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Olympia 2020: Rom zieht zurück

Die Interessenten für die Olympischen Sommerspiele 2020 mussten bis Mitte Februar beim Internationalen Olympischen Komitee (IOC) ihre ersten Bewerbungsbücher einreichen. Dazu gehören wie immer auch umfassende, milliardenschwere Staatsgarantien. Diese Garantien wollte und konnte Italien dem IOC nicht geben, weshalb die Bewerbung von Rom eingestellt wurde.

Von Jens Weinreich | 16.02.2012
    Rom hatte sich vor zwei Jahren als erste Stadt gemeldet, nun wurde der Abschied verkündet. "Wir müssen jetzt vernünftig sein", hat Italiens Ministerpräsident Mario Monti gesagt. Angesichts der Finanzprobleme sei eine Olympiabewerbung "unverantwortlich".
    So bleiben mit Doha, Tokio, Istanbul, Baku und Madrid fünf Bewerber für die Sommerspiele 2020, die Anfang September 2013 in Buenos Aires vergeben werden - auf jener IOC-Session, auf der nach derzeitigem Stand wohl Thomas Bach IOC-Präsident wird.

    Die Offerte der aserbaidschanischen Hauptstadt Baku darf man getrost vernachlässigen. Dort reicht es allenfalls zur Austragung des Eurovision Song Contests, Olympia ist eine Nummer zu groß.

    Reizvolle, emotionale Geschichten bieten Istanbul und Tokio. Istanbul, das sich zum fünften Mal bewirbt, steht für die Verbindung zwischen dem alten Kontinent und dem Orient, bietet ein Wirtschaftswachstum von mehr als acht Prozent – hat aber gleichzeitig Interesse an der Fußball-Europameisterschaft 2020.

    Tokio, Olympiagastgeber von 1960 und zuletzt zweimal gescheitert, will mit den Olympischen Spiele die Folgen der Natur- und Reaktorkatastrophe des vergangenen Jahres aufarbeiten. Als Bewerbungschef fungiert Masato Mizuno, eine der schillerndsten und beliebtesten Figuren der Branche. Mizuno San gab wegen der Bewerbung die Führung seines gleichnamigen Sportartikelkonzerns ab, der seit vielen Jahren die IOC-Mitglieder ausrüstet.

    Doha, die Hauptstadt Katars, ist quasi ein außerirdischer Kandidat. Die Gesetze der Markwirtschaft scheinen außer Kraft gesetzt. Auch diese Bewerbung ist nach der skandalumwitterten Akquise der Fußball-WM 2022 eingebunden in ein gigantisches Strukturprogramm.

    Bleibt der fünfte Anwärter, Spaniens Hauptstadt Madrid, zuletzt zweimal knapp gescheitert. Auch Spanien ist von der Wirtschafts- und Finanzkrise schwer erschüttert, doch anders als die Italiener wollen sich die Spanier nicht besinnen. Eine wichtige Kraft hinter der Bewerbung ist das IOC-Mitglied Juan Antonio Samaranch Junior – von Beruf, bezeichnender Weise, Investmentbanker.

    Italiens Ministerpräsident Mario Monti dagegen ist Wirtschaftswissenschaftler. Er ist im November angetreten, um Italien zu retten. Er legte im Dezember sein Sparpaket vor. Er begründete die Absage des Olympia-Abenteuers nun mit den Vokabeln "Vernunft" und "Verantwortung". Ein erstaunlicher Vorgang. Denn "Vernunft" und "Verantwortung" sind Fremdwörter in der olympischen Welt, zumal in diesem irrwitzigen Bewerbungs-Business, wo es um die frechsten Versprechen, die peinlichsten Offerten und die absurdesten Milliardenpläne geht.