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Ost-Ukraine
Schwere Kämpfe um Donezk und Lugansk

Die Kämpfe in der Ost-Ukraine zwischen ukrainischen Regierungstruppen und prorussischen Separatisten gehen mit unverminderter Härte weiter. Auch zahlreiche Zivilisten wurden getötet oder verletzt.

Von Sabine Adler | 27.07.2014
    Russische Separatisten im Norden von Donezk
    Die Rebellen würden junge Männer zwingen, sich ihnen anzuschließen, berichten Einwohner aus Donezk. (AFP/BULENT KILIC)
    Donezk und Lugansk sind derzeit die am meisten umkämpften Städte in der Ost-Ukraine. Bewohner von Donezk werden im Internet aufgefordert, keinesfalls auf die Straße zu gehen, wenn sie in Vierteln am Stadtrand wohnen. Wer die Stadt nicht verlassen kann, soll versuchen, weiter im Stadtzentrum unterzukommen. Unter der ukrainischen blau-gelben Flagge würden die Separatisten Wohnviertel unter Beschuss nehmen, um die Regierungstruppen zu diskreditieren, warnen Armeesprecher.
    Mit wessen Granaten auf unsere Häuser geschossen wird, ist nicht mehr wichtig, wenn sie am Ende zerstört sind, kommentierte eine nach Kiew geflohene Einwohnerin aus Donezk die Warnung der Armee.
    In etlichen Wohngebieten von Donezk ist die Energieversorgung ausgefallen, die Wasserversorgung ist seit Wochen immer wieder unterbrochen. Die Bahn fährt nicht, nur mit sogenannten Marschroutkas, Sammeltaxen, kann man die Stadt verlassen. Der Sprecher der Armee, Andrej Lisenko, meldet vier Tote und 20 verletzte Soldaten, als er über die Verluste seitens der Regierungstruppen informierte.
    Die Rebellen würden junge Männer zwingen, sich ihnen anzuschließen, berichten Einwohner aus Donezk übereinstimmend mit offiziellen Verlautbarungen von Regierungsseite.
    Tote und Verletzte in Lugansk
    In Lugansk, wo über 400.000 Menschen leben, sind seit Freitag neun Zivilisten getötet und 29 meist durch Schüsse verletzt worden. Im gesamten Bezirk ist die Stromversorgung zusammengebrochen. Die Bewohner hoffen, dass ein Stromproduzent wie angekündigt wenigstens stundenweise Energie liefert.
    Neun Bergwerke haben die Kohleförderung eingestellt, die ohne Energieversorgung nicht mehr sicher ist. Zwei Hochspannungsleitungen sind durch die Kämpfe beschädigt worden, 3000 Bergleute unter Tage mussten daraufhin die Schächte verlassen beziehungsweise dürfen nicht hinunter. Vor gut zwei Wochen hatten bereits vier Gruben wegen der bewaffneten Auseinandersetzungen in unmittelbarer Nähe die Arbeit eingestellt, ein Bus mit Bergleuten war in die Luft gesprengt worden, ein anderer wurde beschossen. Derzeit steht die Kohleförderung damit im gesamten Lugansker Gebiet still.
    In Krementschug Gedenken an Bürgermeister
    In Krementschug, wo gestern der Bürgermeister erschossen worden ist, legten viele Bürger am Tatort Blumen nieder.
    "Es ist so traurig, dass man so jemanden tötet. Das war so ein junger und energiegeladener Mann. Er hat so viel für unsere Stadt getan. Wir beerdigen ihn wie einen nahen Verwandten."
    Warum der Bürgermeister Oleg Babajew, der gerade in seinen Mercedes S 500 steigen wollte, getötet wurde, ist unklar. Er soll gute Chancen gehabt haben, demnächst Gouverneur der Region zu werden.
    Der russische Radiosender "Stimme Russlands" meldet, dass gestern Abend 40 ukrainische Soldaten übergelaufen sein sollen und sich jetzt auf russischem Territorium befinden. Quelle soll der Inlandsgeheimdienst FSB sein. Dessen Sprecher der Grenzverwaltung im Gebiet Rostow zufolge haben die Soldaten Samstagabend ihre Militäreinheit verlassen und sind an der ukrainischen Grenzstelle "Iswarino" aufgetaucht. Sie wollte Hilfe von den "Volkswehrleute", so bezeichnet Russland die ukrainischen Separatisten. Grund für die angebliche Fahnenflucht sei, dass sie nicht gegen das eigene Volk kämpfen wollen.
    Die Separatisten erlauben laut Aussage des malaysischen Premierministers ausländischen Polizisten den Zugang zu der Absturzstelle der Boeing 777. Die OSZE hat sich mit den prorussischen Milizen zudem darauf verständigt, dass 30 Gerichtsmediziner aus den Niederlanden ihre Arbeit aufnehmen können. Russland will vier Luftfahrtspezialisten in die internationale Expertengruppe entsenden, die den Absturzort untersucht, schreiben heute russische Nachrichtenagenturen.