Ein kurzes Video des Harvard-Doktoranden Sam Felton zeigt, wie er Batterien an etwas anschließt, das aussieht wie ein dickes Blatt Papier, überzogen mit Klarsichtfolie. Sobald Strom fließt, faltet sich daraus langsam eine dreidimensionale Struktur auf. Nach fünf Minuten ist wie von selbst eine Art Origami-Kröte entstanden und sie kriecht - naja, es sieht eigentlich eher aus wie ein Hoppeln - aus dem Bild. Sam Felton:
"Wir verwenden einen Verbund aus Memory-Kunststoff an den beiden Außenseiten, darunter jeweils eine Schicht festes Papier. In der Mitte befindet sich ein beweglicher, aufgedruckter Schaltkreis. Wenn der mit Strom versorgt wird, heizt er sich auf - wie bei einer Glühlampe. Die Hitze sorgt dafür, dass sich der Kunststoff zusammenzieht. Weil er mit dem Papier verbunden ist, zieht er am Papier und faltet es."
Das ganze ähnelt einem Papierbastelbogen, aus dem Teile ausgestanzt und auf dem Knicke durch Rillen vordefiniert sind - oder durch Einritzen mit Schere und Lineal vordefiniert werden. Sam Felton und sein Team benutzen dafür einen Lasercutter. Jede Schicht - Leiterbahnen, Papier und Kunststoff - haben sie einzeln damit zurechtgeschnitten und dann aufeinander geklebt. Vor dem Falten erinnert die Form an einen Schmetterling. Rechts und links der Mittelachse sitzen zwei kleine Elektromotoren und Batterien, dazu ein Mikrocontroller. Der arbeitet ein Programm ab, und steuert so das Auffalten und anschließend die Bewegung der vier Beinchen. Sam Felton:
"Das Falt-Programm ist recht einfach. Es legt im Prinzip einen Schalter für bestimmte Knicke um, wartet 60 Sekunden und macht den Schalter wieder aus. Dann wartet es 20 Sekunden zum Abkühlen und drückt dann den nächsten Schalter."
Wo die Knicke entstehen, haben die Forscher das Material präpariert. Durch gezieltes Wegschneiden und Stehenlassen von Papier und Kunststoff in den einzelnen Schichten können sie festlegen, in welche Richtung und wie stark das Material geknickt wird. Bis auf wenige Grad genau können die Wissenschaftler die Winkel festlegen. So lassen sich komplexe Formen falten wie die Roboter-Kröte. Doch wie faltet man einen Roboter? Dabei hilft ein Programm namens Origamizer, zu deutsch Origamifizierer. Es wurde an der Universität Tokio entwickelt. Am MIT arbeitet Erik Demaine damit:
"Jeder Polyeder, also jede 3D-Form, die aus ebenen Flächen zusammengesetzt ist, lässt sich mit der Software aus einem flachen Blatt erstellen. Sie erstellt automatisch Falt-Anleitungen."
Demaine hat zwar ein Computerprogramm den Faltplan erstellen lassen - und um den Roboter zu falten sind auch nur rund 30 Knicke notwendig, das heißt aber nicht, dass es leicht war, den Faltroboter zu entwerfen. Zu den komplizierteren Herausforderungen gehörte etwa, den Bewegungsmechanismus zu realisieren. Schließlich müssen die Drehbewegungen der beiden Elektromotoren in ein Vor- und Zurückschieben der vier Beine übersetzt werden - allein durch eine Faltkonstruktion. Ein weiteres Problem schildert Sam Felton:
"Die Hitze, die wir nutzen, um das Material zu knicken, kann sich relativ gut in dem Verbundmaterial ausbreiten. Deshalb mussten wir versuchen, die heißen Kanten von der empfindlichen Elektronik zu trennen, um Hitzeschäden zu vermeiden."
40 Roboter haben die Ingenieure in der Entwicklungsphase gebaut. Ein paar davon sind beim Falten abgebrannt. Der Schaden: minimal. Das Grundmaterial koste 15 Euro, die Elektronik 60 Euro, sagt Felton. Die Geräte wie der benötigte Lasercutter hätten umgerechnet gut 8.000 Euro gekostet. Die Entwicklungskosten und Stückpreise sind also gering. Die Wissenschaftler glauben deshalb, dass ihre Faltroboter dazu beitragen können, Roboter für jeden erschwinglich zu machen. Sie stellen sich vor, dass es in Zukunft Läden gibt, in denen man sich einfache Roboter für seine Wunschfunktion erstellen lassen kann. Robert Wood, der Leiter des Microrobotics Labs in Harvard, denkt aber auch an Hightech-Anwendungen:
"Ich glaube diese Technik hat großes Potenzial, weil sie leicht einsetzbar ist. Etwa im Weltraum, bei Rettungseinsätzen oder in gefährlichen Situationen."
Neben den geringen Kosten hat die Falttechnik weitere Vorteile: Zum einen lassen sich die Roboter einfach transportieren, wenn sie flach zusammen gefaltet sind. Zum anderen sind sie gleichzeitig leicht und stabil. Denn durch die richtige Falttechnik lassen sich nicht nur beliebige Formen bauen. Ein Knick an der richtigen Stelle kann auch die Stabilität der Konstruktion erhöhen. Damit wollen sie sich in Harvard und am MIT in Zukunft intensiver beschäftigen, außerdem stehen Experimente mit anderen Materialkombinationen an. Ein Ziel sind Roboter, die sich auch wieder in ihre zweidimensionale Form zurückverwandeln können. Bisher ist der Faltprozess nicht umkehrbar.