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Pack den Fusel in den Tank

Technik. - Zwar gibt der Ölpreis gerade wieder etwas nach, doch der nächste Rekordpreis kommt bestimmt. Welche regenerativen Kraftstoffe in Zukunft den Bedarf an fossilen Treibstoffen nennenswert mildern könnten, diskutieren Experten noch bis Dienstag in Berlin. Ein Zauberwort dabei: Alkohol.Der Wissenschaftsjournalist Volker Mrasek dazu im Deutschlandfunk. Die Fragen stellte Grit Kienzlen.

    Grit Kienzlen: Ziehen bei diesem Thema alle an einem Strang oder sperrt sich nicht doch die Mineralölwirtschaft?

    Volker Mrasek: "Man kann zunächst einmal sagen, dass grundsätzlich alle an einem Strang ziehen. Das ist dokumentiert in einer Kraftstoffstrategie, die die Bundesregierung Ende 2004 verabschiedet hat und, wie es hier auf dem Kongress hieß, ausdrücklich im Konsens mit der Automobilindustrie, mit dem Mineralölwirtschaftsverband und dem Bundesverband Bioenergie. Diese Strategie sieht vor, dass Biokraftstoffe gefördert werden. Das heißt vor allem, dass ihr Anteil erhöht wird, und das kurzfristig, weil das eine kurzfristige Chance bietet, Treibhausgasemissionen einzusparen. Dabei spricht man zunächst von Biodiesel und Bioethanol. Beim Biodiesel gibt es die Alternativen, ihn entweder zu tanken anstelle herkömmlichen Diesels oder ihn beizumischen. Beides geschieht schon heute: Der Anteil von Biodiesel am Gesamtdieselverbrauch steigt kontinuierlich. Hier auf der Konferenz in Berlin hieß es, der Anteil habe im vergangenen Jahr bei zwei Prozent gelegen, jetzt liege er bereits bei vier Prozent. Man kann also von einer Erfolgsgeschichte sprechen. Beim Bioethanol ist es so, dass das eine mögliche Beimischung zu Ottokraftstoff - also Benzin - ist. Doch da besteht indes das Problem, dass der Mineralölwirtschaftsverband sich hier zurzeit sperrt mit dem Argument, dass es da Probleme mit dem Dampfdruck eines Benzinkraftstoffes gebe, der geringe Anteile von Ethanol enthalte. Andererseits bestehen offenbar solche Probleme in Ländern wie in Brasilien oder Schweden, wo solche Kraftstoffe auch mit deutscher Motorentechnologie schon eingesetzt werden, nicht. Dass bedeutet, dass es ein vorübergehendes Problem ist. Von anderer Seite, etwa der Automobilindustrie oder des Bundesverbandes Bioenergie, wird in jedem Fall bereits daran gearbeitet, den Mineralwirtschaftsverband umzustimmen. Da will man auf jeden Fall auch Kapazitäten, die hier an Bioethanol-Raffinerien schon aufgebaut worden sind, weiter ausbauen."

    Kienzlen: Werden wir in Zukunft also nicht mehr über Benzin oder Diesel streiten, sondern über Biodiesel oder Bioethanol?

    Mrasek: "Über Biodiesel, über Benzin, das einen gewissen Anteil an Ethanol enthält. Es gibt auch die technische Entwicklung, dass man Autos fährt, die statt Benzin reinen Bioethanol verbrennen. Solche Fahrzeuge gibt es zum Beispiel in Brasilien. Auf der Internationalen Automobilausstellung in Frankfurt hat der Hersteller Ford kürzlich ein Modell vorgestellt, das mit einer solchen Technologie fährt: das so genannte "Flexible Fuel Vehicle". Ein solches Auto kann man mit reinem Bioalkohol betanken. Das Fahrzeug enthält aber einen Sensor, der auch ermitteln kann, ob etwa reines Benzin oder ein Gemisch aus beidem eingefüllt wurde. Solche Fahrzeuge kommen jetzt in den Markt. Die deutsche Automobilindustrie zeigt da Anzeichen, dass sie sie einführen will. Das ist aber auch eine mögliche kurzfristige Lösung. Dabei muss man aber sehen, wie sich das in den kommenden Jahren abspielt."

    Kienzlen: Welche Wege bei Kraftstoffen werden denn mittelfristig angedacht?

    Mrasek: "Mittelfristig denkt man daran, dass man so genannte synthetische Kraftstoffe stärker nutzt. Da gibt es einmal auch die Kapazität mittlerweile in Deutschland, Pilotanlagen, die zum Beispiel "aus einem ganzen Baumstamm" - bildlich gesprochen - Kraftstoff herstellen können. Also nicht wie beim Biodiesel, dass man eine Pflanze aufwachsen lässt, daraus ein Öl gewinnt und dieses dann nutzt, sondern man kann dabei die gesamte Biomasse, also Holz, aber auch Abfälle, verwenden und daraus in einem speziellen Verfahren einen Designer-Treibstoff mit einstellbaren Eigenschaften herstellen. Das ist eine Strategie, die zum Beispiel in der Strategie der Bundesregierung sowie bei DaimlerChrysler und Volkswagen auftaucht - wenn auch nur mittelfristig. Man spricht hier von einem Zeitraum ab 2010."