mögliches Ausscheiden Leipzigs gedacht wurde, dazu meinte Tiefensee:

    Wir haben schon im Hinterkopf gedacht, wenn die Anzahl der Städte unter sechs ist, wird es schwieriger. Und so haben wir schon in irgendeinem Hinterstübchen damit gerechnet, dass es nicht reichen könnte. Aber wer mich kennt und wer die Bevölkerung hier kennt, der weiß, dass wir bis zum Schluss darauf hoffen. Ehe der IOC-Präsident nicht die Liste bekannt gegeben hat, ist alles noch Spekulation, aber dann als er es vorgelesen hat, war die Gewissheit, dass wir es nicht geschafft haben.


    Leipzig habe durch die Bewerbung aber auf jeden Fall gewonnen, sagte Olympia-Geschäftsführer Peter Zühlsdorff:


    Um es auf eine kurze Formel zu bringen, ich denke, es gibt zwei, für mich wesentliche Sieger dabei: Das eine sind die Menschen in Leipzig und die Menschen in Mitteldeutschland, die gesehen haben, was möglich ist, was sie machen können, wenn sie es nur wollen; und das andere sind, ja, Menschen wie Politiker, angefangen beim Bund, über die Länder, über die Kommunen zur Wirtschaft. Also, wir haben in diesem Deutschland, über das wir jetzt zuweilen immer klagen, weil nichts vorwärts geht, wir haben eines geschafft: Wir haben aus den verschiedenen Fraktionen, parteiunabhängig, parteiübergreifend verschiedene Regierungsstellen. Wir haben alle an einem Strang gezogen in eine Richtung.

    Schluss, Aus, Ende. – Auch wenn sich Leipzig jetzt aus dem Kandidatenrennen für die Olympischen Sommerspiele 2012 verabschiedet hat, sei das Gesamtsaldo für die Stadt positiv. Die zugesagten Olympia-Sofortmaßnahmen wie beispielsweise Straßenbauten – werden fortgeführt. Das sagte Ministerpräsident Georg Milbradt zu.

    Das war Axel Köhn mit einem Beitrag über die Reaktion aus Leipzig. Ja, Leipzig, die Heldenstadt der friedlichen Revolution von 1989/1990 - damals zu Zeiten der Wende triumphal, bei der Städtebewerbung für Olympia 2012 stand allerdings die Stadt von Anfang an unter keinem guten Stern. Pleiten, Pech und Pannen waren sprichwörtliche Begleiter. Eine Chronologie von Heinz Peter Kreuzer:

    München am 12. April 2003: Ein Außenseiter gewinnt deutlich die nationale Ausscheidung gegen Stuttgart, Frankfurt/Main, Düsseldorf und gegen die favorisierten Hamburger, die die besten Noten der Prüfungskommission des Nationalen Olympischen Komitees für Deutschland NOK bekommen hatten. Leipzig ist somit der Kandidat, den Deutschland für die Austragung der Olympischen Sommerspiele 2012 sehr bald ins Rennen schickt. Noch am Ort der Entscheidung ruft Bundeskanzler Gerhard Schröder die Olympiabewerbung zur nationalen Angelegenheit aus.

    Von vielen vorausgesagt, werden die Olympia-Betreiber sehr bald von ihrer Vergangenheit eingeholt. Weil obendrein Personalquerelen, Ämtergeschacher, Rücktritte und dubiose Finanzgeschäfte monatelang die Schlagzeilen liefern, hat der Kanzler seine Olympia-Begeisterung deutlich wahrnehmbar zurückgenommen. Ein wiederholt angekündigter Olympia-Gipfel findet nie statt.

    Leipzig hat die Gesamtkosten von Spielen in der Sachsen-Metropole mit rund 2,6 Milliarden Euro veranschlagt. Das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" dagegen hat im Januar dieses Jahres "interne Hochrechnungen" veröffentlicht, wonach Olympia in Leipzig den deutschen Steuerzahler neun bis 14 Milliarden Euro kosten werde. Ein überzeugendes Dementi zu den genannten Summen erfolgt bis zum heutigen Tage weder aus Leipzig noch aus Regierungskreisen in Dresden oder Berlin. Auf Anfrage sagt der Geschäftsführer der "Bewerbungskomitee Leipzig 2012 GmbH", Peter Zühlsdorff, lediglich:

    Das, was da am Montag in einer weit verbreiteten Zeitschrift veröffentlicht war zu den Kosten Leipzigs, das hat sich irgendjemand in der Glaskugel angeguckt. Das ist absolut außerhalb jeder Vorstellungskraft.

    Dagegen hält der Journalist und Olympiaexperte Jens Weinreich diese Hochrechnungen, die die zweistellige Milliardengrenze überspringen, für durchaus wirklichkeitsnah. Weinreich kennt die komplizierte Gemengelage, in der sich Betreiber und Förderer Olympischer Spiele in Leipzig befinden. Darin spielt Bundesinnenminister Otto Schily eine besondere Rolle. Angesichts der offenkundigen Führungsschwäche des unerfahrenen deutschen NOK-Präsidenten Klaus Steinbach und der Tatsache, dass Leipzigs Oberbürgermeister Wolfgang Tiefensee als Frontmann der Olympiabewerbung angeschlagen ist, muss Schily olympische Schwerstarbeit nach innen und außen verrichten:

    Andererseits hat er selber Probleme, sich Fragen beantworten zu lassen. Nämlich die Fragen nach den Kosten, nach den tatsächlichen Gesamtkosten. Und da kommt Schily halt schwer raus. Intern stellt er schon die Fragen und drängt. Nach außen hin verkauft er es gegenüber der Öffentlichkeit, als würde es keine Probleme geben.

    Ausgerechnet am Tag der Deutschen Einheit, am 3. Oktober 2003, beginnen die Misshelligkeiten. Geschäftsführer Dirk Thärichen, der die deutsche Wiedervereinigung erfolgreich zum Thema der nationalen Olympia-Kandidatur gemacht hatte, war Teil des Unterdrückungsapparates der ehemaligen DDR gewesen.

    Obendrein hatte Thärichen seine Stellung als Geschäftsführer der Bewerbungs-GmbH auch zu umstrittenen Geschäften mit seinen ehemaligen Arbeitgebern, Ivan Radosevic und Henner Ziegfeld missbraucht, deren Firma Pentacom der Bewerbungs-GmbH unter anderem rund 76.000 Euro für Beratertätigkeit in Rechnung stellte. Oberbürgermeister Tiefensee selbst, ein Förderer von Thärichen, veranlasst notgedrungen eine Tiefenprüfung der von den Medien berichteten Missstände:

    Wir haben einen ersten Bericht zur Kenntnis genommen. Mit externer Prüfung wird Licht ins Dunkel der ersten und zweiten GmbH zu bringen sein. Ich befürchte, dass da noch einiges ans Tageslicht kommt, was sehr unappetitlich ist.


    Der nächste Tiefschlag für den SPD-Politiker folgt kurz darauf. Sein engster Vertrauter, der Beigeordnete und Olympiabeauftragte der Stadt Leipzig, Burkhard Jung, muss ebenfalls zurücktreten.

    Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft sind noch nicht abgeschlossen, aber für Thärichen und Jung ist das Kapitel Olympia 2012 beendet. Schließlich wurde im vergangenen Herbst die Olympia-Bewerbung auch zum Schlachtfeld der Mitte des Jahres anstehenden Landtagswahlen in Sachsen. DLF-Korrespondentin Alexandra Gerlach:

    Leipzigs Oberbürgermeister Wolfgang Tiefensee galt der SPD als Hoffnungsträger für die Sachsen-Wahl 2004, auch wenn er sich noch nicht dazu hatte küren lassen. An seiner Seite der Andere - ebenso überglücklich - der Ministerpräsident und Christdemokrat Georg Milbradt. Politische Gegner also im Duett für die olympische Sache, das konnte nicht lange gut gehen. Kurzerhand wurde fast alles unter diesem Aspekt gesehen und bewertet. Die Enthüllungen über Stasi-Verstrickungen, unlauteres Geschäftsgebaren und Vetternwirtschaft im Umfeld der Bewerbergesellschaft, ja, jede Hiobsbotschaft, die aus Leipzig kam, wurde der Indiskretion der Konkurrenten zugeschrieben. Drei Personalentscheidungen waren nötig, um diesen Zustand zu beenden. Den Anfang machte der Generalsekretär der CDU in Sachsen, Winkler, als dieser sich zurückzog aus dem Aufsichtsrat, mit der Begründung, er müsse den Landtagswahlkampf für seine Partei organisieren und wolle Schaden von der Bewerbung abwenden. Entspannend wirkte in diesem Zusammenhang auch die wegen des Vorwurfs der Vetternwirtschaft ausgesprochene Entlassung des sächsischen Olympiastaatssekretärs Köhler. Doch endgültig Ruhe hat erst Wolfgang Tiefensee beschert. Sein Anfang November erklärter Verzicht auf die SPD-Spitzenkandidatur in diesem Herbst wirkte wie ein Befreiungsschlag.

    In dieser kritischen Phase lässt der Pfarrer der Leipziger Nikolaikirche, Christian Führer, die Tradition der Montagsdemonstrationen aus der Wendezeit wieder aufleben, was vielfach nicht ohne Kritik bleibt.

    Mit der Bestellung des Wirtschaftsmanagers Peter Zühlsdorff als neuer Geschäftsführer der Bewerbungs-GmbH kam Ende vergangenen Jahres endlich neuer Schwung und neue Zuversicht in die Leipziger Olympia-Träume. Auch der Deutsche Bundestag stellt sich parteiübergreifend hinter Leipzig und Rostock:

    Ich rufe nun auf, den Tagesordnungspunkt 7: Beratung des Antrages der Fraktionen der SPD, CDU/CSU, Bündnis 90/Die Grünen und FDP zur Unterstützung der Bewerbung der Stadt Leipzig mit dem Segelstandort Rostock um die Ausrichtung der XXX. Olympischen Sommerspiele und der XIV. Paralympics 2012. Wer stimmt für diesen Antrag? Wer stimmt dagegen? Enthaltungen? Der Antrag ist einstimmig angenommen. Am liebsten würde ich dem Internationalen Olympischen Komitee nun mitteilen, damit sei die Entscheidung abschließend gefallen.

    Das Internationale Olympische Komitee hat andere Kriterien als die Meinung des Deutschen Bundestages. IOC-Präsident Jacques Rogge hat sich bei seinem Besuch im vergangenen April in Leipzig diplomatisch geäußert.

    Alle Bewerberstädte achten auf die Reduzierung der Kosten und des Umfangs der Spiele, auch sehr große Städte. Wenn eine Stadt groß ist, müssen die Spiele nicht unbedingt groß sein. Sie können die gleichen Spiele in der gleichen Größe in einer Acht-Millionen-Stadt oder auch in einer Ein-Millionen-Stadt durchführen.

    Heinz Peter Kreuzer mit der Chronologie der Ereignisse.
    In der Krise hatte sich der für den Sport zuständige Bundesinnenminister Otto Schily an die Spitze der Leipziger Bewerbung gestellt. Herbert Fischer-Solms sprach mit dem Innenminister nach der Verkündung von Lausanne.

    Fischer-Solms: Herr Minister Schily, wie groß ist die Enttäuschung?

    Schily: Ja, natürlich enttäuschend. Wir hatten schon damit gerechnet, dass wir in die zweite Runde kommen. Wir müssen daran erinnern, dass auch andere Städte, ja große Städte, Paris beispielsweise, sich mehrfach haben bewerben müssen, bevor sie jetzt zum Zuge gekommen sind - wobei sie ja noch gar nicht wissen, ob sie dann nachher auf dem Treppchen stehen werden. Also, insofern, meine ich, haben wir Grund, auch stolz auf unsere Bewerbung zu sein, die viel Charme hatte, die kompakt war, die viele positive Benotungen erfahren hat. Und der Impuls für diese beiden Städte, Rostock und Leipzig, der bleibt ja bestehen. Die Sport-Infrastruktur ist durch diese Bewerbung erheblich verbessert worden. Wir haben viel Geld investiert und werden es auch noch weiter investieren, so dass die Ausgangslage für diese beiden Städte bei künftigen Wettbewerben um internationale Sportveranstaltungen zum Zuge zu kommen, sich durch diese Bewerbung deutlich verbessert haben.

    Fischer-Solms:
    Aber das bedeutet ja, dass Leipzig eine zweite Chance nicht erhalten kann.

    Schily:
    Das - warum wollen Sie denn so etwas präjudizieren? - Ich bin ganz sicher, dass sich die Infrastruktur von Leipzig ganz erheblich verbessern wird in Zukunft, und sie hatte auch eine vernünftige Planung. Wie gesagt, die Entscheidung ist nur so begründet worden, dass man sagt: Wir halten uns an das, was schon an Infrastruktur vorhanden ist und nicht an das, was bisher nur als Planung da ist. Aber das ist ja nun kein Präjudiz für die Zukunft, denn Leipzig wird sich dynamisch weiterentwickeln und hat durch diese Bewerbung internationale Geltung gewonnen, auch was seine Sportinfrastruktur angeht, was überhaupt dann auch seine kulturellen Seiten angeht, hat einen Bekanntheitsgrad gewonnen, den es ohne diese Bewerbung niemals erreicht hätte, nach meiner Überzeugung. Und ich bin überzeugt, dass die beiden Städte in der dynamischen Entwicklung, die jetzt erkennbar geworden ist, durch diese Bewerbung einen zusätzlichen Impuls erhalten haben und dass der auch in die Zukunft fortwirken wird. Da bin ich fest überzeugt, dass diese beiden Städte eine große Zukunft vor sich haben. Zu dieser guten Zukunft hat diese Bewerbung beigetragen.