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"Pack dein Studium"

In Hamburg steht nach den Sommerferien der doppelte Abiturjahrgang ins Haus. Das heißt: übervolle Hörsäle für die Erstsemester. Es sei denn man studiert woanders - zum Beispiel in Sachsen.

Von Verena Herb | 19.04.2010
    "Wir sind aus Sachsen zu Ihnen gekommen."

    Sabine Hülsmann steht mit dem Mikrofon in der Hand auf dem Schulhof: Sie begrüßt die Abiturienten des Hansa Gymnasiums in Hamburg-Bergedorf. Hinter Ihr ein großer LKW. Wie ein Umzugskarton sieht er aus. Sabine Hülsmann will werben – für ein Studium in ihrem Bundesland:

    "Deshalb sind wir hier mit unserem Umzugstruck, vorgefahren. Also eine große Umzugskiste. Wo ihr sehen könnt: Pack dein Studium, am besten in Sachsen."

    Hamburg ist nicht die erste Station: Schon seit Ende 2008 fährt der Truck durch Deutschland, und versucht, Studieninteressenten zu werben. Weil jetzt in Hamburg der doppelte Abi-Jahrgang ansteht, ist die Hansestadt nun das Ziel. Das Hochschulland Sachsen – es steht an oberster Stelle auf der Agenda von Sabine Hülsmann, die als Vertreterin des sächsischen Wissenschafts- und Kunstministerium für die Kampagne "Pack dein Studium – am besten in Sachsen" verantwortlich ist.

    "Wir haben in den nächsten Jahren in Sachsen wie auch in anderen östlichen Bundesländern, dass wir viel, viel weniger Abiturienten haben werden, die an die Hochschulen kommen. Und deshalb sind wir wie viele andere Hochschulen im Osten auch unterwegs, um zu schauen: Wie können wir die Abiturienten im Westen, in den alten Bundesländern darauf aufmerksam machen, dass es Klasse ist, in Sachsen zu studieren."

    Florian ist 19, macht dieses Jahr Abitur. Ihm gefällt die Kampagne - eigentlich.
    "Es ist interessant für uns, aber ganz ehrlich gesagt, wirkt es so, als hätten sie Studenten ziemlich nötig. Wenn sie extra hierher kommen und Werbung machen, dass es da so toll ist."

    Sabine Hülsmann hat Verstärkung mitgebracht – Studierende, die an einer der 15 sächsischen Hochschulen lernen, erzählen den Hamburger Abiturienten von ihren Erfahrungen.

    "Ja, ich habe auch Freunde, die das in Leipzig studieren."

    So auch Kristina Künstner. Sie kommt gebürtig aus Hamburg, lebt jetzt in Chemnitz und schreibt gerade an Ihrer BWL-Diplomarbeit. Sie fasst die Vorteile der Chemnitzer Technischen Universität zusammen, was für sie den Standort attraktiv macht:
    "Morgens deutlich länger schlafen zu können, fünf bis zehn Minuten morgens in den Hörsaal zu brauchen, dann eben auch für kleines Geld dort wohnen zu können und auf dem Campus eine tolle Atmosphäre. Abends nach der letzten Vorlesung noch gemütlich ein Bier trinken und dann eigentlich nur noch ins Bett fallen."

    Alles Dinge, die man aber auch an jeder anderen Hochschule in Deutschland machen kann. Doch es gebe Unterschiede, zum Beispiel in der Ausstattung, erklärt die 25-Jährige:
    "Ich habe jetzt den direkten Vergleich gehabt, dass ich zum Beispiel in Hamburg viele Bibliotheken genutzt habe. Und mit der Ausstattung, also den Büchern, total zufrieden war. Aber mit der Technik: Bei uns kann man zum Beispiel bis nachts im zwei im Internetraum sitzen, man kriegt immer nen Internetplatz, weil die Ausstattung wahnsinnig top-modern ist, immer auf dem neuesten Stand... und man auch die Möglichkeiten hat, auch zwischen den Vorlesungen einen freien Computerraum zu finden."

    Viel wurde investiert in die ostdeutsche Hochschullandschaft. Bei vielen Hochschulen in Westdeutschland ist die Situation eine andere: Sie haben mit leeren Kassen zu kämpfen, die Gebäude sind längst nicht mehr auf neuestem Stand, zu viele Studierende für zu wenige Professoren: Die Vorlesungen sind überfüllt, die Wartelisten bei Seminaren lang. Und auf Hamburg kommt eine weitere Herausforderung zu:

    "Weil Hamburg das einzige Land ist in Deutschland in diesem Jahr, das doppelte Abiturjahrgänge hat. Und haben uns entschieden in Hamburg zu sagen: Wollt ihr wirklich in überfüllte Hörsäle, oder wollt ihr nicht doch ein anderes Stück der Elbe mal erkunden, und ohne Studiengebühren studieren in Sachsen."

    Keine Studiengebühren – durchaus ein Argument, sich zu überlegen, in Sachsen zu studieren. Findet auch Larissa. Zwar weiß sie noch nicht, was sie nach dem Abi genau studieren will – doch eines steht fest: Sie will weg aus Hamburg. Der Osten Deutschlands wäre eine Option.
    "Ich war da auch schon im Urlaub, und mir gefällt das ganz gut, und dass es keine Studiengebühren dort gibt ist ein ziemlich großer Vorteil. Ich denke mal, die Region ist mir egal. Dann werde ich gucken, wie gut die Unis sind. Und mich danach entscheiden."

    Sven, ebenfalls in Klasse 13 am Hansa-Gymnasium in Bergedorf, ist da etwas skeptischer:
    "Ich finde es eigentlich gut, dass die hierherkommen und uns das anbieten. Aber so von Sachsen halte ich eigentlich nicht viel. Und eigentlich möchte ich auch hier in Hamburg bleiben. Sofern es geht."

    Sabine Hülsmann weiß: Ein Land wie Sachsen kämpft halt so mit den Vorurteilen.
    "Sicherlich: Es gibt immer noch Vorurteile: Der Dialekt, der natürlich an den Universitäten überhaupt keine Rolle spielt. Aber er wird auch immer wieder angeführt zu sagen: Ist uns fremd, da möchten wir nicht so gerne hin. Deshalb sind wir ja eben auch mit Leuten unterwegs, die aus Hamburg kommen, und die zeigen: Leute guckt mal, die sind nett. Es ist schön, dort zu sein."

    Infos:

    Pack dein Studium - am besten in Sachsen!