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Olympia 2032
Pläne für Sommerspiele an Rhein und Ruhr

Gleich zwei deutsche Bewerbungen um die Ausrichtung Olympischer Spiele wurden in den letzten sechs Jahren in Volksentscheiden abgelehnt. Trotzdem trommelt eine Initiative aus Wirtschaft und inzwischen auch Politik für einen neuen Anlauf: Sommerspiele 2032 in der Region Rhein-Ruhr.

Von Robert Kempe | 26.10.2019
NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (r, CDU) und Michael Mronz, Begründer der Rhein Ruhr City 2032-Initiative, bei einem Pressetermin 2017.
NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (rechts) und Michael Mronz, Begründer der Initiative "Rhein Ruhr City 2032" für eine mögliche Bewerbung Nordrhein-Westfalens für Olympische und Paralympische Spiele. (dpa/Marius Becker)
Olympische Spiele in Nordrhein-Westfalen - in 14 Städten. Seit über einem Jahr trommelt eine Privatinitiative angeschoben durch die Wirtschaft für diese Idee. Olympia als Ziel, dass wird seit geraumer Zeit auch von der Landesregierung gestützt. Jetzt waren die Initiatoren auf Werbetour in Berlin. Die Bundespolitik soll von den Plänen begeistert werden, so der Ministerpräsident von NRW, Armin Laschet.
"Ich glaube, diese Bewerbung von 14 Städten, die sich über alle Parteigrenzen hinweg zusammengefunden haben, passt in die Zeit. Jeder will nur noch nachhaltige Spiele. Die Gigantomanie der Vergangenheit, wo für eine Milliarde Stadien gebaut wurden, die nachher niemand genutzt hat, ist heute nicht mehr akzeptabel. Deshalb ist diese Grundidee, 90 Prozent der Sportstätten, die da sind, zu nutzen für Olympische Spiele, eine Idee, die in die Zeit passt."
Die Schlagworte in NRW sind oft gehört: Keine Kostenexplosion, Nachhaltigkeit, bestehende Sportstätten sollen genutzt werden, betont auch Michael Mronz immer wieder. Der umtriebige Unternehmer und Sportmanager steht hinter den Olympiaplänen. Mronz verweist auf geänderte Rahmenbedingungen des Internationalen Olympischen Komitees. Erstmals kann sich eine Region für Olympische Spiele bewerben.
"Ich glaube, dass auch das Bewerbungsverfahren deutlicher entschlackt worden ist. Das heißt die Kosten dadurch deutlich reduzierter werden in einem Bewerbungsverfahren. Dass es jetzt einen Dialogprozess gibt mit dem IOC, wo man gar nicht mehr sagt: Schickt eure Bewerbung dahin, und dann gibt es sozusagen eine Entscheidung, und das war es dann, sondern dass man in einen Dialog mit dem IOC eintritt und sagt: Das ist gut, das müsst ihr noch verbessern, und das ist wirklich ein Paradigmenwechsel, der dort stattgefunden hat und ich finde das sehr begrüßenswert."
Modifiziertes Bewerbungsverfahren
Im letzten Jahr modifizierte das IOC, der Besitzer der Olympischen Spiele, sein Bewerbungsverfahren. Mit Begriffen wie "Agenda 2020" und "New Norm" gibt sich der Ringekonzern offener und flexibler.
Hintergrund: Die Spiele wurde bei den letzten Vergaben zum Ladenhüter. Olympiainteressenten stiegen reihenweise aus. Oft getrieben vom Bürgerwillen. Bei Referenden hatte Olympia keine Chance. Können die Reformen Kritiker besänftigen?
Christopher Gaffney von der New York University forscht zu den Auswirkungen der Spiele auf Städte und Regionen. Für ihn haben die Änderungen im Bewerbungsverfahren des IOC nur einen Kerngedanken: Das Geschäft mit Olympia soll am Laufen gehalten werden. Und: Vieles sei dadurch noch intransparenter.
"Das IOC hat die traditionelle Auktion um die Spiele, bei der Bieter in einem öffentlichen Wettbewerb gegeneinander antraten, in eine Art Verhandlungsauktion außerhalb der öffentlichen Wahrnehmung verändert. So kann das IOC mit den Bewerbern die günstigsten Bedingungen für sich vereinbaren. Anstatt also mehr Transparenz im Ausschreibungsverfahren zu haben, ist die sogenannte "New Norm" intransparent. Das IOC versucht die Bewerber so stärker an sich zu binden um sicherzustellen, dass sie genügend Unterschriftskandidaten für ihre Veranstaltung haben."
Den umstrittenen Host City Vertrag gibt es nach wie vor
Das IOC ließ bei seinem Reformeifer eine Sache unangetastet, kritisiert Gaffney: den Host City Vertrag. Der fordert von den Ausrichtern umfangreiche Finanzgarantien und bürdet den Städten das finanzielle Risiko auf. Das würde auch auf die Region Rhein-Ruhr zukommen. Letztlich haftet der Steuerzahler für Olympia.
"Solange diese grundlegende Bedingung nicht beseitigt ist, hat sich an der Geschäftspraxis des IOC nichts geändert. Und ich sehe auch nicht, dass sich etwas ändert, wenn man diese drei Dinge zusammen bringt: Also die sogenannte "New Norm" die "Agenda 2020" und den Host City Vertrag. Wenn wir über diese Dinge sprechen, verschwenden wir nur unsere Zeit."
Bei den potenziellen Bewerbern in NRW ist die IOC-Skepsis überschaubar. Hier soll Olympia als Motor für Infrastrukturprojekte genutzt werden, für Mobilität und Digitalisierung. Durch die Spiele hofft man vor allem auf üppige Fördermittel vom Bund, betont Ministerpräsident Armin Laschet.
"Man wird natürlich die Verträge mit dem IOC so gestalten müssen, dass auch Geld in der Region, im Land bleibt, aber in der Tat insbesondere bei den Infrastrukturgeldern, da wird es auch Bundes- und Landesinvestitionen geben müssen, die danach aber auch in der Region bleiben, insofern keine verlorenen Gelder sind. Und diese Klarheit auch des Bundes werden wir brauchen."
Und Klarheit in der Olympiafrage will NRW schnell voran treiben. Allein Sportmanager Mronz traf sich für sein Olympiaprojekt nach Angaben des Bundesinnenministeriums schon sechs Mal mit Ministeriumsangehörigen.
Knackpunkte Finanzierung - und Bekanntheit
Ein Knackpunkt wird die Finanzierung sein. Denn auch, wenn kostengünstige Spiele versprochen werden, geht es um Milliarden Euro Steuergeld. Erste Zahlen will Mronz in sechs bis acht Monaten präsentieren, bis dahin werbe er um Vertrauen. Dies taten auch die Olympialobbyisten in Hamburg mit ihrer Bewerbung für die Spiele 2024. Doch die letzte deutsche Olympiabewerbung fiel in einem Bürgerentscheid durch. Die Erinnerung an den Herbst 2015 sind beim Deutschen Olympischen Sportbund immer noch präsent. Der Sport-Dachverband entscheidet letztlich über den deutschen Olympiakandidaten. Doch ist die Region Rhein-Ruhr bekannt und schlagkräftig genug? Auch bei der Vorstandsvorsitzenden Veronika Rücker gibt es Zweifel.
"Der Name Rhein-Ruhr ist nicht unbedingt der, der in die Reihe der Städte, die die letzten Jahre Sommerspiele zumindest ausgerichtet haben, der da reinpasst. Und auf der anderen Seite entspricht natürlich die Konzeption schon dem, was auch in der Agenda 2020 vom IOC angestrebt ist. Aber auf der anderen Seite, gebe ich Ihnen Recht, Rhein-Ruhr ist jetzt weltweit noch kein festgesetzter Begriff. Insofern bin ich da selber noch ein wenig hin und hergerissen."
Und die Konkurrenz könnte groß sein. Immer wieder wird von IOC-Präsident Thomas Bach eine Bewerbung von Nord-und Südkorea ins Spiel gebracht. Der Region, in der sich das IOC gerne als Friedensstifter inszeniert. Zudem haben bisher die indonesische Hauptstadt Jakarta und das australische Brisbane Interesse angemeldet. Wie da eine Rhein-Ruhr-Bewerbung in die Reihe passt, ist fraglich. Gut fürs Geschäft des IOC ist es jedenfalls, wenn alle Bewerber, auch die aussichtslosen, lange dabei bleiben. Je mehr Bewerber, desto attraktiver die Marke Olympia - so die einfache Rechnung. Für die Bundesrepublik und den deutschen Sport wäre eine erneute Schlappe aber ein großes Desaster.