
"So, ich bin jetzt hier in der Video-Übersicht und gehe auf das Video "Unterrichts-Störungen".
Michael R. will wissen, ob er ein guter Lehrer wäre. Deshalb surft der Philosophie-Student aus München auf SELF. Einem neuen Online-Portal der LMU München. Michael öffnet ein Video mit dem Titel "Unterrichtsstörungen".
"Da sitzen jetzt Schüler in einem Kreis und machen eine La-Ola-Welle. Zwei Lehrer lassen sich von den Schülern erklären, wie das Spiel "Bullshit-Bingo" geht." / "Jeder Schüler bzw. alle, die halt mitmachen, schreiben drei Wörter auf einen Zettel. Und diese Wörter muss halt der Lehrer sagen. Und sobald man alle drei Wörter gesagt bekommen hat, steht man auf und schreit: Bullshit Bingo."
Das Video "Bullshit-Bingo" ist einer von 16 Kurzfilmen auf der Internet-Seite SELF. Die 16 Filme sollen den Lehrer-Alltag möglichst realistisch und ungeschönt beschreiben. Gedreht hat die Filme ein Team der Filmhochschule München, HFF, zusammen mit dem Münchner Zentrum für Lehrerbildung, erklärt dessen Direktor, Prof. Joachim Kahlert.
"Das ab heute verfügbare Online-Tool "Self" soll dazu beitragen, dass sich Lehramts-Studium-Interessierte ein realistisches Bild von den Herausforderungen, aber auch von den vielfältigen Möglichkeiten des Lehrer-Berufs machen. Wer sich aufgrund unrealistischer Vorstellungen für den Lehrerberuf entscheidet und zu spät merkt, dass das vielleicht doch nicht das Richtige für ihn ist, der schadet ja nicht nur sich selbst, sondern möglicherweise auch Generationen von Schülerinnen und Schülern."
Die Besten werden immer seltener Lehrer
Das passt in die aktuelle politische Diskussion über den Lehrerberuf. Studien zeigen, dass die besten und geeignetsten Schüler und Studenten immer seltener Lehrer werden. Genau diese Kandidaten will Joachim Kahlert mit SELF motivieren. Wer dagegen Lehrer werden wolle, weil er vormittags recht und nachmittags frei haben will, den solle SELF aufklären.
"Die Richtigen werden abgeschreckt, die sich gesagt haben: Lehrerberuf – wenn ich erst mal drin bin, bin ich sicher. Verdienst ist auch okay. Und nachmittags frei. So. Diese Leute wollen wir ja wirklich nicht."
Aktuelle Studien aber zeigen, dass genau diese Leute immer häufiger Lehrer werden. Ein Grund könnte die fehlende Aufklärung am Anfang und während des Studiums sein. Bisher, so Joachim Kahlert vom Münchner Zentrum für Lehrerbildung, gebe es nur ein Online-Portal mit Fragebogen-Tests, aber ohne Filme.
"Wir haben nichts Vergleichbares gefunden. Sonst hätten wir uns das ja auch sparen können. Wir müssen ja nichts kopieren, wir sind die LMU. Wir erfinden die Welt schon selber neu!"
Michael R., der Philosophie-Student, hat sich inzwischen mehrere Filme auf SELF angeschaut, darunter das Video "Konflikte mit Eltern" und "Erziehung in der Schule" .
"Jetzt kommt es zur Auswertung, und ich sehe hier drei Fragen. Die erste lautet: "Häufige Störungen des Unterrichts verunsichern Sie?" Da würde ich jetzt mal zustimmen."
Feedback, aber keine abschließende Beurteilung
Am Ende des Online-Fragebogens steht zwar ein Feedback zu Michaels pädagogischen Fähigkeiten, aber keine abschließende Beurteilung, betont Prof. Joachim Kahlert. Denn...
"Ob jemand wirklich eine gute Lehrerin, ein guter Lehrer wird, das entscheidet sich nicht in der eigenen Schulzeit. Sondern erst in der langen zeit des Studiums und in der zweiten Ausbildungs-Phase." / "Ich glaube, dieser SELF-Test kann Dir helfen, aber letztendlich bleibt es doch abstrakt. So ein Test kann eine Orientierung sein, aber es gibt Dir keine Sicherheit."
Die Gewissheit gibt es wie so oft erst hinterher. Wenn SELF allerdings im Zusammenspiel mit Berufs- und Studienberatern eingesetzt wird, kann es Schülern und Studenten die Entscheidung für oder gegen den Lehrerberuf durchaus erleichtern.