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Olympia 2024
Streit um Olympia-Kosten

80 zu 20! Das ist die Kostenaufteilung für Olympia 2024, wenn es nach dem Willen von Hamburgs Erstem Bürgermeister Olaf Scholz geht. 1,2 Milliarden aus Hamburgs Haushalt. Die übrigen 6,2 Milliarden sollen von den Steuerzahlern kommen. Eine Zahlung, die der Bund kategorisch zurückgewiesen hat. Kann Hamburgs Bewerbung daran noch scheitern?

Von Jonas Reese | 17.10.2015
    Flaggen mit den Olympischen Ringen und dem Wappen von Hamburg hängen neben einem Straßencafe am Rathausmarkt in Hamburg
    Der Bund lehnt die von Hamburg gewünschte Kostenbeteiligung offenbar ab (dpa / Christian Charisius)
    Die Fronten scheinen verhärtet. Die Verhandlungsposition unverrückbar: Einer Beteiligung von sechs Milliarden Euro kann nicht zugestimmt werden, hieß aus dem Bundesinnenministerium. Und auch Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz hat sich festgelegt. Mehr als die veranschlagten 1,2 Milliarden würde seinen Haushalt überfordern. Kein weiterer Cent wäre drin.
    Nun ist es schwer vorstellbar wie die Verhandler wieder hinter diese roten Linien zurückkönnen. Aber eines ist klar: Beide Seiten müssten sich bewegen, sonst könne die Bewerbung sogar noch scheitern, das meint Johannes Kahrs. Er ist haushaltspolitischer Sprecher der SPD-Bundestags-Fraktion, hat seinen Wahlkreis in Hamburg und ist gleichzeitig Mitglied im Aufsichtsrat der Hamburger Bewerbungsgesellschaft.
    Wenn entweder Hamburg sagt, es fühle sich überfordert oder der Bund sagt, er fühlt sich überfordert. Kann es sein dass Hamburg die Bewerbung zurückzieht, dass Deutschland die Bewerbung zurückzieht, weil die Frist abgelaufen ist? Das würde ich aber bedauern, weil es diesmal die Chance gibt, zu zeigen, dass man auch in einer Demokratie, dass man auch in einer großen Stadt, mitten in der Stadt, ökologisch, vernünftig und nachhaltig die Spiele ausrichten kann.
    Bei vergangenen deutschen Bewerbungen für Olympische Sommerspiele wie Berlin oder Leipzig war der Bund stets bereit, rund ein Drittel der Kosten zu übernehmen. Die restlichen zwei Drittel teilten sich jeweils Stadt und Bundesland. Diese Quote sei jetzt nicht zu halten, da Hamburg beides ist: Kommune und Land. So das Hauptargument aus der Hansestadt.
    Der aktuelle Vorschlag in Richtung Berlin von 80 Prozent Bund und 20 Prozent Hamburg wäre aber immer noch weit über dem Schlüssel der vergangenen Bewerbungen. Für die parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen und Haushaltspolitikerin im Bundestag, Anja Hajduk, ist es deshalb nachvollziehbar, wenn der Bund da noch zögert.
    Ich glaube die Hamburger müssen auch akzeptieren, dass die Bundesseite sich da jetzt nochmal Zeit nehmen muss, sich die Begründung dieser Kosten im Einzelnen nochmal angucken muss.
    Bis Februar muss dann eine Einigung gefunden worden sein. Dann müssen Hamburg und der Deutsche Olympische Sportbund weitere Unterlagen beim Internationalen Olympischen Komitee abgeben. Das alles natürlich unter Vorbehalt einer Zustimmung der Hamburger Bürger Ende November.
    Die Bürger sollen nun über Kosten abstimmen, deren Höhe noch gar nicht klar ist. Für Hajduk von den Grünen, die im Wahlkreis Hamburg-Nord antritt, und ebenfalls im Aufsichtsrat der Bewerbungsgesellschaft sitzt, kein Problem:
    "Hamburg hat für sich als Regierung eine klare Äußerung gemacht, was man sich zutraut zu finanzieren. Aber dass man da dann zu diesem Zeitpunkt gleichzeitig schon die Verhandlungen mit dem Bund zu Ende haben will, das war weder versprochen noch erwartet worden. Aber die Transparenz, um was es dann letztendlich gehen wird, die ist ja gegeben. Und allen Ernstes muss man ja auch sagen: Jeder Hamburger weiß ja auch, dass das Hamburger Geld genauso Steuergeld ist wie das Bundes-Steuergeld. Das macht jetzt ja auch nicht den kompletten Unterschied."
    Für den Hamburger vielleicht nicht, aber für die restlichen Bundesbürger schon. Sie müssten ja ohnehin einen Großteil der Kosten tragen. Und so wachse derzeit das Stirnrunzeln gerade auf Bundesebene, das ist von verschiedenen Seiten aus der Hauptstadt zu hören. In Zeiten enormer Herausforderungen für Städte und Kommunen sei ein milliardenschweres Konjunkturprogramm für Hamburg kaum zu vermitteln, hört man bislang nur hinter vorgehaltener Hand. Bei schwarzer Null und zugesagtem Verzicht auf Steuererhöhungen seien die Spielräume sehr eng.
    Mit öffentlichen Äußerungen hält man sich in Berlin noch zurück, da man den Hamburgern nicht in den Rücken fallen wolle. Vor allem in der Union hält man noch auffällig still. Gleich mehrere Haushaltspolitiker lehnten es gegenüber diesem Sender ab, sich öffentlich zu den Olympiakosten zu äußern.
    Das könnte sich das aber bald ändern. Denn ein Verhandlungsergebnis zwischen Hamburg und dem Bund müsste schließlich auch durch den Haushaltsausschuss in Berlin gehen. Später auch durch den Bundestag selbst. Das ist aber laut Finanzministerium erst notwendig, wenn der Ausrichtervertrag unterschrieben werden sollte. Also Anfang 2017.
    Und nicht erst dann sollte man sich nochmal daran erinnern, dass es ganz oben in Berlin den klaren Willen gab, diese Spiele auszurichten, der auch mit Kosten verbunden ist, sagt SPD-Politiker Johannes Kahrs.
    "Es hätte sich ja jeder bewerben können. Am Ende ist in Deutschland Hamburg ausgewählt worden. Das hat ja nicht Hamburg entschieden, damit ist es keine Hamburger Bewerbung mehr, sondern jetzt bewirbt sich die Bundesrepublik Deutschland. Und das ist sowohl für Bayern als auch für Berlin als auch für Baden-Württemberg und eben auch Hamburg von Interesse. Und da es eine nationale Bewerbung ist, werden sich, glaube ich, auch alle dazu durchringen."
    Und so ist zu vermuten, dass manch einer in Berlin insgeheim hofft, die Hamburger stimmten Ende November gegen eine Bewerbung. Denn das würde so manch schwierige Verhandlungsrunde ersparen und bei einem möglichen Scheitern die Große Koalition vor einer großen Peinlichkeit bewahren.