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Paar prominent

Glaubt man "Bild" oder "Spiegel", sieht die Sache so aus: Deutschland will ein königliches Paar im Kanzleramt, eine Adlige und keinen Chemiker als First Lord. Eine selbst ernannte Staatsanwältin, die im Internet Sexualverbrecher jagt. Eine Ururenkelin von Otto Fürst von Bismarck sollte es sein, samt einem Baron, der sich in kompliziert geschliffenen Sätzen unverständlich machen kann.

Von Andre Bochow |
    Es ist ja nicht nur die "BamS", die ihr Publikum mit Schlagzeilen unterhält wie: "Die Sehrguttenbergs" oder "Wie schaffen das die Guttenbergs?" Nein, es machen alle mit - und am Ende auch "Der Spiegel". Noch vor Monaten meinte man dort, den Baron aus dem Dorf Guttenberg in Sachen Kundusaffäre entzaubert zu haben. Nun strahlen uns die fabelhaften Guttenbergs an - Unterzeile: Paarlauf ins Kanzleramt. Kein Fragezeichen. Und es sind nicht die Medien, die Guttenberg zum Star machen, meint "Spiegel"-Redakteurin Ulrike Demmer, sondern das Volk.

    "Ich glaube, das hat zum einen etwas damit zu tun, dass das Volk sich nach so einem Darsteller sehnt. Weil im Moment steht die Kanzlerin nicht für Selbstdarstellung. Und jetzt kommt da mal jemand und der scheint so sympathisch und der kann sich eben auch auf Augenhöhe beamen - egal mit welchem Gesprächspartner. Ich glaube, diese Sehnsucht lässt die Leute vergessen, dass es da möglicherweise Widersprüche gibt."

    Widersprüche? Welche Widersprüche? Guttenberg war in Sachen Opel nur scheinbar standhaft. Na und. In der Kundusaffäre ist eigentlich das letzte Wort noch nicht gesprochen. Wen interessiert das? Top-Gun Fotos scheinen die Menschen zu mögen.
    Und irgendwie ist immer ein Guttenberg präsent. Kleines Beispiel. Der Concierge des Frankfurter Hofes hat ein Buch geschrieben, wird jetzt häufig interviewt und hält sich mit Gästenamen eigentlich diskret zurück. Concierge Jürgen Carl:

    "Ich kannte noch seinen Opa. Ich kenne die nur als ganz, ganz feine Menschen, wo das Wort noblesse oblige wirklich hinpasst."

    Und was macht der Freiherr Karl Theodor zu Guttenberg. Er geht in die Offensive. In eine Bescheidenheitsoffensive.

    "Der alte Spruch, dass der Schuster bei seinen Leisten zu bleiben hat, gilt uneingeschränkt."

    Im Zweifelsfall bezeichnet Guttenberg die Gerüchte auch gern volkstümlich als "dummes Zeug" oder einfach nur als "völliger Scheiß." Und doch lässt "Der Spiegel" die Guttenbergs scheinbar unaufhaltsam als deutsche Kennedy ins Kanzleramt marschieren. Ist das mit dem Kanzler in spe tatsächlich ernst gemeint? Ute Demmer:

    "Natürlich können unvorhergesehene Dinge passieren, die nicht mal der 'Spiegel' vorhersagen kann. Aber Karl Theodor zu Guttenberg ist einfach ein Phänomen. Die Begeisterung, die er in der Bevölkerung hervorruft, ist ja erstaunlich für einen Mann mit 38. Und in dem Amt des Verteidigungsministers, das ja jetzt eigentlich nicht so populär ist. Und als solches Phänomen mussten wir das mal beschreiben."

    So skizziert "Spiegel"-Autorin Ulrike Demmer die Situation, die fast schon zum Dilemma geworden ist. Denn letztlich sind sich die politischen Journalisten ziemlich einig in der Einschätzung, dass man es eben nicht so richtig weiß, woher diese Faszination kommt, der am Ende auch die Medien erliegen. Das gilt auch dann, wenn sie diese Faszination selbst nähren.

    Der Leiter des Hauptstadtbüros der "Bild"-Zeitung Nikolaus Blome versucht eine Erklärung.

    "Also unter dem Strich ist Karl Theodor zu Guttenberg natürlich ein Politiker - ein Profipolitiker übrigens, der keinen anderen Beruf ausgeübt hat als Politiker. Aber er schafft es, mit traumwandlerischer Sicherheit eine Unabhängigkeit auszustrahlen, die eben nicht wirkt, wie die eines Politikers."

    Und keine Frage: Blome gehört, wie wohl die meisten im Springer-Verlag zu denen, die die Leistungen Guttenbergs zu würdigen wissen:

    "Am Anfang habe ich auch gedacht, möglicherweise ist es nur Fassade. Aber die Wehrpflicht auszusetzen bzw. de facto abzuschaffen, ist eine der Reformen, mit der diese schwarz-gelbe Regierung in Erinnerung bleiben wird. Und das ist sein Ding allein gewesen. Insofern kommt zu dieser Fassade, die glitzert und funkelt und so anders ist, als bei vielen anderen Politikern, eine politische Durchsetzungskraft, die hoch professionell ist."

    Auch beim "Spiegel" fehlt es nicht an Anerkennung für die Fähigkeiten des Verteidigungsministers.

    "Also Guttenberg hat natürlich auch einen Medienberaterstab - aber ich glaube, das Hauptwerk verrichtet er selbst. Der hat einfach ein enormes Talent sich zu verkaufen - einen Instinkt für Situationen, in denen er sich besonders gut präsentieren kann - und nutzt da auch jede Gelegenheit."

    Zu den erwähnten Medienberatern gesellte sich auf Wunsch des Ministers auch der ehemalige Welt-Journalist Joachim Peter. Der steht einem eigens beim Ministerbüro neu angesiedelten Referat vor, welches auf den schönen Namen "Strategische Kommunikation" hört. Das Referat ist wenig auskunftsfreudig und alles andere als unumstritten. Dessen Aufgaben sind unter anderem Politisch-Strategische Vorhabenplanung oder auch Politisches Controlling.

    Immerhin halten es manche für möglich, dass Karl Theodor zu Guttenberg die intensive Vermarktung irgendwann auch einmal schaden könnte. "Was ihn treibt, ist seine Eitelkeit", meint der PR Experte Klaus Kocks, der einst im VW-Vorstand saß. Diese Eitelkeit werde Guttenberg eines Tages umbringen. Und wer weiß, vielleicht hat der Baron seinen Zenit schon überschritten. Der Politikberater und Blogger Michael Spreng sieht zumindest die Gefahr, dass sich die Medien bald einem neuen Helden zuwenden könnten. Und "Bild"-Journalist Nikolaus Blome sagt:

    "Ob der Zenit überschritten ist, vermag ich nicht zu sagen. Ganz persönlich glaube ich es nicht. Richtig ist: Wenn das jetzt fünf Jahre in diesem Takt weitergehen würde, würde sich das mutmaßlich abnutzen. Und klar ist: Eine derartige Präsenz, einen derartigen Lauf, wie man im Sport sagen würde, dieses Paar hat - das schafft auch Neider -klar. Und am Ende wenn es bei irgendwelchen Wahlen oder parteiinternen Abstimmungen um Mehrheiten geht, dann werden diese Neider mit im Saal sitzen."

    Und noch eine Gefahr lauert. Der weibliche Teil der deutschen Kennedys hat sich in eine heikle Situation begeben. Mit der von ihr unterstützten Sendung "Tatort Internet", ausgestrahlt beim Sender RTL II, dessen Seriosität dann doch einiges zu wünschen übrig lässt, könnte Unheil heraufziehen.

    Und dass Stephanie zu Guttenberg ihr Buch über sexuellen Missbrauch in der "Bild"-Zeitung promoten ließ, warf zumindest Fragen auf. Aber wie sich herausstellt, ist die Ministergattin um Antworten genau so wenig verlegen, wie ihr Mann:

    "Die nackte Frau ist bei der ersten Seite der 'Bild'-Zeitung an diesem Tag rausgelassen worden - die ist, glaube ich auf die Online-Seite verbannt worden. Das finde ich schon mal was."

    So viel steht fest. Bislang haben die Guttenbergs noch jede Kritik lächelnd ertragen. Sie können weiter geruhsam die Zeitungen aufschlagen, um zu lesen, wie die Prägung durch den mehr oder weniger hohen Adelsrang sie zu dem gemacht hat, was sie sind: selbstsicher, höflich und reich.