Montag, 06. Mai 2024

Archiv

Ost-Ukraine
Ein Jahr zwischen Krieg und Friedenshoffnungen

Es begann vor einem Jahr mit der Ausrufung der Volksrepublik Donezk in der Ost-Ukraine: Seitdem bekämpfen sich die von Russland unterstützten Rebellen und die Zentralregierung militärisch. Der eigentlich in Minsk vereinbarte Waffenstillstand steht bis heute auf tönernen Füßen.

Von Markus Sambale | 07.04.2015
    Ein Kämpfer der prorussischen Separatisten geht in der Provinz Donezk über einen zerstörten Marktplatz.
    Ein Kämpfer der prorussischen Separatisten in der Provinz Donezk (picture alliance / dpa / Dan Levy)
    Ihre Lieder hatte die sogenannte Volksrepublik Donezk früh. Zum Beispiel dieses hier, das vor einem Jahr in der Ost-Ukraine immer wieder zu hören war. Es begann im April des vergangenen Jahres. Bewaffnete Männer stürmten die Provinzverwaltung in Donezk, besetzten das Gebäude, hissten russische Fahnen – und forderten den Anschluss der Region an Russland. Sie waren von niemandem gewählt und erklärten trotzdem heute vor einem Jahr:
    "Wir sind uns der Verantwortung vor den Wählern und den zukünftigen Generationen der Region Donezk bewusst. Wir handeln im Rahmen der Menschenrechte und der internationalen Gesetze. So hat der Republikanische Rat beschlossen, die Souveränität der Volksrepublik Donezk auszurufen."
    Nicht nur in Donezk, auch in anderen Städten der Ost-Ukraine besetzten bewaffnete Gruppierungen Verwaltungsgebäude und Polizeistationen, errichteten Checkpoints.
    Wer waren diese Leute, die sich selbst als Bürgerwehr bezeichneten, die Kiew aber als von Moskau gesteuerte Terroristen bekämpfte? Tatsächlich waren von Anfang an viele Russen unter ihnen, einige aus russischen Geheimdienstkreisen. Einer der Verantwortlichen prahlte später damit, ohne ihn hätte es den Krieg nicht gegeben, er habe den Auslöser gedrückt.
    Russland betreibt keine Annexion
    Russland trieb aber – anders als bei der Krim – keine Annexion voran. Wladimir Putin achtete immer darauf, die Regionen als Teil der Ukraine zu benennen:
    "Was für eine Tragödie passiert dort gerade? Ich denke, das Hauptproblem ist, dass die heutige Kiewer Regierung keinen umfassenden politischen Dialog mit dem Osten ihres eigenen Landes führen will."
    Verhandlungen hatten monatelang keine Chance. Ganze Landstriche wurden zu Kampfzonen. Mehr als 6.000 Menschen starben. Auf Seiten der Rebellen kämpften auch zahlreiche russische Soldaten, wie Berichte von Augenzeugen und Journalisten belegen. Moskau bestreitet das bis heute.
    Die Rebellenchefs in Donezk, die zuerst vor allem aus Russland kamen, wurden von Ost-Ukrainern abgelöst. Einer von ihnen ist Alexander Sachartschenko, der sich entschlossen gibt:
    "Egal, wie viele amerikanische oder europäische Waffen in die Ukraine geliefert werden – wir haben gekämpft und werden auch weiter kämpfen. Die Wahrheit, der Herrgott und Russland sind mit uns!"
    Der im Februar vereinbarte Friedensplan von Minsk steht auf tönernen Füßen, auch, weil keine der Konfliktparteien ihr Ziel erreicht hat. Von einem funktionierenden Staatsgebilde, das die Separatisten mit ihrer Volksrepublik gern präsentieren würden, kann keine Rede sein. Und die ukrainische Regierung stemmt sich weiter gegen den Zerfall ihres Landes.