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Oui, je parle français!

Französisch als Fremdsprache hat seinen Platz an deutschen Schulen. Das zeigt eine in der Zeitschrift "Französisch Heute" veröffentlichte Studie. Demnach haben sich 40 Prozent der Gymnasiasten und mehr als 20 Prozent der Realschüler für die Sprache entschieden.

Von Verena Kemna |
    Jakob D'Aprile, Gymnasiast in der Berliner Friedrich-Ebert Oberschule, ist einer von nur zwei Jungs im Leistungskurs Französisch. Was bei vielen jungen Männern in seinem Alter als uncool und schwierig gilt, findet Jakob D'Aprile einfach nur schön.

    "Auf jeden Fall unterscheidet sich die Sprache sehr von der deutschen Sprache. Die deutsche Sprache ist eben sehr hart und abgehackt und im Französischen ist es sehr gebunden, die Aussprache ist eben doch sehr schön."

    Die Friedrich-Ebert Oberschule bietet Französisch, nicht Englisch als erste Fremdsprache, eine Ausnahme in der Berliner Schullandschaft. Aber auch an der Friedrich-Ebert Oberschule wählen mehr Schüler die beiden Fremdsprachen Englisch und Spanisch. Spanisch liegt im Trend, erklärt Lehrerin Silke Saro:

    "Spanisch ist auf jeden Fall an erster Stelle. Am Tag der offenen Tür interessieren sich die meisten Eltern doch für Spanisch. Die Kinder wollen Spanisch lernen."

    Auch, wenn vermeintlich, viele lieber Spanisch oder gar Chinesisch lernen. Nach der jüngsten Studie, veröffentlicht in der Zeitschrift "Französisch Heute", lernen heute in absoluten Zahlen gemessen mehr deutsche Schüler Französisch als jemals zuvor. Im vergangenen Schuljahr haben über vierzig Prozent der Gymnasiasten und mehr als 20 Prozent der Realschüler als Fremdsprache Französisch gewählt. Die Berliner Französischlehrerin Silke Saro notiert "Elysée Vertrag" als Stichwort auf der Tafel. Auch 50 Jahre nach der Unterzeichnung des Vertrages ist Frankreich nicht so weit von Berlin entfernt, wie manche meinen.

    "Frankreich ist ein direktes Nachbarland und die wirtschaftlichen und kulturellen Beziehungen zu Frankreich sind doch deutlich höher als zu Spanien. Wenn man die Welt anschaut, ist es wahr, dass Spanisch im Kommen ist, aber wenn man jetzt Europa ansieht, ist Französisch meiner Meinung nach vordringlicher. Französisch ist schon sehr gefragt."

    Vor allem in den grenznahen Bundesländern, Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und dem Saarland wird Französisch häufig schon in der Grundschule gelernt. Nicht gerade zur Freude aller Eltern. So wehrt sich seit Jahren eine Elterninitiative in Baden-Württemberg erbittert dagegen, dass in einem gerade einmal fünfzehn Kilometer breiten Korridor entlang der Grenze zum französischen Nachbarn, für die Grundschüler eine Sonderregel gelten soll. Nur in diesem Landstrich von Baden-Württemberg ist Französisch schon für die Kleinen Pflichtfremdsprache. Auch im Saarland gilt Französisch ab der Grundschule als Fremdsprache Nummer eins. Ein politisch gewollter Konsens, erklärt Joachim Mohr, Fremdsprachenreferent im saarländischen Bildungsministerium.

    "Das ist auch jetzt gerade im Rahmen der Elysée-Feierlichkeiten auch noch mal betont worden. Ein Konsens in der Regierung, in der Öffentlichkeit, bei den Wirtschaftsverbänden und Gewerkschaften. Wir haben im Jahr 2011/12 ein Sprachenkonzept für den Bildungsbereich erarbeitet. Da hat sich dieser Konsens auch klar gezeigt."

    Dennoch räumt er ein, dass im Saarland viele Eltern die Sprache des direkten Nachbarn für eine "Luxusfremdsprache" halten, Englisch dagegen für essenziell. Die saarländische Landesregierung hält dagegen. Ihre Devise lautet: Französisch lernen so früh wie möglich. So sprechen die Erzieher an fast zweihundert Kindertagesstätten im Saarland Französisch und in jeder Grundschule steht Französisch auf dem Lehrplan.

    "Die saarländische Landesregierung hat ein Frankreichjahr ausgerufen und ist auch dabei, eine Frankreichstrategie zu entwickeln. Also die nimmt das als Aufgabe an, bei saarländischen Bürgern und Unternehmern dafür zu werben, dass Französisch nicht nur eine schöne Sache ist, sondern auch eine gesellschaftliche und wirtschaftliche Notwendigkeit."

    Spezielle Angebote für Schüler, etwa Gesprächsrunden in denen sie lernen, sich locker zu unterhalten, sollen die Scheu vor der schwierigen Sprache nehmen. Die Berliner Gymnasiastin Salimata Siegel, 17 Jahre alt, braucht solche Anreize nicht.

    "Wenn man sagt, ich hab Französisch-Leistungskurs genommen, dann kommen die Freunde mit iihh, was, oha, hätte ich niemals gemacht! Wenn man sich nicht mit der Sprache beschäftigt und immer die Vorurteile hört, dass die Sprache so schwer sei und nicht lernbar, dann ist klar, dass man eine Antipathie dagegen entwickelt."

    Auch wenn die absoluten Zahlen nicht für eine Französischkrise sprechen, mit der Entscheidung für Französisch als Leistungskurs zählt Salimata Siegel zu gerade einmal 21 Prozent der deutschen Schüler, die Französisch als Abiturfach wählen. Dennoch hat sich Französisch als zweite Fremdsprache in Deutschland durchgesetzt, sagt Ulrike Lange. Die Französischlehrerin aus Bochum ist Bundesvorsitzende der Vereinigung der Französischlehrer. Stellvertretend für über 2000 Mitglieder fordert sie:

    "In Berlin und auch in anderen Bundesländern wird Französisch ja leider erst ab der siebten Klasse gelernt. Dafür hat Thüringen ab der fünften Klasse angefangen. Da wäre auch eine Forderung unsererseits, früher anzufangen mit Französisch und was ich ganz wichtig finde, dass in der Oberstufe die Mindestzahlen für Kursgrößen ein bisschen heruntergesetzt werden können."

    Mit mindestens 15 Teilnehmern sind die Anforderungen für einen Leistungskurs im Gymnasium in vielen Bundesländern einfach zu hoch. Ginge es nach der Vereinigung der Französischlehrer, dann gäbe es bundesweit schon in der Grundschule Französischunterricht. Eine Sprache, die sich auf jeden Fall lohnt, meint Ulrike Lange.

    "Zum Beispiel kann man dann Asterix auf Französisch lesen, man kann Musik hören und ins Kino gehen, das hat einen ganz anderen Stellenwert in Frankreich. Nicht zuletzt macht man sich für seine berufliche Situation stark, weil man sich mit Frankreich als wichtigstem Handelspartner für Deutschland, sehr gut aufstellt."

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