Im schwäbischen Schorndorf fällt kurz nach sieben die Saaltür ins Schloss. Journalisten haben keinen Zutritt. Ohne störende Öffentlichkeit soll sich eine traumatisierte CDU-Basis in Ruhe die beiden Kandidaten anschauen können und dabei endlich einmal ungestört Frust ablassen. Draußen ist häufig von Wunden und einer Schockstarre die Rede – die hält an, auch noch Wochen nach dem Desaster bei der Landtagswahl.
"Wir müssen erst einmal lernen, dass wir jetzt Opposition sind."
Es gab eine tiefe Zäsur für die CDU im Land, diese tiefe Zäsur muss zunächst einmal überwunden werden.
"Also mich schmerzt das; für mich war das wie ein Weltuntergang,"
den Stefan Mappus zu verantworten hat. Der 44-jährige kündigte noch am Wahlabend an, sein Amt als Parteichef niederzulegen. Sein Nachfolger muss wohl eine Mischung aus Arzt, Psychologe und Messias sein. Denn die verletzten CDU-Seelen im Ländle brauchen Visionen:
"Na ja, jetzt mal salopp ausgedrückt, deutlich machen, bewusst machen, dass es nach der zurückliegenden Landtagswahl ein Leben gibt, und dass man das konstruktiv und mit Perspektive gestalten kann."
Stefan Mappus schüttelt den Kopf und trinkt – abgeschirmt von drei Bodyguards – im Foyer ein Bier. Zwei Kandidaten wollen ihn beerben. Zum einen der Bundestagsabgeordnete Thomas Strobl. Der 51-jährige war Generalsekretär der Südwest CDU, im Moment lässt er sein Amt ruhen. Als glückloser Wahlkampfmanager verbrannt, urteilen ein paar CDU-Mitglieder über ihn. Sein Gegenkandidat, der 45-jährige Landtagsabgeordnete Winfried Mack, gilt im Unterschied zu Strobl als gut verankert in der Partei, allerdings wird ihm eine große Nähe zu Mappus nachgesagt. Viele Baden-Württemberger kennen ihn gar nicht, was sicher sein größter Vorteil sei, glaubt dieses Parteimitglied:
"Ich würde es ihm gönnen, es wäre dann mal was anderes also es wäre dann mal ein bisschen frisches Blut."
"Ich finde das sehr gut und alle begrüßen das natürlich, dass man eine echte Wahl hat."
Eine Kampfkandidatur ohne Wahlmöglichkeit für die rund 72.000 CDU-Mitglieder in Baden-Württemberg, denn der Wunsch nach einer Mitgliederbefragung wurde vom Tisch gewischt. So hat es jüngst der Parteivorstand beschlossen.
"Es wäre eigentlich richtig gewesen, dass wir sofort eine Mitgliederbefragung durchgeführt hätten, das hat man ausgesessen vonseiten des CDU-Präsidiums und jetzt bleibt uns nichts anders übrig, als es auf diese Art und Weise zu machen"
,klagt Christian Bäumler, Landeschef des CDU-Sozialflügels, kurz CSD. Auch der nordwürttembergische Bezirksvorsitzende, Ex-Minister Wolfgang Reinhart, akzeptiert das Nein zum Mitgliederentscheid nur zähneknirschend.
"Ich selber glaube natürlich, dass eine Mitgliederbefragung mehr Partizipation bedeutet, damit auch mehr Teilhabe und damit im Grunde genommen auch im Anschluss an die Erfahrung in NRW und in Hamburg, die Möglichkeit, dass Mobilisierung entsteht und damit auch ein Stück Teilhabe der Basis."
Seiner Parteibasis wird Reinhart nun erklären, dass eine Mitgliederbefragung erst nach der Sommerpause, also erst im September, hätte stattfinden können. Zu spät – für einige an der CDU-Spitze, die die Partei nicht mehr so lange vor sich hin dümpeln lassen wollen. Denn: Je führungsloser die Partei ist, desto lauter werden erfahrungsgemäß die Mahner: Der frühere Regierungschef Erwin Teufel etwa forderte dieser Tage die Seinen auf, die christlich orientierten Stammwähler nicht aus dem Auge zu verlieren. Diese bei Stange zu halten sei wichtiger als auf neue Wähler zu schielen, polterte Teufel. Bezirkschef Reinhart stimmt ihm zu:
"Die Union ist immer noch in einer bundesweit schwierigen Situation und ich denke, es gilt jetzt auch, sich um die Stammkundschaft zu kümmern und nicht nur um die Laufkundschaft und von dieser Seite her bin ich überzeugt davon, dass man sich auch jetzt in der Opposition im Lande um den Kompass, um die Orientierung, um die Zielvorgaben kümmern muss, und da ist jetzt die richtige Zeit."
Konservativen Kurs halten – lautet wohl seine Botschaft. Um dem, selbst im wertkonservativen Wählermilieu geschätzten grünen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann die Stirn zu bieten. In Schorndorf trägt es die Basis fast schon mit Gleichmut, dass sie bei der Wahl ihres neuen Landesvorsitzenden lediglich über Delegierte Einfluss nehmen kann. An diesem Abend geht es um mehr als um Personen, es geht tatsächlich um den politischen Kompass.
"Es geht im Grunde genommen um das Wertefundament der CDU, um die Frage, wie müssen wir uns thematisch neu aufstellen. Und das ist bisher eine ausgesprochen positive Grundstimmung in der Halle."
Und so gleichen die Basiskonferenzen eher Selbsthilfegruppen: Man tauscht sich über den Schock des Wahlabends und versucht den Machtverlust zu verarbeiten. Nur ein paar aus der Frauen-Union mucken auf – auch nach der Veranstaltung noch. Themen, wie die Frage nach Vereinbarkeit von Familie und Beruf, seien an diesem Abend nicht beantwortet worden, sagt eine CDU-Frau aus Ludwigsburg:
"Ich hätte gerne mal alle beide eine halbe Stunde auf einen Kaffee und würde sie gerne einmal ordentlich durch die Mangel drehen, weil die Herren scheinen mir immer noch nicht in vollem Umfang irgendwie in diesem Thema angekommen zu sein."
Dem neuen Mann an der Spitze der CDU Baden-Württemberg stehen diskussionsfreudige Zeiten bevor – dafür werden die Frauen schon sorgen. So oder so – eines steht bereits fest: Der Spitzenkandidat für die nächste Landtagswahl wird in einer Basisbefragung bestimmt.
"Wir müssen erst einmal lernen, dass wir jetzt Opposition sind."
Es gab eine tiefe Zäsur für die CDU im Land, diese tiefe Zäsur muss zunächst einmal überwunden werden.
"Also mich schmerzt das; für mich war das wie ein Weltuntergang,"
den Stefan Mappus zu verantworten hat. Der 44-jährige kündigte noch am Wahlabend an, sein Amt als Parteichef niederzulegen. Sein Nachfolger muss wohl eine Mischung aus Arzt, Psychologe und Messias sein. Denn die verletzten CDU-Seelen im Ländle brauchen Visionen:
"Na ja, jetzt mal salopp ausgedrückt, deutlich machen, bewusst machen, dass es nach der zurückliegenden Landtagswahl ein Leben gibt, und dass man das konstruktiv und mit Perspektive gestalten kann."
Stefan Mappus schüttelt den Kopf und trinkt – abgeschirmt von drei Bodyguards – im Foyer ein Bier. Zwei Kandidaten wollen ihn beerben. Zum einen der Bundestagsabgeordnete Thomas Strobl. Der 51-jährige war Generalsekretär der Südwest CDU, im Moment lässt er sein Amt ruhen. Als glückloser Wahlkampfmanager verbrannt, urteilen ein paar CDU-Mitglieder über ihn. Sein Gegenkandidat, der 45-jährige Landtagsabgeordnete Winfried Mack, gilt im Unterschied zu Strobl als gut verankert in der Partei, allerdings wird ihm eine große Nähe zu Mappus nachgesagt. Viele Baden-Württemberger kennen ihn gar nicht, was sicher sein größter Vorteil sei, glaubt dieses Parteimitglied:
"Ich würde es ihm gönnen, es wäre dann mal was anderes also es wäre dann mal ein bisschen frisches Blut."
"Ich finde das sehr gut und alle begrüßen das natürlich, dass man eine echte Wahl hat."
Eine Kampfkandidatur ohne Wahlmöglichkeit für die rund 72.000 CDU-Mitglieder in Baden-Württemberg, denn der Wunsch nach einer Mitgliederbefragung wurde vom Tisch gewischt. So hat es jüngst der Parteivorstand beschlossen.
"Es wäre eigentlich richtig gewesen, dass wir sofort eine Mitgliederbefragung durchgeführt hätten, das hat man ausgesessen vonseiten des CDU-Präsidiums und jetzt bleibt uns nichts anders übrig, als es auf diese Art und Weise zu machen"
,klagt Christian Bäumler, Landeschef des CDU-Sozialflügels, kurz CSD. Auch der nordwürttembergische Bezirksvorsitzende, Ex-Minister Wolfgang Reinhart, akzeptiert das Nein zum Mitgliederentscheid nur zähneknirschend.
"Ich selber glaube natürlich, dass eine Mitgliederbefragung mehr Partizipation bedeutet, damit auch mehr Teilhabe und damit im Grunde genommen auch im Anschluss an die Erfahrung in NRW und in Hamburg, die Möglichkeit, dass Mobilisierung entsteht und damit auch ein Stück Teilhabe der Basis."
Seiner Parteibasis wird Reinhart nun erklären, dass eine Mitgliederbefragung erst nach der Sommerpause, also erst im September, hätte stattfinden können. Zu spät – für einige an der CDU-Spitze, die die Partei nicht mehr so lange vor sich hin dümpeln lassen wollen. Denn: Je führungsloser die Partei ist, desto lauter werden erfahrungsgemäß die Mahner: Der frühere Regierungschef Erwin Teufel etwa forderte dieser Tage die Seinen auf, die christlich orientierten Stammwähler nicht aus dem Auge zu verlieren. Diese bei Stange zu halten sei wichtiger als auf neue Wähler zu schielen, polterte Teufel. Bezirkschef Reinhart stimmt ihm zu:
"Die Union ist immer noch in einer bundesweit schwierigen Situation und ich denke, es gilt jetzt auch, sich um die Stammkundschaft zu kümmern und nicht nur um die Laufkundschaft und von dieser Seite her bin ich überzeugt davon, dass man sich auch jetzt in der Opposition im Lande um den Kompass, um die Orientierung, um die Zielvorgaben kümmern muss, und da ist jetzt die richtige Zeit."
Konservativen Kurs halten – lautet wohl seine Botschaft. Um dem, selbst im wertkonservativen Wählermilieu geschätzten grünen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann die Stirn zu bieten. In Schorndorf trägt es die Basis fast schon mit Gleichmut, dass sie bei der Wahl ihres neuen Landesvorsitzenden lediglich über Delegierte Einfluss nehmen kann. An diesem Abend geht es um mehr als um Personen, es geht tatsächlich um den politischen Kompass.
"Es geht im Grunde genommen um das Wertefundament der CDU, um die Frage, wie müssen wir uns thematisch neu aufstellen. Und das ist bisher eine ausgesprochen positive Grundstimmung in der Halle."
Und so gleichen die Basiskonferenzen eher Selbsthilfegruppen: Man tauscht sich über den Schock des Wahlabends und versucht den Machtverlust zu verarbeiten. Nur ein paar aus der Frauen-Union mucken auf – auch nach der Veranstaltung noch. Themen, wie die Frage nach Vereinbarkeit von Familie und Beruf, seien an diesem Abend nicht beantwortet worden, sagt eine CDU-Frau aus Ludwigsburg:
"Ich hätte gerne mal alle beide eine halbe Stunde auf einen Kaffee und würde sie gerne einmal ordentlich durch die Mangel drehen, weil die Herren scheinen mir immer noch nicht in vollem Umfang irgendwie in diesem Thema angekommen zu sein."
Dem neuen Mann an der Spitze der CDU Baden-Württemberg stehen diskussionsfreudige Zeiten bevor – dafür werden die Frauen schon sorgen. So oder so – eines steht bereits fest: Der Spitzenkandidat für die nächste Landtagswahl wird in einer Basisbefragung bestimmt.