"Es gibt maximal ein Element A, das auf das Element B abgebildet wird."
In einem kleinen Hörsaal auf dem Campus der Leibniz-Uni in Hannover geht es um Mathe-Analysis. Etwa 30 zukünftige Studierende von Wirtschafts- und Naturwissenschaften hören zu, etwa gleich viele Männer und Frauen. Tutor Pablo malt Kreise und Punkte an die Tafel, schreibt in Druckbuchstaben die Formeln darüber. Er erklärt an diesem Vormittag, was Injektivität bedeutet:
"Wenn f von A gleich f von B ist, impliziert dies auch A gleich B. Damit kann man jetzt nicht soviel anfangen, wenn man das das erste Mal hört."
Für die 30 Anwesenden ist es zwar nicht ganz neu, aber doch noch nicht ganz klar, wie die kurze Umfrage im Saal belegt:
"Hier mal ein Versuch." - "Keine Chance." - "Und hier?" - "Ungern. Ungern, ne."
Sicherheit gewinnen - Kenntnisse auffrischen
Die meisten hier haben gerade das Abi gemacht, wollen zum Studienbeginn in wenigen Wochen ihre Kenntnisse auffrischen und Sicherheit gewinnen. Sie gehören zu den insgesamt 450 Kursteilnehmern, für die spezielle Mathe- und Physikkurse in drei verschiedenen Schwierigkeitsstufen angeboten werden, von linearer Algebra bis Trigonometrie. Das Konzept geht auf:
"Ich habe schon seit viereinhalb Monaten keinen Matheunterricht mehr und es ist eine schöne Wiederholung, eine Erweiterung." - "In den ersten vier Tagen habe ich auf jeden Fall schon eine Menge gelernt, auch was ich nicht in der Schule hatte, und auch nette Leute kennengelernt." - "Es hilft mir extrem gut, hier schon ein paar soziale Kontakte zu knüpfen."
Den Unterricht gestalten studentische Tutoren, die ihrerseits erste Lehr-Erfahrungen sammeln. Pablo studiert Physik im 11. Semester und unterrichtet hier im dritten Sommer. Von der Uni hat er ein Skript für den Unterricht bekommen, aber er kann auch frei gestalten:
"Insofern ist man frei, dass man das Tempo so gestalten sollte, dass am Ende alle mehr oder weniger gut Bescheid wissen über die Inhalte."
Zeitlicher Abstand zur Schule macht sich bemerkbar
Anfang September, am Ende der drei Kurswochen, gibt’s eine Evaluation – über die Qualität der Lehre, aber nicht für Leistung der Studierenden. Denn die Vorbereitungskurse sind keine verkappte Tauglichkeitsprüfung. Sie dienen der eigenen Orientierung.
"Und in diesen drei Wochen wird vor allem Schulmathematik wiederholt – und es wird auch ein kleiner Ausblick ins Studium gegeben", erklärt der Mathematiker Florian Leydecker, wissenschaftlicher Leiter des Programms. Was Leydecker neben notwendigem Basiswissen auch vermitteln will, ist Begeisterung für sein Fach:
"Dass man von einem höheren Abstraktionsgrad aus die ganzen Dinge noch mal betrachtet, und ich auch sehr spannend finde, ist, dass alles von Grund auf bewiesen wird. Es ist alles logisch, es passt alles zusammen, das hat mir persönlich immer viel Freude bereitet."
Eine Herausforderung für die Lehrenden sind die unterschiedlichen Voraussetzungen der Teilnehmer. Ob sie ihr Abi nach acht oder neun Jahren gemacht haben, sei nicht so wichtig. Was sich aber sehr bemerkbar mache, sei der zeitliche Abstand zur Schule.
"Das sind zum einen Leute, die noch zum Teil ein FSJ gemacht haben, die zum Beispiel bei der Bundeswehr waren, oder die auch eine Ausbildung gemacht haben. Die müssen – naturgemäß – mehr Mathematik wiederholen. Weil ein Teil davon doch verschütt‘ gegangen ist."
Brücke zwischen zwei Welten
Die inhaltliche Vorbereitung aufs Studium wird ergänzt durch Informationen zur Orientierung an der Uni und im Studentenleben. Dem Erstsemester-Guide, betreut von Swantje Ludwig:
"Was hat dann mehr so einen Workshop-Charakter: Wie organisiere ich meine Arbeit gut an der Uni, wie finde ich mich zurecht, und wie finde ich gut in den Arbeitsprozess, dass ich eben viel selbstständig lernen muss und mir erarbeiten muss – damit beschäftigen wir uns im Ersti-Guide."
Der uni:fit-Kurs ist nur einer unter vielen Angeboten der Universität – aber einer der erfolgreichsten und etabliertesten. Was die Organisatoren besonders freut:
"Die meisten, die bei uns als studentische Hilfskräfte jetzt arbeiten in den Schülerprojekten sind tatsächlich Leute, die auch Unifit schon mitgemacht haben."
Die Kurse sind eine gute Vorbereitung der Teilnehmer auf die Uni, und umgekehrt: Auch der Uni auf die Teilnehmer. Was erreicht wird, ist im Idealfall eine Brücke zwischen zwei Welten, die sonst nicht verbunden sind: Die der Schule mit der der Universität.