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Olympische Sommerspiele
Das illegale Ticketgeschäft

Auch für Schwarzmarkthändler sind Olympische Spiele ein Mega-Event. In Rio scheint die brasilianische Polizei auf eine international organisierte Gruppe gestoßen zu sein, die Kontakte bis in die Spitze des IOC hat. Das erinnert an die Fußball-WM 2014, ist jetzt aber noch lukrativer.

Von Carsten Upadek | 11.08.2016
    Ein Mitarbeiter sortiert Olympia-Tickets für den Verkauf.
    Tickets für die Olympischen Spiele in Rio (picture alliance - Antonio Lacerda)
    Man muss wirklich nicht lange suchen, um bei den Olympischen Spielen in Rio Schwarzmarkthändler zu finden. Da reicht es vorm Olympiapark von der Busstation zum Eingang zu laufen: "Do you speak English? For what are the tickets? Volleyball - today and tomorrow."
    Volleyballtickets in bester Lage. Und das auch noch zum Originalpreis. Wie das geht? Die Kriminellen kaufen die Tickets zu marktüblichen Preisen, allerdings mit kopierten Kreditkarten – bezahlen also keinen Pfennig selbst, erklärt Ermittler Gustavo Rodrigues. Gerade hat die Polizei zehn Betrüger aus dem Raum São Paulo festgenommen.
    "Bis das Opfer merkt, dass auf der Kreditkartenabrechnung ein Betrag ist, den die Person nicht kennt, sind die Olympischen Spiele vorbei, die Tickets schon verkauft und der von denen hat einen Gewinn von 40-50.000 Reais gemacht."
    Britische Firma im Zentrum der Ermittlungen
    Umgerechnet sind das etwa 12- bis 14.000 Euro – Peanuts im Vergleich zu einer anderen Gruppe. Da geht es um umgerechnet 180 Millionen Euro. Im Zentrum der Ermittlungen steht die britische Firma THG Sports, laut Eigenwerbung einer der weltweit führenden Anbieter in Hospitality-Paketen, also Luxus-Eintrittskarten mit einigen Zusatzleistungen wie Cocktailempfang, Transport und Abendessen.
    Aber, so Ermittler Gustavo Rodrigues: "THG hatte keine Verkaufserlaubnis. Sie erwarb die Tickets und verkaufte sie zu einem viel höheren Preis weiter."
    Die Ermittler nahmen THG-Direktor Kevin James Mallon fest und fanden in seinem Hotelzimmer 813 Eintrittskarten für teuerste Olympia-Events. "Diese gefundenen Tickets waren schon auf der Homepage des Unternehmens verkauft. Bei der Durchsuchung waren sie schon in verschlossenen Umschlägen und bereit, verteilt zu werden."
    Zahlreiche Tickets stammen aus irischem Kontingent
    Stellt sich die Frage: Wie kam die Firma an so viele Tickets höchster Kategorie? Laut den Ermittlern stammt ein Großteil der Eintrittskarten aus dem Kontingent des irischen Verbandes. Irland ist auch das Heimatland von Sportfunktionär Pat Hickey, bis zur IOC-Versammlung vergangene Woche in Rio Mitglied des Exekutivkomitees. Dessen Sohn Stephen arbeitete bei THG als Manager. Kann reiner Zufall sein. Aber schon 2012 beschuldigte Ex-Weltfußballer Romario, inzwischen Politiker in Brasilien, Pat Hickey Mittelsmann zwischen IOC und Schwarzmarktfirmen zu sein. Auf seiner Facebookseite schrieb er gestern:
    "Ich habe damals vermutet, dass es eine mögliche Einflussnahme bei der Zuteilung der Olympia-Eintrittskarten geben könnte. Aber es scheint, das seit dem nichts getan wurde."
    Skandal bei WM anscheinend ohne abschreckende Wirkung
    Und auch die Verhaftungen bei der Fußball-WM 2014 scheinen kein abschreckendes Beispiel gewesen zu sein. Damals wurde der Engländer Raymond Whelan festgenommen – Exekutiv-Direktor des FIFA-Partners MATCH Services, verantwortlich für die Vermarktung von Hospitality-Paketen.
    Mit elf Komplizen soll er WM-Tickets im Wert von 50 Millionen Euro auf dem Schwarzmarkt verkauft haben. Allerdings wurde Whelans Prozess abgetrennt. Er wurde freigelassen und eine geplante erneute Anklage ist bis heute nicht umgesetzt. Derweil erwartet die kleinen Fische eine Verurteilung im September. Ihnen drohen laut Staatsanwaltschaft 10 bis 15 Jahre Haft.