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Organisation ist alles

Die Umstellung auf Bachelor und Master sorgte für viele Protestaktionen seitens der Studierenden. Der Verbesserungsbedarf ist enorm, beispielsweise beim Zwei-Fach-Bachelor. Darüber wurde in Münster kräftig gestritten.

Von Nicole Albers | 03.11.2009
    "Ich sehe keinen Sinn darin, Studierende in jeder Veranstaltung pflichtgemäß zu halten, in einer Vorlesung zu sagen, du muss hier sitzen, ist total absurd."

    "Es könnte ganz viel Wind rausgenommen werden, wenn in den Semesterferien stärker Blockseminare angeboten würden."

    "Ich frage mich, warum kann man nicht an der Schraube viel schneller ein Ergebnis erreichen."

    Rund 100 Studierende, Dozenten und Studienberater der Westfälischen-Wilhelms-Universität in Münster lieferten sich eine überaus engagierte Diskussion. Dabei ging es um die Zwei-Fach-Bachelor-Studiengänge. Allein in Münster betrifft das über 5600 Studierende. Die Prorektorin für Lehre Marianne Ravenstein hatte zusammen mit der Senatskommission für Studienreform zu der Diskussion geladen, denn die Universität sieht erheblichen Verbesserungsbedarf.

    "Wenn Studierende zwei gleichgewichtige Fächer studieren, müssen sie diese Kombi auf die Einhaltung der Regelstudienzeit von sechs Semestern einwandfrei kombinieren können und das kann Probleme verursachen."

    Und tut es offensichtlich auch. 35 Fächer können studiert werden, daraus ergeben sich rund 600 verschiedene Kombination, und die sorgen vor allem bei den Orchideenfächern für Schwierigkeiten. Katarina hat das am eigenen Leib erfahren, sie studiert im fünften Semester Arabistik und Ökonomik.

    "Ich hatte vor allem in den ersten Semestern große Probleme, die beiden Fächer zu kombinieren, was daran lag, dass ich in Arabistik Anwesenheitspflicht beim Sprachkurs hatte und gleichzeitig eine Pflichtveranstaltung lag, auf die viele anderen Module aufgebaut haben in Ökonomik, sodass ich diese Pflichtveranstaltung erst zu einem späteren Zeitpunkt absolvieren konnte."

    Aus diesem Grund hatte sie in den ersten Semestern relativ wenig Wochenstunden, jetzt dafür umso mehr. Ihr Kommilitone Rasmus hat die Hoffnung bereits aufgegeben, dass er seinen Abschluss in der Regelstudienzeit erreichen wird, dank seiner Fächerkombination aus Germanistik und Musikwissenschaften.

    "Bei mir ist es so, dass ich es nicht unter vier Jahren schaffen werde, weil es einfach untereinander Kollisionen gibt, dass Kurse nicht belegt werden können, weil sie mit anderen Kursen kollidieren und wenn man das Ganze mit einem Nebenjob kombinieren muss, dann geht es gar nicht mehr."

    Aber auch Studierende der sogenannten großen Fächer wie etwa Deutsch und Geschichte sind unzufrieden. So halten Jan und Polly das ganze System für viel zu starr.

    "Was auffällig ist, wie hoch der Grad an Modalisierung ist, wie verschult das Ganze ist. In Germanistik zum Beispiel habe ich keine Themen ausgewählt, sondern nur Dozenten und Termine. Das hat mich gestört."

    "Ich wäre für mehr selbstbestimmtes Lernen, weil, wenn man sich für etwas interessiert, kann man viel mehr investieren und liest gern mal freiwillig zuhause ein Buch, und kann sich mehr Wissen aneignen, als wenn man in der Uni nur das machen muss, was einem vorgesetzt wird."

    Auch vielen Dozenten ist der Bachelor ein Dorn im Auge, wie etwa Siegfried Echtdorf, Studiendekan in Mathematik und Informatik. Mehr noch, er hält das System teilweise für eine Farce.

    "Eine Problematik ist, dass man zwei Fächer in sehr kurzer Zeit studieren soll, wo natürlich die Tiefe sehr stark drunter leidet. Wir versuchen die Inhalte darein zu packen, dass wir das Gefühl haben, sie haben wenigstens irgendetwas Vernünftiges gelernt, was dazu führt, dass man zu viel reinpacken möchte, dass das Studium schnell überlastet ist."

    Neben dem vielen Unmut wurden aber auch Lösungsvorschläge formuliert, wie etwa eine mögliche Abschaffung von Pflichtveranstaltungen, Masterstudiengänge, die auch im Sommersemester aufgenommen werden können, und bessere Absprachen der Fächer untereinander. Prorektorin Marianne Ravenstein war zum Ende der Veranstaltung sichtlich erschöpft, aber auch begeistert.

    "Auf jeden Fall wird der Diskussionsprozess fortgeführt auf Ebene der Senatskommission, und auch auf Ebene anderer Gremien, ich denke schon, dass wir so eine öffentliche Diskussion brauchen."

    Allerdings äußerte Jörg Rosteck vom Asta bereits Bedenken, ob denn den vielen Worten auch Taten folgen. Denn in der Vergangenheit wurden diese Probleme schon häufiger angesprochen,

    "Danach ist dann etwas passiert, aber das waren immer kleine Pflästerchen auf große Wunden und ich und der Asta, wir haben die Befürchtung, dass das so weitergeht."