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Ostpartnerschaftsgipfel
Die früheren Sowjetrepubliken zwischen der EU und Russland

Die EU betreibt ein Programm für östliche Partnerschaften, die nächste Konferenz findet nun in Vilnius statt. Russland ist strikt gegen dieses Programm - und die ehemaligen Sowjetrepubliken gehen somit ganz unterschiedlich mit der EU-Offerte um.

Von Sabine Adler | 28.11.2013
    Auch, wenn es ein schwerer Gang werden wird: Der ukrainische Präsident Janukowitsch kommt nach Vilnius. Sein Amtskollege in Minsk jedoch darf nicht, selbst wenn er wollte, wegen der Sanktionen, die die EU aus Protest gegen die Inhaftierung politischer Aktivisten gegen Alexander Lukaschenko und seine Clique verhängte. Einzig der weißrussische Außenminister Wladimir Makej ist zugelassen, obwohl sich sein Name ebenfalls auf der Liste befindet, doch die EU will den Gesprächsfaden nicht ganz abreißen lassen.
    Der weißrussische Politologe Wladimir Mazkjewitsch ist sich sicher, dass Lukaschenko an einer Vertiefung der Partnerschaft nicht das geringste Interesse hat. Das ist ganz im Sinne Moskaus. Russland hält von dem gesamten EU-Programm der östlichen Partnerschaft nichts und ließ das alle ehemaligen Sowjetrepubliken wissen, vor allem spüren. Doch eine Reihe von ihnen finden demokratische Reformen, einen Handelsraum ohne Zollschranken und Visa-Freiheit, mit der Aussicht einmal EU-Mitglied zu werden, durchaus attraktiv. Was sich nicht alle zu sagen wagen. Armenien knickte ähnlich wie die Ukraine ein, trat der Zollunion mit Russland bei. Georgien und Moldau jedoch nicht. Letzteres galt als Musterschüler für den Assoziierungsprozess, bis es Anfang des Jahres eine schwere Regierungskrise stürzte, die zeigte, wie fragil das politische System in Moldau ist. Statt der Unterzeichnung des Assoziierungsabkommens wird es mit Moldau und Georgien nur paraphiert.
    Mit der fehlenden Reife der Ukraine hatte Viktor Janukowitsch den Ausstieg begründet. Für den autokratisch regierenden Präsidenten Weißrusslands, Alexander Lukaschenko, war der Schritt seines Kiewer Amtskollegen vermutlich eine Genugtuung, offenbarte sie doch, dass Janukowitsch wie Lukaschenko Gesinnungsgenossen sind, die trotz aller wirtschaftlichen Repressionen Moskaus den Bund mit Russland bevorzugen.
    Trotz des Desinteresses der weißrussischen Führung und obwohl mit Minsk keine Verhandlungen geführt werden, profitiert die Opposition von der Östlichen Partnerschaft, bekommt umfangreiche Hilfe von der EU. Die wird dringend benötigt, denn derzeit erlaubt das Regime nicht einmal die Entstehung neuer Parteien. Den bisherigen wird das Leben schwer gemacht. Anatoli Lebedko von der Vereinigten Bürgerpartei:
    "Weißrussland ist Outsider in der Östlichen Partnerschaft. Was wir solange bleiben, wie die politischen Gefangenen nicht freigelassen und rehabilitiert werden. Und nicht endlich etwas stattfindet, das die Bezeichnung Wahlen verdient."
    Moldau hält genau wie Georgien dem Druck Russlands stand. Mit ihnen sind die EU-Assoziierungsverhandlungen wie mit der Ukraine abgeschlossen. Beide exportieren hauptsächlich Wein, der Kreml verbot Importe, weshalb sie neue Märkte suchen, außerhalb Russlands.
    Weißrussland, das seit Jahren am russischen Tropf hängt, konnte dagegen nicht einmal der sogenannte Kalikrieg im Sommer zum Umdenken bewegen. Kali ist, was für Russland Öl und Gas bedeuten. Der russischen Partner Ural-Kali war aus der gemeinsamen Vermarktungsgesellschaft ausgetreten, zum Nachteil des weißrussischen Unternehmens.
    Alexander Milinkewitsch, der als Präsidentschaftskandidat gegen Lukaschenko antrat, ist überzeugt davon, dass Wladimir Putin mit Janukowitsch genau so verfährt wie mit dem Minsker Amtskollegen: nämlich mit Erpressung und Einschüchterung. Dazu passt die Meldung, dass der Ukraine bislang weder ein bestimmtes Kreditvolumen noch ein niedrigerer Gaspreis zugesagt worden sind.
    Auch, wenn sich der weißrussische Oppositionelle eine andere Entscheidung der Ukraine gewünscht hätte: Er findet es richtig, dass die EU dem Kreml die Ukraine nicht abkauft und den Völkern abverlangt, sich bewusst für den Weg der EU-Assoziierung zu entscheiden, denn damit werde kein Bankscheck gewählt, sondern der Weg zu Reformen.