Durch den Bau und die Ausstattung des Münsters war die Handelsstadt Ulm im 15. Jahrhundert zu einem Zentrum gotischer Kunst geworden; zahlreiche Künstler gründeten hier Werkstätten. Der bekannteste ist der Bildhauer Hans Multscher, der den realistischen Stil nach Süddeutschland brachte. Ihm folgte der verspielt-elegante Michel Erhart, und der letzte in der Reihe ist Daniel Mauch, an dem sich schön demonstrieren lässt, wie die italienische Renaissance in Deutschland an Einfluss gewann – und dass die Kunst nach Brot geht.
Der 1477 wahrscheinlich in Ulm geborene Mauch war zunächst in seiner Heimatstadt gut installiert und bis etwa 1520 ein gefragter Altarschnitzer. Dann aber bekam die Reformation und damit der Bildersturm in Ulm die Oberhand - und Mauchs Auftragslage ging dramatisch zurück. Er verlegte sich auf weltliche Motive und kehrte Ulm 1529 den Rücken, um "seiner narung nachzufaren", wie es im Ulmer Ratsbuch heißt - und Nahrung fand er im katholischen Lüttich, wo er mit der Berselius-Madonna, die von dem Mönch Berselius in Auftrag gegeben wurde, eine der prägenden deutschen Renaissance-Skulpturen schuf: dynamischer Schwung verbindet sich mit einem statuarischen Körper, antikisierendem Faltenwurf des Gewandes, verspielten Putten und einem Marienfuß auf dem am Boden winselnden Tier-Teufel.
Das Ulmer Museum hat nun das weit verstreute Werk Mauchs erstmals zu einer opulenten Überblicksschau zusammengetragen. Das Schöne ist, dass man sich hier meditativ in sakrale Skulpturen versenken, aber auch Stil- und Sozialgeschichte nachvollziehen kann. Der spätgotische Maggmannshofer Altar von 1505, der heute in Kempten steht und die Marienkrönung thematisiert, ist ungemein detailreich und erzählerisch, farbig, szenisch, mit gedrängten Figurengruppen. Renaissance-Elemente finden sich erst mals bei einem nicht "gefassten", also holzbelassenen Altar, der wahrscheinlich von einem Augsburger Patrizier in Auftrag gegeben wurde, sagt die Kuratorin Eva Leistenschneider.
"Das erste erhaltene Werk, das diese italienischen Einflüsse zeigt, ist der Bieselbacher Altar von 1510, der für deutsche Verhältnisse ein traditionell gearbeiteter Flügelalter ist, bei dem wir aber italienische Motive wie Putten, Füllhörner oder Fruchtgirlanden finden. Die Frage, wie sich das bei Mauch verhält mit den Renaissance-Einflüssen, ist schwer zu beantworten, weil wir bei ihm keine ganz stringente Entwicklung haben. Es sieht zumindest in den ersten 20 Jahren so aus, als würde er sporadisch da, wo der Auftraggeber es verlangt, mit solchen Versatzstücken arbeiten ... "
Mauch war also durchaus offen für aktuelle Moden; in Kleidung und Gesichtszügen seiner religiösen Figuren zeigt sich bisweilen ein zeitgenössischer Realitätsanspruch, dann wieder wird die Antike zitiert. Vor allem bei den Reliefs, etwa den Passionszyklen, sehen wir technische Neuerungen und Raumdifferenzierungen: So wird unter dem italienischen Einfluss nun deutlich in Vorder- und Hintergrund unterschieden.
Eigentliche Sensation und Zentrum der Schau aber sind Mauchs Kleinplastiken. Als sich religiöse Kunst nicht mehr absetzen ließ, verlegte sich Mauch, wohl schon in Ulm, auf kleinformatige Figuren, die – unter dem Vorwand biblischer, mythischer oder allegorischer Themen – den Menschen in all seiner Erotik oder auch Hinfälligkeit, jedenfalls aber nackt zeigen. Natürlich ist Mauchs nackte Alte mit ihrer schlaffen Haut und ihren Hängebrüsten eine ironische Paraphrase der Venus pudica und eine Variation des Vanitas-Motivs, und nur ein humanistisch gebildeter Patrizier konnte solche Feinheiten verstehen; aber solche virtuos geschnitzten Kleinst-Figuren ließen sich eben auf Vorrat arbeiten und bei Geldmangel auch schnell verkaufen.
In Lüttich hat Mauch dann auch in Stein gearbeitet und ist in Kontakt mit dem Manierismus gekommen; aber er hat seinem Ulm wohl nachgetrauert, wo er mit seinen zahlreichen Figurengruppen der heiligen Sippe und vor allem mit den holzbelassenen Altären seine wichtigsten Arbeiten schuf.
Der 1477 wahrscheinlich in Ulm geborene Mauch war zunächst in seiner Heimatstadt gut installiert und bis etwa 1520 ein gefragter Altarschnitzer. Dann aber bekam die Reformation und damit der Bildersturm in Ulm die Oberhand - und Mauchs Auftragslage ging dramatisch zurück. Er verlegte sich auf weltliche Motive und kehrte Ulm 1529 den Rücken, um "seiner narung nachzufaren", wie es im Ulmer Ratsbuch heißt - und Nahrung fand er im katholischen Lüttich, wo er mit der Berselius-Madonna, die von dem Mönch Berselius in Auftrag gegeben wurde, eine der prägenden deutschen Renaissance-Skulpturen schuf: dynamischer Schwung verbindet sich mit einem statuarischen Körper, antikisierendem Faltenwurf des Gewandes, verspielten Putten und einem Marienfuß auf dem am Boden winselnden Tier-Teufel.
Das Ulmer Museum hat nun das weit verstreute Werk Mauchs erstmals zu einer opulenten Überblicksschau zusammengetragen. Das Schöne ist, dass man sich hier meditativ in sakrale Skulpturen versenken, aber auch Stil- und Sozialgeschichte nachvollziehen kann. Der spätgotische Maggmannshofer Altar von 1505, der heute in Kempten steht und die Marienkrönung thematisiert, ist ungemein detailreich und erzählerisch, farbig, szenisch, mit gedrängten Figurengruppen. Renaissance-Elemente finden sich erst mals bei einem nicht "gefassten", also holzbelassenen Altar, der wahrscheinlich von einem Augsburger Patrizier in Auftrag gegeben wurde, sagt die Kuratorin Eva Leistenschneider.
"Das erste erhaltene Werk, das diese italienischen Einflüsse zeigt, ist der Bieselbacher Altar von 1510, der für deutsche Verhältnisse ein traditionell gearbeiteter Flügelalter ist, bei dem wir aber italienische Motive wie Putten, Füllhörner oder Fruchtgirlanden finden. Die Frage, wie sich das bei Mauch verhält mit den Renaissance-Einflüssen, ist schwer zu beantworten, weil wir bei ihm keine ganz stringente Entwicklung haben. Es sieht zumindest in den ersten 20 Jahren so aus, als würde er sporadisch da, wo der Auftraggeber es verlangt, mit solchen Versatzstücken arbeiten ... "
Mauch war also durchaus offen für aktuelle Moden; in Kleidung und Gesichtszügen seiner religiösen Figuren zeigt sich bisweilen ein zeitgenössischer Realitätsanspruch, dann wieder wird die Antike zitiert. Vor allem bei den Reliefs, etwa den Passionszyklen, sehen wir technische Neuerungen und Raumdifferenzierungen: So wird unter dem italienischen Einfluss nun deutlich in Vorder- und Hintergrund unterschieden.
Eigentliche Sensation und Zentrum der Schau aber sind Mauchs Kleinplastiken. Als sich religiöse Kunst nicht mehr absetzen ließ, verlegte sich Mauch, wohl schon in Ulm, auf kleinformatige Figuren, die – unter dem Vorwand biblischer, mythischer oder allegorischer Themen – den Menschen in all seiner Erotik oder auch Hinfälligkeit, jedenfalls aber nackt zeigen. Natürlich ist Mauchs nackte Alte mit ihrer schlaffen Haut und ihren Hängebrüsten eine ironische Paraphrase der Venus pudica und eine Variation des Vanitas-Motivs, und nur ein humanistisch gebildeter Patrizier konnte solche Feinheiten verstehen; aber solche virtuos geschnitzten Kleinst-Figuren ließen sich eben auf Vorrat arbeiten und bei Geldmangel auch schnell verkaufen.
In Lüttich hat Mauch dann auch in Stein gearbeitet und ist in Kontakt mit dem Manierismus gekommen; aber er hat seinem Ulm wohl nachgetrauert, wo er mit seinen zahlreichen Figurengruppen der heiligen Sippe und vor allem mit den holzbelassenen Altären seine wichtigsten Arbeiten schuf.