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Orientierung im Studiendschungel der Techniker

Um die hohe Zahl der Studienabbrecher in naturwissenschaftlichen Fächern zu senken, hat die Hochschule Offenburg das Programm StartING ins Leben gerufen: ein praxisorientiertes Einstiegsseminar, das Studienanfängern Orientierung und Qualifizierung gleich zu Beginn bietet.

Von Ulrike Liszkowski | 12.01.2013
    Orientierung im Dschungel der Studiengänge, damit geht es los. Denn ein falsch gewählter Studiengang ist oft schon der Anfang vom Ende, sagt StartING-Programmleiter Tobias Felhauer von der Hochschule Offenburg

    "Die Abbruchquote in den Ingenieurwissenschaften ist erfahrungsgemäß relativ hoch. Erstaunlicher Weise sind das wenige, die ihr Studium abbrechen müssen aufgrund mangelnder Leistungen, sondern ein ganz großer Teil bricht das Studium ab aufgrund von Fehlorientierung. Wenn Sie auf die Webseite ‚Studienwahl.de‘ gehen von der Arbeitsagentur, dann sehen Sie, dass es in Deutschland 16.000 verschiedene Studiengänge gibt. Und selbst innerhalb der Ingenieurwissenschaften sind es noch mehr als 3000 Studiengänge. Warum wir StartING eingeführt haben, dass wir den Studierenden Orientierung geben in diesem Dschungel an Ingenieurstudiengängen."

    StartING ist ein dem Ingenieurstudium vorgeschaltetes, vollwertiges Semester. Die Studierenden lernen Grundlagen und Schlüsselqualifikationen und sie bekommen Einblick in 11 verschiedene Ingenieurstudiengänge. Oliver Kilzer ist als ausgebildeter Mechatroniker an die Hochschule Offenburg gekommen und hätte wohl auch Mechatronik oder Maschinenbau studiert. Das Orientierungssemester hat ihn nun zur Medizintechnik gebracht.

    "Mir konnte eigentlich nichts Besseres passieren als das. Man besucht viele verschiedene Firmen und sieht, was man dann wirklich am Ende mit seinem Studiengang tatsächlich macht. Und man ist durch jede Fakultät gegangen, hat Versuche gemacht, wie viel Mathe, wie viel Physik hab ich da vor mir. Hat einen richtig guten Start hier ins Studium gegeben. Und durch das, dass man sich Prüfungsleistungen anrechnen lassen kann, hab ich es jetzt viel, viel leichter im ersten und zweiten Semester."

    Extrastunden in Mathematik, Physik und Elektrotechnik bietet das Einstiegssemester. Die Credits werden im Folgestudium anerkannt. Auch Methodenkompetenzen wie wissenschaftliches Arbeiten, Zeit- und Projektmanagement oder effiziente Lerntechniken bekommen die Studierenden mit auf den Weg.

    Was ihnen all das letztlich bringt, wird noch analysiert, auch von der Hochschule Informations System GmbH HIS in Hannover. Die Hochschule Offenburg hat aber schon erste Befragungen gemacht. Programmleiter Tobias Felhauer:

    "Was wir analysiert haben zum Beispiel: dass sich die Abbruchquote derjenigen, die vorher startING gemacht haben, halbiert hat. Die Zahl präzise lautet an der Hochschule Offenburg nach zwei Studiensemestern Ingenieurwissenschaften: 28 Prozent, während von denjenigen, die vorher startING gemacht haben, nur 14 Prozent ihr Studium aus irgendwelchen Gründen beendet haben."

    Die Unterstützung zu Beginn des Studiums hilft offenbar. Aber auch darüber hinaus bietet die Hochschule Offenburg im sogenannten MINT College eine engmaschige Studienbetreuung an. Prorektor Thomas Breyer-Mayländer

    "Wenn wir Studierende hier neu aufnehmen, dann müssen wir für Voraussetzungen sorgen, dass die dann am Ende auch erfolgreich studieren können. Das geht nicht über das Absenken des Ausgangsniveaus, das geht nur über mehr Unterstützung während des Studiums. Und da haben wir zusätzliche Professoren. Wir haben aber auch Mathematikzimmer, Physikzimmer – dann muss ich mich nicht gegenüber meinen Dozenten offenbaren, ich hab’s nicht verstanden, aber ich bekomme qualifizierte Unterstützung. Dann Schulungen im Bereich Rhetorik, im Bereich Verhandlungstechnik. Und ‘ne ganze Reihe von Perspektiven gebenden Seminaren, was den Übergang in Richtung Beruf dann angeht."

    Wen sucht die Wirtschaft? Welche Qualifikationen sind gefragt? Und wie können Studierende diese erlernen? Diesen Fragen stellt sich die Hochschule Offenburg mit neuem Selbstverständnis. Einfach nur Studiengänge anbieten - das reicht nicht mehr.