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Optischer Quantensprung

Physik. - Laserlicht hat bemerkenswerte Eigenschaften. Es ist praktisch einfarbig – enthält also nur eine Frequenz – und weil seine Lichtwellen alle perfekt synchron schwingen, laufen die Strahlen nicht auseinander, sondern bleiben über weite Strecken gebündelt. US-Forscher berichten jetzt in "Nature" von einem neuartigen Laser, der diese Frequenz auch noch sehr lange halten kann.

Von Ralf Krauter | 05.04.2012
    Laser senden einfarbiges Licht aus. So steht es in den Schulbüchern, doch das stimmt nur zum Teil. Innerhalb enger Grenzen variiert die Farbe von Laserlicht durchaus, erklärt der US-Physiker Dr. James Thompson.

    "Die Licht emittierenden Atome in einem normalen Laser sind wie Sänger, die auf ihr eigenes Echo hören. Sie passen sich immer der Tonhöhe an, die von den Wänden zurückgeworfen wird. Doch egal wie viel Aufwand man auch treibt: Diese Wände - also die Spiegel, die die Lichtteilchen im Resonator hin- und her reflektieren – vibrieren immer ein bisschen. Das Echo verändert also seine Tonhöhe und der Laserstrahl mit der Zeit unweigerlich seine Frequenz und Farbe."

    Bei CD-Playern und Glasfaserkommunikationsnetzen spielen diese winzigen Frequenzschwankungen keine Rolle. Wohl aber wenn es um ultrapräzise optische Messungen geht, auf die man sich am JILA spezialisiert hat, einem Institut, das die University of Colorado in Boulder gemeinsam mit dem US-Institut für Standards und Technologie betreibt. JILA-Forscher James Thompson hat deshalb einen neuartigen Typ von Laser entwickelt, dessen Frequenz einmal 100 bis 1000 Mal stabiler sein könnte, als die der besten heutigen Lichtquellen.

    "Wir verstärken Licht, genau wie bei einem normalen Laser, aber es gibt einen wichtigen Unterschied. In einem gewöhnlichen Laser laufen zwischen zwei Spiegeln Abermillionen von Lichtteilchen hin und her, von denen letztlich nur ganz wenige nach draußen gelangen. Dieses Meer von Photonen ist sozusagen das Schwungrad, das den Laser am Laufen hält. Es synchronisiert die Licht emittierenden Atome zwischen den Spiegeln. In unserem System dagegen befindet sich im Durchschnitt weniger als ein Photon zwischen den Spiegeln."

    Ein Laser, praktisch ohne Lichtteilchen in seinem Inneren - das gab es noch nie. Und doch emittiert der Versuchsaufbau am JILA einen tiefroten gebündelten Lichtstrahl mit außergewöhnlich stabiler Frequenz. Um das hinzubekommen, musste James Thompson bei viel tieferen Temperaturen arbeiten als bei Lasern sonst üblich. In einer optischen Atomfalle kühlte er rund eine Million Rubidium-Atome auf Millionstel Grad über dem absoluten Nullpunkt herunter und bugsierte die zentimetergroße Atomwolke dann zwischen zwei kleine Spiegel. Dann kitzelte er die Gaswolke mit einem schwachen Laserstrahl. Das bemerkenswerte Ergebnis: Die tiefgekühlten Rubidiumatome beginnen im Takt zu oszillieren.

    "Sie synchronisieren sich von allein. Es ist wie bei den Grillen, die man abends im Garten hört. Anfangs zirpt jede für sich, aber nach einer Weile beginnen sie, aufeinander zu hören und finden einen gemeinsamen Rhythmus. Genau dasselbe passiert in unserem Experiment. Die Atome sitzen zwischen den Spiegeln und spüren, dass ihre Nachbarn Signale in Form schwacher Lichtpulse aussenden. Sie hören aufeinander und beginnen unisono zu singen. Das führt dazu, dass die Menge an Lichtteilchen, die den Laser verlässt, um das 10.000-fache ansteigt."

    Weil die Spiegel, die James Thompson verwendet, ziemlich durchlässig sind, verlassen die synchron schwingenden Photonen den Resonator praktisch sofort. Ihr durch vibrierende Spiegel verstimmtes Echo ist deshalb kein limitierender Faktor mehr. Das macht es möglich, Laser mit hundertmal höherer Frequenzstabilität als heute zu bauen. Für Grundlagenforscher ist diese Erkenntnis ein Quantensprung, für ähnlich dramatische Verbesserungen gab es schon Nobelpreise.

    Praktische Anwendungen des Superlasers dürften nicht lang auf sich warten lassen. Auch wenn seine Ausgangsleistung derzeit nur billionstel Watt beträgt – als Referenzstrahl, um die Frequenz anderer, deutlich leistungsstärkerer Laser zu stabilisieren, taugt er bereits. Gut möglich deshalb, dass die Erfindung bald globale Auswirkungen hat. Optische Atomuhren könnten mit ihrer Hilfe viel genauer den Takt der Weltzeit vorgeben und damit unter anderem satellitenbasierte Navigationssysteme deutlich präziser machen.