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Olympia mitten im Wohnzimmer

Technologie.- 3D ist nicht nur im Kino äußerst angesagt. Schon in ein bis zwei Jahren, so lauten Prognosen, sollen die extra-plastischen Bilder auch die heimischen Wohnzimmer füllen.

Wissenschaftsjournalist Peter Welchering im Gespräch mit Manfred Kloiber |
    Manfred Kloiber: Anwendungen wie Hologramme faszinieren natürlich nicht nur die Forscher, auch die traditionellen Fernsehveranstalter versprechen sich ganz neue Geschäftsmodelle davon. Einige Zukunftsforscher sagen sogar voraus, dass Spielfilme und Onlinespiele durch holografische Projektion zu einem Angebot verschmelzen werden. Peter Welchering, Sie haben viele Marktuntersuchungen und Zukunftsstudien dazu ausgewertet. Wann können wird den Casablanca nicht nur sehen, sondern aktiv als Mitspieler an der Seite von Ingrid Bergmann und Humphrey Bogart auftauchen?

    Peter Welchering: Im Jahr 2020. Dann wird es soweit sein, dann können wir das. Das haben zumindest Kerstin Cuhls und Simone Kimpeler in ihrer Fazit-Studie herausbekommen. Die beiden haben eine sogenannte Delphi-Untersuchung oder Delphi-Befragung im Auftrag der Medien- und Filmgesellschaftsstiftung Baden-Württemberg, im Auftrag des Zentrums für europäische Wirtschaftsforschung und im Auftrag des Fraunhofer Instituts für System- und Innovationsforschung durchgeführt. Also drei Institute, die sich da zusammengeschlossen haben, um das mal so richtig auszuloten. Und dabei haben sie ausgewiesene Fachleute weltweit zum Verlauf einzelner technologischer Entwicklungen befragt. Und ein Ergebnis dieser Befragung lautet eben: Die Experten schätzen die Entwicklung im 3D-Bereich als sehr stürmisch ein. Und sie setzen für den Durchbruch der Verschmelzung von Spielfilm und Online-Spiel eine technologische Voraussetzung. Und die besteht darin, dass solche holografischen Projektionen auf ganz beliebige Oberflächen erfolgen können. Ich muss also keinen extra Monitor mehr haben oder eine Leinwand, sondern man kann das Hologramm dann auf jede Wand, auf jede Tapete, auf jede Schrankoberfläche oder sogar auf jeden Teppich projizieren. Und diese Technologie halten Experten im Jahr 2020 für marktreif. Also zehn Jahre müssen wir wohl noch darauf warten, um dann eben an die Seite von Humphrey Bogart schlüpfen zu können und auf dem Flugplatz von Casablanca sagen zu können: "Ich glaube, das ist der Beginn einer wunderbaren Freundschaft".

    Kloiber: Aber zehn Jahre sind eine lange Zeit. Können wir denn 3D-Fernsehen im heimischen Wohnzimmer etwas schneller erwarten?

    Welchering: Ja, da können wir wahrscheinlich schon im nächsten Jahr anfangen. Zumindest zur Consumer Electronics Show in Las Vegas vor gut einem Monat, bei Samsung, da wurde eine 3D-Studie vorgestellt, die sagt, es kommt jetzt ganz rasch. Und diese Studie hat wirklich euphorische Erwartungen der Hersteller geschürt. Samsung zufolge wollen nämlich 80 Prozent der Kinogänger, die im Kino einen 3D-Film gesehen haben, diese 3D-Technik auch zu Hause nutzen. Und Samsungs Forschungsleiter für Display-Technik, Kim Hyun Suk, urteilt denn auch, dass Filme wie etwa Avatar oder Iceage 3D-Anwendungen zum Massenphänomen machen. Und befragt wurden da übrigens Verbraucher in Nordamerika, Europa und Japan und auch Südkorea. Also hier haben wir es offensichtlich mit einem weltweiten Trend zu tun. Und deshalb gehen die Marketing-Verantwortlichen bei Samsung auch davon aus, dass binnen Jahresfrist 3D-Fernseher im Bündel mit Blue-Ray-Playern und mit 3D-Blue-Rays von Dreamworks ein richtiger Verkaufshit werden.

    Kloiber: Wie sehen denn die anderen Hersteller und unabhängige Marktforscher das?

    Welchering: Die sehen das ähnlich euphorisch, aber die sind, was die zeitliche Dimension angeht, ein bisschen zurückhaltender. Die geben einen längeren Vorlauf. Da gibt es beispielsweise eine aktuelle Insight-Media-Studie. Die prognostiziert bis zum Jahr 2014 eine weltweite Verbreitung von 40 Millionen 3D-Displays in den privaten Haushalten. Insight Media zufolge startet das etwas langsamer, als von den Samsung-Managern erwartet. Und im Jahr 2012, so hat Insight erhoben, da dürfte dann die Fünf-Millionen-Grenze bei den 3D-Displays überschritten werden. Aber dann kommt 2013 ein richtiger Schub auf 25 Millionen. Der ist 2012 dann sozusagen vorgedacht und 2014 haben wir dann eben die prognostizierten 40 Millionen 3D-Displays in den Privathaushalten.

    Kloiber: Und wie wirkt das dann auf die Kinos zurück? Werden die davon profitieren können?

    Welchering: Da gibt es sehr unterschiedliche Einschätzungen. Und da ist auch die Zahlenbasis etwas schwach, auf der man Aussagen treffen kann. Aber es gibt eine Studie, die ragt da so ein bisschen raus, nämlich die der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers. Und dieser Wirtschaftsprüfungsgesellschaft zufolge dürfte der Anteil der 3D-Produktionen im Kino schon nach diesem Jahr mächtig Fahrt aufnehmen. PWC, also PricewaterhouseCoopers, rechnet nämlich damit, dass im Jahr 2014 bis zu 15 Prozent der Kinofilme 3D-Produktionen sein werden. Und dem Kino folgen dann erfahrungsgemäß, sagen die Forscher, das Fernsehen und die Videospiele zu Hause. Das heißt: Die Zahl der 3D-Fernsehangebote wird mittelfristig stark steigen und ebenso sieht das bei den Spielen aus. Im Fernsehbereich rechnen die PWC-Experten bereits in zwei Jahren mit einem ganz massiven Durchbruch. Und das hat einen ganz einfachen Hintergrund: Die Übertragung der Olympischen Spiele 2012 wird dreidimensional sein. Und da rechnen die Experten dann eben, dass sich das so richtig durchsetzen wird.

    Kloiber: Sicherlich wissen Sie ja auch eine Antwort auf die Frage, was denn überhaupt 3D-Begeisterte sehen wollen.

    Welchering: Da gab es eine Studie der Hochschule Potsdam-Babelsberg. 75 Prozent wollen Dokumentationen sehen. Gefolgt von Spielfilmen und Sport an dritter Stelle. Und den geringsten Zuspruch erhalten übrigens der Studie aus Babelsberg zufolge 3D-Erotikfilme. Und noch eine Zahl ist ganz spannend: In Deutschland sind wir mit 3D ziemlich weit vorne dran. 140 Kinos können nämlich schon 3D bei uns.

    Kloiber: Peter Welchering war das über den Markt für 3D-Medien.