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OSIRIS-REx Mission
Bodenproben von Asteroiden

Vom US-Raketenbahnhof Cape Canaveral aus hat in der vergangenen Nacht eine Atlas-5-Rakete die Raumsonde OSIRIS-REx ins All geschossen. In sieben Jahren soll die Kapsel zurückkehren - dann mit Material eines Asteroiden: Erstmals versucht die NASA, entnommene Bodenproben eines solchen Gesteinsbrockens zurück zur Erde zu fliegen, damit Wissenschaftler sie in irdischen Labors analysieren können.

Von Guido Meyer | 09.09.2016
    Der Start der OSIRIS-REx von der Cape Canaveral Air Force Station in Florida am 8. September 2016.
    Der Start der OSIRIS-REx von der Cape Canaveral Air Force Station in Florida am 8. September 2016. (NASA/Joel Kowsky/dpa picture alliance)
    Sternschnuppen - das sind die Überreste von Meteoriten. Meistens verglühen sie in der Atmosphäre. Doch selbst die wenigen, die es bis hinunter auf die Erde schaffen, sind wissenschaftlich uninteressant. Was Astronomen bräuchten, sei Gestein direkt aus dem All, so Joseph Nutt, der Deputy Project Scientist für die Mission OSIRIS-REx bei der amerikanischen Raumfahrtbehörde NASA:
    "Die OSIRIS-REx-Mission wird ein Stück eines ursprünglichen Asteroiden entnehmen, der unkontaminiert ist von Wechselwirkungen mit der irdischen Atmosphäre. Denn die Meteoriten, die wir hier auf der Erde finden, sind womöglich Verbindungen mit irdischen organischen Substanzen eingegangen. Sie sind nicht ursprünglich."
    Osiris - so heißt der ägyptische Gott des Jenseits, der Wiedergeburt und des Nils. Das ergibt für eine Raumfahrtmission nicht sonderlich viel Sinn. Der Name ist aber auch eine Abkürzung, und zwar für Origin Spectral Interpretation Resource Identification Security Regolith Explorer. Es geht also um den Ursprung der Materie des Sonnensystems und um die Entnahme von Regolith, Staubproben eines Asteroiden also.
    OSIRIS-REx-Sonde vom Rüstungs- und Raumfahrtkonzern Lockheed Martin
    "Es wird etwa anderthalb Jahre dauern, ehe wir den Asteroiden erreicht haben. Dann werden wir weitere 18 Monate damit verbringen, ihn zu kartieren und eine Stelle auszusuchen, von der wir Proben entnehmen sollen."
    Humberto Campins von der University of Central Florida kann die Ankunft von OSIRIS-REx am Asteroiden Bennu kaum erwarten. Im August 2018 wird die Sonde ihr Ziel erreichen. Ein Jahr später soll sie damit beginnen, Flugmanöver durchzuführen, die dann eine Probenentnahme ermöglichen, erklärt James Crocker aus der Abteilung Sensing and Exploration Systems beim Raumfahrtkonzern Lockheed Martin, der die Sonde gebaut hat:
    "Wir werden den Asteroiden zunächst eine Zeit lang begleiten, bevor wir mit der Annäherung beginnen. Dann werden wir eine Art Anti-Staubsauger zum Einsatz bringen. Dazu wird die Sonde Material auf den Asteroiden blasen. Alles, was sich dabei von der Oberfläche löst, wird aufgesaugt."
    Osiris-REx und Asteroid Bennu auf einer Illustration der NASA
    Osiris-REx und Asteroid Bennu auf einer Illustration der NASA (NASA_s Goddard Space Flight Center/Conceptual Image Lab/dpa picture alliance)
    Dieser "Anti-Staubsauger", der am Ende eines Rohres unterhalb der Sonde angebracht ist, kann also blasen und saugen. Schritt eins: Stickstoff wird aus dem Rohr auf den Asteroiden geblasen, erklärt Alexander May, der bei Lockheed Martin für diesen Teil der Mission zuständig ist:
    "Unser Mechanismus der Probenentnahme sieht vor, dass Gas auf die staubige Oberfläche des Asteroiden strömt und dort Verwirbelungen verursacht. In einem zweiten Schritt fängt ein Filter alle auffliegenden Teilchen auf, die ins Vakuum des Weltraums entweichen wollen."
    Siebenjährige Mission mit fünfsekündigem Höhepunkt
    Es ist also nicht wirklich eine "Landung auf einem Asteroiden", die die NASA hier wagen will. Es ist eher eine Art Kontaktaufnahme über einen Periskoparm. Ob dieses Szenario gelingt, hängt ab von der Oberflächenstruktur Bennus. Und die ist unbekannt, gibt Alexander May zu Bedenken:
    "Wir müssen nur für einige Sekunden Kontakt mit dem Asteroiden herstellen, um unsere Proben zu bekommen. Ist seine Oberfläche hart, wird die Sonde gleich wieder von ihm abprallen. Ist sie aber weich, wird das Raumschiff ein wenig einsinken. Dann werden wir es mit den Triebwerken wieder vom Asteroiden weg lenken. So oder so wollen wir fünf Sekunden nach der Probenentnahme den Antrieb zünden und eine sichere Parkposition in der Nähe des Asteroiden einnehmen."
    Und dann heißt es nachschauen - und nachzählen. Mindestens sechzig Gramm Asteroidenmaterial hoffen die Wissenschaftler im Filter von OSIRIS-REx zu finden und zur Erde zu transportieren. Die Heimreise soll OSIRIS-REx dann im März 2021 antreten. Mit mehr als tausend Kilometer pro Stunde wird die Sonde auf einer kreisförmigen Bahn um die Sonne zurück zur Erde fliegen. Zurückerwartet wird sie im September 2023. Eine siebenjährige Mission mit fünf Sekunden Höhepunkt - und viel Wartezeit dazwischen. Aber das sind Ingenieure und Forscher bei Weltraummissionen ja gewohnt.