
1972 fanden zum letzten Mal Olympische Spiele in Deutschland statt - und zwar in München. Aus Sicht des Deutschen Olympische Sportbunds (DOSB) ist das viel zu lang her und es endlich an der Zeit, sich die Spiele wieder ins Land zu holen. Für eine deutsche Bewerbung hat sich der DOSB auch Rückendeckung aus der Politik geholt.
- Warum und wann genau möchte Deutschland wieder Olympische Spiele ausrichten?
- Wann hat sich Deutschland zuletzt beworben und warum sind deutsche Olympiabewerbungen gescheitert?
- Welchen Plan hat der DOSB für eine deutsche Olympia-Bewerbung?
- Welche Vorbehalte und Herausforderungen gibt es bei einer Olympiabewerbung?
- Wie stehen die Chancen für eine erfolgreiche deutsche Olympiabewerbung?
Warum und wann genau möchte Deutschland wieder Olympische Spiele ausrichten?
Es geht um die Sommerspiele in den Jahren 2036, 2040 oder 2044. Gründe dafür gibt es mehrere: Auf der einen Seite motivieren die schönen Bilder der vergangenen Sport-Großereignisse in Deutschland wie letztes Jahr die Fußball-Europameisterschaft, zweimal die European Championship, Handball-WM und Eishockey-WM – und natürlich die Bilder der Spiele aus Paris.
Und dann steht da noch der Anspruch im Raum, zu beweisen, dass Deutschland Olympische Spiele ausrichten kann. Dabei geht es natürlich auch um internationale Strahlkraft, aber auch um Impulse für die Stadtentwicklung, Sportinfrastruktur wie Schwimmbäder und Sportplätze, die durch Olympia entstehen sollen, und gesellschaftliche Identifikation.
Wann hat sich Deutschland zuletzt beworben und warum sind deutsche Olympiabewerbungen gescheitert?
Insgesamt gab es sieben fehlgeschlagene Bewerbungen in den letzten 20 Jahren. Zuletzt hat sich Deutschland mit der Rhein-Ruhr-Initiative für 2032 beworben, hatte es aber im Auswahlverfahren erst gar nicht in die Endrunde geschafft.
Davor sind die Bewerbungen von München für die Winterspiele 2022 und Hamburg für die Sommerspiele 2024 am Widerstand der Bevölkerung gescheitert. Deswegen wird jetzt über Referenden diskutiert.
Diese ablehnende Haltung vieler Menschen in Deutschland ist zuletzt vom DOSB nicht ausreichend ernst genommen worden. Nun verfolgt der DOSB eine andere Strategie: mit mehr Bürgerdialog und Beteiligung aller relevanten Gruppen.
Welchen Plan hat der DOSB für eine deutsche Olympia-Bewerbung?
Zunächst einmal möchte man die Menschen miteinbeziehen. Bei den letzten Versuchen wurden sie erst befragt, nachdem der Austragungsort festgelegt war. Das soll nun andersherum erfolgen: Erst eine Bürgerbefragung oder ein Referendum, dann die Entscheidung. Diese soll Ende 2026 fallen. In diesem sehr langfristigen Prozess sollen Bürgerdialoge Vertrauen schaffen.
Von einer gesamtdeutschen Bewerbung ist der DOSB abgerückt, nachdem das IOC angedeutet hat, ein „One Village“-Konzept zu bevorzugen, also zentrale Austragungsorte mit Olympischen Dorf an einem Ort.
Vier Städte oder Regionen sind ausgewählt worden: Berlin, Hamburg, München und die Region Rhein-Ruhr. Alle vier orientieren sich am Pariser Modell: Nutzung bestehender Infrastruktur und städtische Integration.
Das IOC mit seiner neuen Präsidentin Kirsty Coventry aus Simbabwe hat noch keine Frist für die Bewerbungen angegeben.
Welche Vorbehalte und Herausforderungen gibt es bei einer Olympiabewerbung?
Die Vorbehalte der Menschen richten sich vor allem gegen die hohen Kosten für Bau, Sicherheit und Organisation, die auf die Ausrichterregion zukommen. Aber auch gegen den Gigantismus, das IOC und dessen undurchsichtige Vergabeverfahren und „Knebelverträge“, den Zweifel am nachhaltigen Nutzen für die Stadt, die Bevölkerung und den Breitensport. Auch hier beklagen Olympiagegner wie „NOlympia“ die Intransparenz bei den Zahlen zu Investitionsvolumen und Folgekosten.
Auch die Belastungen für die Anwohner spielen eine Rolle: In Paris wurde die gesamte Innenstadt zur Hochsicherheitszone. Es gibt die Sorge, dass Miet- und Kaufpreise in den jeweiligen Ausrichterstädten explodieren und das zu einer sozialen Verdrängung führt.
In Deutschland kommt noch die generelle Debatte zum Spitzensport und dessen Stellung in der Gesellschaft dazu. Denn in Deutschland stellen manche Menschen infrage, ob so große Summen in Sportförderung, Großveranstaltungen oder neue Stadien investiert werden sollten
Wie stehen die Chancen für eine erfolgreiche deutsche Olympiabewerbung?
Realistisch betrachtet steht es eher schlecht um eine Bewerbung Deutschlands. Als Favorit gilt Deutschland jedenfalls nicht. International ist die Konkurrenz groß: Indien und Katar gelten als starke Bewerber für 2036.
Deutschland muss nicht nur bei der eigenen Bevölkerung Überzeugungsarbeit leisten, sondern auch auf dem internationalen Parkett verlorenes Vertrauen zurückgewonnen: Das Verhältnis zum IOC war zuletzt angespannt, etwa nach dem gescheiterten Bewerbungsversuch für die Spiele 2032.
Zudem sind die Vergabeprozesse des IOC intransparent: Statt klassischer Bewerbungen gibt es „Dialogphasen“. Die Chancen auf die Spiele 2036 sind daher gering, auch weil die Spiele mit Städten wie Paris und bald in L.A. und Brisbane in den klassisch traditionellen OECD-Staaten stattgefunden haben. Realistischer schätzen Experten die Chancen für die Spiele 2040 oder 2044 ein.
Aber auch wenn die Spiele dann wieder nach Europa vergeben werden könnten, gibt es auch hier Konkurrenz: London und Budapest wollen sich ebenfalls für 2044 bewerben. Möglich wäre auch eine Bewerbung aus einem afrikanischen Land.