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Optimierte Heizungsanlagen

Die Sommermonate sind der beste Zeitpunkt, um die Heizung fit zu machen für den Winter. Ein Umbau der Heizungssysteme kann bei den derzeit hohen Brennstoffpreisen enorme Kosten sparen. Und selbst bei modernen Anlagen gibt es noch Einsparpotenzial. Wie viel an Energie verloren gehen kann, das haben Wissenschaftler an der Universität Bremen nachgerechnet.

Von Folkert Lenz |
    100 Heizungsanlagen überall in Norddeutschland haben die Bremer Wissenschaftler unter die Lupe genommen: im kleinen Eigenheim genauso wie im Mehrfamilienhaus. Doch der Gang in den Keller – dort, wo Brenner und Kessel meistens stehen – war nicht der allererste. Die Forschungsgruppe Praxisnahe Berufsausbildung der Universität Bremen hat ihr Augenmerk vor allem auf die anderen Teile des Heizsystems gelegt: auf Umwälzpumpe, Rohrsystem, Heizkörper und Steuerungsventile. Fazit: Die meisten Anlagen sind viel zu groß für das, was sie eigentlich leisten sollen – so der Arbeitswissenschaftler Werner Müller:

    "Der Wärmeerzeuger – das haben wir im Projekt festgestellt – ist 1,8-fach im Durchschnitt überdimensioniert. Die Pumpen sind bis zu dreifach überdimensioniert. Die Heizkörperleistung – also die Größe der Heizkörper im Verhältnis zu der Temperatur des Heizwassers – 1,7-fach überdimensioniert. Das heißt an allen Stellen des Systems haben wir zu hohe Einstellungen. "

    Das Problem: Egal ob Architekt, Heizungsbauer oder Klimafachmann. Keiner will offenbar das Risiko eingehen, dass nachher zu wenig Wärme zur Verfügung steht. Entsprechend großzügig wird bei den Planungen verfahren.

    80 Prozent der Heizungsanlagen in Gebäuden bezeichnen Müller und seine Kollegen deshalb als Energiefresser. Überraschendes Ergebnis der "Optimus"-Untersuchung: Besonders drastisch ist die Verschwendung in modernen Häusern – vor allem dann, wenn diese schon energetisch saniert worden sind, sagt Müller:

    "Wo früher einfach normal verglaste Fenster waren, wurden dann Wärmeschutzverglasungen eingebaut oder bessere Türen eingebaut. Die Luftdichtigkeit insgesamt verbessert und ähnliches. Aber die Heizungsanlage wurde nie angepasst. Das heißt, die vorher schon zu groß ausgelegte Anlege wird nun im Verhältnis noch mehr zu groß. "

    Dabei könnten viele Anlagen deutlich sparsamer arbeiten, wenn die verschiedenen Komponenten besser aufeinander abgestimmt wären und richtig eingestellt würden, meinen die Experten. Doch alle Teile des Systems passend zu machen, ist in der Praxis gar nicht so einfach, gestehen die Forscher den Fachhandwerkern zu:

    "Wenn man das richtig abstimmen will, muss man sich zunächst einmal den kleinsten Heizkörper suchen – im Verhältnis zur Außenfläche – und nach diesem kleinsten Heizkörper kann man die Vorlauftemperatur berechnen. Wenn ich dann diese Vorlauftemperatur habe, muss ich bei den größeren Heizkörpern – im Verhältnis zur Außenfläche – den Durchfluss begrenzen. "

    "Hydraulischer Abgleich" nennen die Experten das, und der kann sich lohnen. Wenn die Heizungsanlage nur genau den Wärmebedarf liefert, der nötig ist, sind Einsparungen bis zu 20 Prozent möglich – so die Erkenntnis. Vor allem bei Öl- und gasbetriebenen Anlagen macht sich das bemerkbar. Hinzu kommt noch ein geringerer Stromverbrauch, wenn die Umwälzpumpe richtig eingestellt ist. Die Modernisierung sei in den meisten Fällen ohne großen Aufwand möglich, so der Arbeitswissenschaftler Werner Müller:

    "Wenn bereits eine elektronisch geregelte Pumpe eingebaut ist, und wenn solche voreinstellbaren Thermostatventile eingebaut sind – was eigentlich der Fall sein sollte bei neuen Gebäuden - dann muss nur noch gerechnet und an den entsprechenden Stellschrauben gedreht werden. "

    Kein Dreck durch Handwerker also. Und auch die können künftig auf stundenlange Berechnungen verzichten, denn die Optimus-Forscher haben eine Software entwickelt, die ihnen das komplizierte Kalkulieren abnimmt. Mit entsprechenden Fortbildungskursen sollen die einzelnen Gewerke nun ermuntert werden, nicht nur ihren Anteil an der Arbeit zu betrachten, sondern die Energiesanierung eines Hauses als Ganzes zu sehen. Der Arbeitspsychologe Michael Sander:

    "Das Fachhandwerk muss jetzt praktisch diesen Staffelstab übernehmen und versuchen, wenn es sowieso schon beim Kunden ist, ihn davon zu überzeugen, dass er mal überlegen sollte, eine Optimierung seiner Heizungsanlage vornehmen zu lassen. "

    Die Bremer Forscher hoffen, dass auch der Energiepass für Gebäude - der bald laut EU-Vorschrift Pflicht werden soll - mehr Hausbesitzer animiert, ihre Heizung checken zu lassen. Für entsprechende Tipps wären dann die Energieberater zuständig, die die Pässe später ausstellen sollen.