
Israel habe seit Beginn des Krieges die Lieferung von zwei Millionen Tonnen Hilfsgütern ermöglicht, sagte Netanjahu. Allerdings seien viele Lastwagen auf dem Weg zu den Verteilzentren geplündert worden. Israels Außenministerium erklärte, der Bericht basiere auf falschen Angaben der Terrororganisation Hamas.
Zuvor hatte die internationale Initiative IPC für einen Teil des Gazastreifens eine Hungersnot erklärt. Die Initiative, die für die Einstufung der Ernährungssicherheit weltweit zuständig ist, teilte mit, die Kriterien seien erfüllt. Die Kämpfe im Gebiet von Gaza-Stadt gehen unterdessen weiter.
Nach den Daten von IPC ist Gaza-Stadt von der Hungersnot betroffen. Die Lage dort werde sich bis Ende September voraussichtlich auf die Provinzen Deir al-Balah und Khan Yunis ausweiten, so die Experten. UNO-Menschenrechtskommissar Türk sagte, die Hungersnot in Gaza sei eine direkte Folge der Maßnahmen der israelischen Regierung. Todesfälle durch Hunger könnten ein Kriegsverbrechen darstellen.
Bundesentwicklungsministerin Alabali Radovan forderte erneut eine Verbesserung der Hilfsmaßnahmen. Der Bericht der zuständigen IPC-Initiative zeige die katastrophale Lage in Gaza, erklärte die SPD-Politikerin. Der derzeitige Zugang der Betroffenen zu Hilfslieferungen reiche bei weitem nicht aus, betonte Alabali Radovan.
Hungersnöte nur wenige Male bestätigt
Hungersnöte können punktuell auftreten, manchmal auch nur in kleinen Regionen, daher ist eine formale Klassifizierung manchmal schwierig. Die Initiative hat nur wenige Male eine Hungersnot bestätigt – in Somalia 2011, im Südsudan 2017 und 2020 sowie im vergangenen Jahr in Teilen der westsudanesischen Region Darfur. Im Gazastreifen bestätigt sie das erste Mal eine Hungersnot im Nahen Osten.
Die IPC-Initiative wurde 2004 während einer Hungersnot in Somalia gegründet. Ihr gehören mehr als ein Dutzend UNO-Organisationen, Hilfsorganisationen, Regierungen und andere Einrichtungen an.
Offensive geht weiter
Die israelische Armee rückt weiter auf Gaza-Stadt vor. Man habe weitere Vororte unter Kontrolle gebracht, erklärte ein Sprecher der Streitkräfte. Bei israelischen Angriffen in anderen Teilen des Gazastreifens gab es nach palästinensischen Angaben weitere Todesopfer. Mindestens sieben Menschen wurden demnach in der Nähe einer Verteilstelle für Hilfsgüter erschossen. Aus Chan Junis im Süden des Palästinensergebiets wurden mehrere Todesopfer nach Luftangriffen gemeldet. Die israelische Armee erklärte, man prüfe die Berichte.
Netanjahu: Zu Verhandlungen bereit
Israel will nach Angaben von Premierminister Netanjahu umgehend Verhandlungen über die Freilassung aller Geiseln und eine Beendigung des Gaza-Krieges aufnehmen. Letzteres müsse aber zu für Israel annehmbaren Bedingungen geschehen, sagte Netanjahu bei einem Truppenbesuch im Gazastreifen.
Der Premierminister nannte unter anderem die Freilassung aller noch verbliebenen Geiseln in der Gewalt der militant-islamistischen Hamas. Am Montag hatte die Hamas einem Vorschlag der Vermittler Ägypten, Katar und USA zugestimmt, der eine 60-tägige Waffenruhe und die Freilassung zunächst eines Teils der Geiseln vorsieht.
Nouripour: Stopp von Waffenexporten an Israel ist kurzsichtig
Bundestagsvizepräsident Nouripour kritisierte den von Bundeskanzler Merz verkündeten teilweisen Stopp von Rüstungsexporten nach Israel. Der Grünen-Politiker sagte den Zeitungen der Funke-Mediengruppe, die Entscheidung klinge bei der verheerenden Lage in Gaza nachvollziehbar. Auch in seiner eigenen Partei fänden sie viele richtig. Sie sei aber kurzsichtig und nur Symbolik für das eigene Publikum. Deutsche Waffen spielten im Gaza-Krieg keine Rolle - durch den Verzicht auf die Lieferungen würde keinem Kind in Gaza geholfen.
Diese Nachricht wurde am 22.08.2025 im Programm Deutschlandfunk gesendet.