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Olympia 2024
Hamburgs Traum

Die Hansestadt diskutiert über den Sinn und Unsinn einer Olympia-Bewerbung. Auf dem Symposium "Sport und Stadtentwicklung – Ökonomische Risiken, soziale Verantwortung und mediale Lösungen" ging es vor allem um Vor- und Nachteile einer Bewerbung Hamburgs.

Von Axel Schröder | 08.06.2014
    Eine Hamburger Fahne weht im Wind
    Eine Hamburger Fahne weht im Wind (picture alliance / dpa)
    Olympia an Alster und Elbe, für die gesamte Region wäre das ein Gewinn, verkündete unlängst Professor Hans-Jörg Schmidt-Trenz, der Hauptgeschäftsführer der Hamburger Handelskammer.
    "Es ist die Gelegenheit, zu Beginn dieses 21. Jahrhunderts auf die weltweite Landkarte zu kommen. Da gibt es durchaus noch Luft nach oben. Unser internationales Ansehen ist nicht so gut wie wir manchmal meinen. Und deshalb wollen wir das. Wir wollen auch Infrastrukturinvestitionen auslösen, von denen ganz Norddeutschland profitieren kann. Und überhaupt entfesselt die olympische Idee einen Elan, der uns in vielen gesellschaftlichen Bereichen voranbringt – kulturell, sozial und eben auch wirtschaftlich!"
    Die Hamburger Handelskammer fordert schon seit Jahren eine erneute Bewerbung der Stadt um die Olympischen Spiele. Der erste Impuls, Hamburg nun wieder an den Start zu schicken, ging denn auch von der Kammer aus. Sportsenator Michael Neumann nahm die Idee auf, erst etwas später bekundete auch der Erste Bürgermeister Olaf Scholz seine Sympathie für eine neue Bewerbung. Aus dem Scheitern der Stadt im Auswahlverfahren für die Olympischen Spiele 2012 hat man gelernt und den so genannten Dekadenplan aufgestellt: Sporthallen und -plätze sollen saniert, der Profisport gefördert werden. Parallel dazu gibt es ein Programm für den Breitensport: Öffentliche Laufstrecken etwa sollen beleuchtet, mit Duschen und Umkleidekabinen ausgestattet werden. Elf Milliarden Euro stehen dafür bis 2020 zur Verfügung.
    Vor dem Hintergrund der Erfahrungen mit der am Bürgerwillen gescheiterten Münchener Bewerbung plant der Hamburger Senat nun einen Bürgerentscheid. Und weil die Verfassung des Stadtstaates Referenden gar nicht vorsieht, soll dieses Instruments möglichst rasch von der Bürgerschaft beschlossen werden:
    "Wir würden ein Referendum im Frühjahr nächsten Jahres bevorzugen, damit eben die entsprechenden informationsmäßigen Grundlagen geschaffen werden. Wir haben uns eine Machbarkeitsanalyse vorgenommen zusammen mit dem Senat. Damit die Bürger wirklich wissen, worum es, was es kostet, vor allem aber auch: was es bringt! Damit dieses Referendum auf der Grundlage klarer Sachinformationen getroffen werden kann. Das braucht seriöser weise etwas Zeit."
    Ob die klaren Sachinformationen dann auch die Argumente der Olympia-Gegner beinhalten, ist heute noch nicht klar. Klar gegen eine Hamburger Olympia-Bewerbung hat sich vor allem die Linkspartei in der Hamburgischen Bürgerschaft ausgesprochen. Allein die Bewerbung würde mehrere Millionen Euro verschlingen, heißt es in einer 23-seitigen Analyse der Partei. Von der Ausrichtung der Spiele würden vor allem das IOC, multinationale Konzerne und die Finanzwirtschaft profitieren, viele hundert Millionen, wenn nicht sogar eine Milliarde Euro müsste die Stadt Hamburg investieren. Heftige Proteste der linken Szene gab es auch schon bei der letzten Hamburger Bewerbung.
    Professor Wolfgang Maennig holte Ende der Achtzigerjahre als Ruderer olympisches Gold, heute lehrt er an Uni Hamburg unter anderem Sport- und Medienökonomik. Er kritisiert das Prozedere, mit dem Senat und Handelskammer Olympische Spiele 2024 oder 2028 an die Elbe holen wollen:
    "Sie sind in einer elitistischen Gedankenwelt verhaftet, die sagt: Wir machen dem Volk einen Vorschlag. Und diese Zeit ist meines Erachtens in Hamburg vorbei. Das Volk möchte sich selber einbringen, möchte selber Gedanken entwickeln, wie sie gerne eine Olympia-Bewerbung hätten, so dass sie auch für sich persönlich und für die Stadt ein Vorteil ist."
    Das jetzt geplante Referendum reiche dafür nicht aus, so Maennig. Einig ist er sich mit Senat und Handelskammer in der Forderung, sogenannte "nachhaltige Spiele" zu konzipieren: mit wiederabbaubaren Stadien, ohne Neubauten, die sich nach Olympischen Spielen nicht weiter nutzen lassen. Handelskammer-Chef Hans-Jörg Schmidt-Trenz schlägt zum Beispiel vor, Kreuzfahrtschiffe auf der Elbe als schwimmende Hotels zu nutzen. Das sähe auch der Deutsche Olympische Sportbund gerne. Vor zwei Wochen schickte er seinen Fragenkatalog nach Hamburg und Berlin: Abgefragt wird, wie nachhaltig die jeweiligen Städten eine Olympiade ausrichten können, welche Konzepte dazu vorliegen. Denn allzu gerne würde man im DOSB Schlagzeilen über Gigantismus bei Spielen in Deutschland vermeiden.
    Genauso wichtig ist aber auch die Frage nach der Zustimmung der Bürgerinnen und Bürger zu Olympischen Sommerspielen in ihrer Stadt, nach dem anvisierten Kostenrahmen und Finanzierungskonzepten. Die Chancen, mit einer neuen Bewerbung, mit neuen Konzepten tatsächlich den Zuschlag zu bekommen, schätzen die Professoren Wolfgang Maennig und Hans-Jörg Schmidt-Trenz ganz unterschiedlich ein:
    "Wenn die USA sich mit einer Stadt bewerben für 2024, dann haben wir keine Chance!"
    "Wer sich nichts vornimmt, dem schlägt auch nichts fehl, wie der Hamburger sagt. Wir wollen hier zukunftsorientierte, nachhaltige Spiele machen, die einer westlichen Demokratie des 21. Jahrhunderts gut anstehen und ein neues Referenzmodell sind für die ganze Welt."