Das so genannte "Kolleg-Gebäude II" der Universität Freiburg: In einem winzigen Büro brummt das Faxgerät.
"Also, ich hab mich hier natürlich vor zwölf hingestellt, die Nummer eingegeben und dann 15 Sekunden vorher auf den Startknopf gedrückt. Und dann wählt er das Empfangsgerät genau um zwölf an."
Christian Schmitz, Mitte 20, vollschlank, Brillenträger – er arbeitet nach dem Jura-Studium als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Freiburg. Am Faxgerät gibt nochmals die Nummer ein, so wie damals, an jenem 21. Mai, um genau zwölf Uhr. Genau da begann die Akkreditierungsfrist für den kommende Woche beginnenden so genannten "Eurorettungsschirm-Prozess" vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe. Jung-Jurist Christian Schmitz wollte sicher sein, dass seine Akkreditierung als Erste in Karlsruhe ankommt. Doch: So schnell sein Faxgerät auch gewählt haben mag - ein anderes war schneller.
"Da sind wir ein bisschen zu spät gekommen."
Dieses Mal will Christian Schmitz nicht zu spät kommen. Von dem Büro mit dem winzigen Faxgerät bis zum Theatercafé gegenüber dauert es keine fünf Minuten; dort hat sich Christian Schmitz mit seinem Kollegen Robert Klotz verabredet. Beide arbeiten seit ihrem Jura-Abschluss als wissenschaftliche Mitarbeiter an der Uni Freiburg. Die kurze Wartezeit auf den Kollegen nutzt der Christian Schnitz, um zu erzählen, wie das genau war.
"Ich habe dann schon gemerkt: Da stimmt was nicht, das Fax ging nicht durch. Das Gerät musste die Wahlwiederholung einleiten, sodass es um eine oder zwei Minuten nach zwölf durchgekommen ist."
Innerhalb von zwei Minuten hatte das Bundesverfassungsgericht alle Publikumsplätze vergeben - das klingt befremdlich. Für den Normalbürger an sich stehen so wenig freie Stühle wie selten zuvor bereit.
"Wir haben für interessierte Bürger elf Plätze, die zur Verfügung stehen, und haben die Anmeldungen in der Reihenfolge ihres Eingangs berücksichtigt. Wir hatten angekündigt, dass um zwölf Uhr die Vergabe der Plätte beginnt. Und in der Tat waren um 12:02 Uhr alle Plätze vergeben."
Erklärt Bernd Odörfer, Sprecher des Bundesverfassungsgerichtes. Elf Plätze und keiner mehr - das bedeutete auch: Wer sein Fax zu spät abschickt, wie die Freiburger Jung-Juristen, muss entweder von vornherein draußen bleiben - oder auf eine riesige Portion Glück hoffen.
"Ja Robert, wann wird‘s denn losgehen? Ja, Mittwochmorgen wird's losgehen. Ich fahre los, in aller Herrgottsfrühe um fünf Uhr mit dem Zug nach Karlsruhe."
Robert Klotz kommt an den Tisch. Er hat tatsächlich Glück gehabt, bekam als Nachrücker gerade noch den letzten freien Platz. So groß die Freude darüber ist, so groß war zunächst die Enttäuschung über die Ablehnung.
"Da ist man im ersten Moment ein bisschen enttäuscht, sagt sich dann im zweiten Moment: Na gut, dann hat das halt nicht sollen sein."
Dabei trifft das Motto "Dabei sein ist alles" auf den kommenden Prozess in besonderer Weise zu, vor allem für angehende Jung-Juristen wie Christian Schmitz und Robert Klotz. Und das habe eher weniger damit zu tun, dass die beiden am Lehrstuhl von Dietrich Murswiek arbeiten. Der Jurist vertritt bei dem Eurorettungsprozess nämlich den CSU-Politiker Peter Gauweiler. Vielmehr ist es für Schmitz und Klotz eine einzigartige Gelegenheit, bei einem juristisch-politischen Lehrstück dabei zu sein:
Schmitz:
"Letztlich steht bei dem Prozess die Eurorettung zur Disposition und ob sich Deutschland daran beteiligen darf."
Klotz:
"Das Verfahren ist einfach von ganz hoher politischer Bedeutung und ein Verfahren, dass für ganz Europa eine Rolle spielt, eine wichtige Rolle spielt. Und vor diesem Hintergrund ist es einfach für uns generell ganz interessant, für uns als Bürger. Denn es betrifft uns ja letztlich irgendwie alle."
Dennoch bleibt's bei den gerade mal elf Publikums-Plätzen. Ein wichtiger Grund: Das Verfassungsgericht hat nicht nur Kläger und Beklagte, sondern derzeit eben auch die Handwerker im Haus. Gerichtssprecher Bernd Odörfer:
"Hierzu muss man wissen, dass unser Gebäude in der Innenstadt saniert wird. Während der Renovierung arbeiten wir übergangsweise am Stadtrand. Dort ist der Sitzungssaal kleiner. Hinzu kommt, dass sich weit mehr Verfahrensbeteiligte angemeldet haben als üblich. Wir mussten allein 87 für sie reservieren."
Hinzu kommen rund 40 Journalisten, die aus dem Sitzungssaal berichten. Da bleibt für das gemeine Volk kaum Plätzchen übrig. Doch für Robert Klotz, juristisch versierter Vertreter des 'gemeinen Volkes', ist das letztlich kein Beinbruch. Er hätte die Vergabepraxis selbst dann akzeptiert, wenn er nicht im Nachrückverfahren zum Zuge gekommen wäre:
"Ich hätte süddeutsch gesagt: Dann isch's halt so. Und im Übrigen hätten wir dann nichts weiter unternommen."
Trotz der spärlichen Zahl von elf Plätzen für Otto-Normalbürger: Das Prinzip der Öffentlichkeit sehen Christian Schmitz und Robert Klotz dadurch nicht verletzt. Damit möglichst viele Journalisten den Prozess verfolgen können, wird die Verhandlung sogar in einen Nebenraum übertragen. Parallelen zum Auftakt des so genannten "NSU-Prozesses" verbieten sich deshalb für Jung-Jurist Robert Klotz:
"Also, beim NSU-Verfahren ging es ja genau darum: Wurde die Presse in ausreichendem Maße zum Verfahren zugelassen? Und genau dieser Punkt ist jetzt hier bei der Ermöglichung des Zugangs durch das Bundesverfassungsgericht ja doch mit äußerster Sorgfalt angegangen worden. Und deswegen kann man die beiden Verfahrensgestaltungen nicht miteinander vergleichen."
Das mag juristisch korrekt sein. Den einen oder anderen unbeteiligten Interessenten wurmt es möglicherweise trotzdem, dass nur so wenige Plätze zur Verfügung stehen. Denn bei dem Prozess geht es letztlich darum, ob Entscheidungen über die Verwendung von Steuergeldern in Milliardenhöhe rechtmäßig getroffen wurden. Da liegt die Vermutung nahe, dass dieses Thema mehr als nur gerade elf 'gewöhnliche' Steuerzahler interessiert hätte.
"Also, ich hab mich hier natürlich vor zwölf hingestellt, die Nummer eingegeben und dann 15 Sekunden vorher auf den Startknopf gedrückt. Und dann wählt er das Empfangsgerät genau um zwölf an."
Christian Schmitz, Mitte 20, vollschlank, Brillenträger – er arbeitet nach dem Jura-Studium als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Freiburg. Am Faxgerät gibt nochmals die Nummer ein, so wie damals, an jenem 21. Mai, um genau zwölf Uhr. Genau da begann die Akkreditierungsfrist für den kommende Woche beginnenden so genannten "Eurorettungsschirm-Prozess" vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe. Jung-Jurist Christian Schmitz wollte sicher sein, dass seine Akkreditierung als Erste in Karlsruhe ankommt. Doch: So schnell sein Faxgerät auch gewählt haben mag - ein anderes war schneller.
"Da sind wir ein bisschen zu spät gekommen."
Dieses Mal will Christian Schmitz nicht zu spät kommen. Von dem Büro mit dem winzigen Faxgerät bis zum Theatercafé gegenüber dauert es keine fünf Minuten; dort hat sich Christian Schmitz mit seinem Kollegen Robert Klotz verabredet. Beide arbeiten seit ihrem Jura-Abschluss als wissenschaftliche Mitarbeiter an der Uni Freiburg. Die kurze Wartezeit auf den Kollegen nutzt der Christian Schnitz, um zu erzählen, wie das genau war.
"Ich habe dann schon gemerkt: Da stimmt was nicht, das Fax ging nicht durch. Das Gerät musste die Wahlwiederholung einleiten, sodass es um eine oder zwei Minuten nach zwölf durchgekommen ist."
Innerhalb von zwei Minuten hatte das Bundesverfassungsgericht alle Publikumsplätze vergeben - das klingt befremdlich. Für den Normalbürger an sich stehen so wenig freie Stühle wie selten zuvor bereit.
"Wir haben für interessierte Bürger elf Plätze, die zur Verfügung stehen, und haben die Anmeldungen in der Reihenfolge ihres Eingangs berücksichtigt. Wir hatten angekündigt, dass um zwölf Uhr die Vergabe der Plätte beginnt. Und in der Tat waren um 12:02 Uhr alle Plätze vergeben."
Erklärt Bernd Odörfer, Sprecher des Bundesverfassungsgerichtes. Elf Plätze und keiner mehr - das bedeutete auch: Wer sein Fax zu spät abschickt, wie die Freiburger Jung-Juristen, muss entweder von vornherein draußen bleiben - oder auf eine riesige Portion Glück hoffen.
"Ja Robert, wann wird‘s denn losgehen? Ja, Mittwochmorgen wird's losgehen. Ich fahre los, in aller Herrgottsfrühe um fünf Uhr mit dem Zug nach Karlsruhe."
Robert Klotz kommt an den Tisch. Er hat tatsächlich Glück gehabt, bekam als Nachrücker gerade noch den letzten freien Platz. So groß die Freude darüber ist, so groß war zunächst die Enttäuschung über die Ablehnung.
"Da ist man im ersten Moment ein bisschen enttäuscht, sagt sich dann im zweiten Moment: Na gut, dann hat das halt nicht sollen sein."
Dabei trifft das Motto "Dabei sein ist alles" auf den kommenden Prozess in besonderer Weise zu, vor allem für angehende Jung-Juristen wie Christian Schmitz und Robert Klotz. Und das habe eher weniger damit zu tun, dass die beiden am Lehrstuhl von Dietrich Murswiek arbeiten. Der Jurist vertritt bei dem Eurorettungsprozess nämlich den CSU-Politiker Peter Gauweiler. Vielmehr ist es für Schmitz und Klotz eine einzigartige Gelegenheit, bei einem juristisch-politischen Lehrstück dabei zu sein:
Schmitz:
"Letztlich steht bei dem Prozess die Eurorettung zur Disposition und ob sich Deutschland daran beteiligen darf."
Klotz:
"Das Verfahren ist einfach von ganz hoher politischer Bedeutung und ein Verfahren, dass für ganz Europa eine Rolle spielt, eine wichtige Rolle spielt. Und vor diesem Hintergrund ist es einfach für uns generell ganz interessant, für uns als Bürger. Denn es betrifft uns ja letztlich irgendwie alle."
Dennoch bleibt's bei den gerade mal elf Publikums-Plätzen. Ein wichtiger Grund: Das Verfassungsgericht hat nicht nur Kläger und Beklagte, sondern derzeit eben auch die Handwerker im Haus. Gerichtssprecher Bernd Odörfer:
"Hierzu muss man wissen, dass unser Gebäude in der Innenstadt saniert wird. Während der Renovierung arbeiten wir übergangsweise am Stadtrand. Dort ist der Sitzungssaal kleiner. Hinzu kommt, dass sich weit mehr Verfahrensbeteiligte angemeldet haben als üblich. Wir mussten allein 87 für sie reservieren."
Hinzu kommen rund 40 Journalisten, die aus dem Sitzungssaal berichten. Da bleibt für das gemeine Volk kaum Plätzchen übrig. Doch für Robert Klotz, juristisch versierter Vertreter des 'gemeinen Volkes', ist das letztlich kein Beinbruch. Er hätte die Vergabepraxis selbst dann akzeptiert, wenn er nicht im Nachrückverfahren zum Zuge gekommen wäre:
"Ich hätte süddeutsch gesagt: Dann isch's halt so. Und im Übrigen hätten wir dann nichts weiter unternommen."
Trotz der spärlichen Zahl von elf Plätzen für Otto-Normalbürger: Das Prinzip der Öffentlichkeit sehen Christian Schmitz und Robert Klotz dadurch nicht verletzt. Damit möglichst viele Journalisten den Prozess verfolgen können, wird die Verhandlung sogar in einen Nebenraum übertragen. Parallelen zum Auftakt des so genannten "NSU-Prozesses" verbieten sich deshalb für Jung-Jurist Robert Klotz:
"Also, beim NSU-Verfahren ging es ja genau darum: Wurde die Presse in ausreichendem Maße zum Verfahren zugelassen? Und genau dieser Punkt ist jetzt hier bei der Ermöglichung des Zugangs durch das Bundesverfassungsgericht ja doch mit äußerster Sorgfalt angegangen worden. Und deswegen kann man die beiden Verfahrensgestaltungen nicht miteinander vergleichen."
Das mag juristisch korrekt sein. Den einen oder anderen unbeteiligten Interessenten wurmt es möglicherweise trotzdem, dass nur so wenige Plätze zur Verfügung stehen. Denn bei dem Prozess geht es letztlich darum, ob Entscheidungen über die Verwendung von Steuergeldern in Milliardenhöhe rechtmäßig getroffen wurden. Da liegt die Vermutung nahe, dass dieses Thema mehr als nur gerade elf 'gewöhnliche' Steuerzahler interessiert hätte.