Wer je vor einer der riesigen, abstrakten, rostigen Stahl-Skulpturen gestanden hat, die Richard Serra in den öffentlichen Raum pflanzt, der weiß, dass man sich klein fühlen kann vor so viel Fläche, Masse, Volumen, Gewicht, Eisen. Man spürt in diesen abstrakten Prinzipien einen Hauch von Ewigkeit: Formen, die größer sind als wir.
Aber man spürt auch Geschichte, Industriegeschichte: Seit Richard Serra als junger Mann in die Stahlfabrik ging, um Geld zu verdienen, ist der Stahl sein Material, und was im industriellen Prozess zerfasert und zerkleinert und dienstbar gemacht wird, das ist in seinen Skulpturen pure Gewalt und Konzentration.
Nun ist das Fertigen einer Skulptur ein komplizierter Prozess. Serra sagt von sich, im Prinzip sei er ein "Model Maker", der die Güsse, das Aufstellen dann nur überwacht; und immer gibt es Streit, mit Geldgebern, mit Politikern, mit wütenden Bürgern. Der Künstler braucht also ein Refugium, und dieses Refugium ist die Zeichnung. Allerdings versteht Serra das Zeichnen nicht im herkömmlichen Sinn als Abbildung, Nachahmung von Wirklichkeit.
"Ich interessiere mich nicht für die Skizze oder die Figuration. Mich interessiert die Besonderheit eines Materials, das einem dann seine eigene Form aufnötigt. Man benutzt ein Material wegen der Vielfalt seiner Möglichkeiten."
Seit 40 Jahren arbeitet Serra mit dem Paint Stick, einer wachsartigen schwarzen Ölkreide, die er einschmilzt und dann entweder direkt oder durch ein Stahlgitter hindurch auf das Papier aufbringt. Manchmal presst er das Papier auch mit Kraft von oben auf die am Boden liegende ölige Masse, und das Material selbst spricht dann zu uns, wenn man das Papier wieder abhebt, immer neu und anders. Es entstehen großformatige gebirgige Landschaften, Krater, Täler, geologische Fältelungen, ein Mikrokosmos von Oberflächen, oft mehrere Schichten übereinander, der uns als gespeicherte Zeit und auch hier als Masse gegenübertritt. Und immer sind diese Werke schwarz, was die Illusion von Gewicht hervorruft, und immer sind es Serien, um kleinste Veränderungen, Verschiebungen, Ver-Zeichnungen des Materials sichtbar zu machen.
"Mir kommt es auf den Erfindungsreichtum des Materials selber an, auf das Unvorhergesehene. Ich will nicht eine Sprache sprechen, die schon existiert. Mit meinen beschränkten Mitteln will ich die Möglichkeiten des Zeichnens neu erfinden."
Das kahle, fensterlose Bregenzer Kunsthaus des Peter Zumthor ist natürlich die ideale Bühne für Serras Minimalismus. Im Parterre das Programm: vier an die Wand gehängte dunkel bemalte Stahlblöcke, Kreis, Rechteck, Oktogon, Quadrat, noch nach Jahren dünsten sie den Geruch der Ölkreide aus. Im ersten Stock Viereck-Kompositionen, sogenannte "Solids", die Serra extra für die Ausstellung gemacht, gebaut hat, "ich baue Zeichnungen", sagt er, er schichtet raue, kratzige Ebenen aus Schwarz.
Einen Stock höher Rundformen, "Rounds", die aussehen wie schwarze Sonnen, schrundige Scheiben mit Spritzern, Monde. Im obersten Stock schließlich große Diptychen, zum Teil als Hochformate, die wirken, als würde Mark Rothko plötzlich mit Eisen arbeiten, zum Teil Querformate, in denen schwarze Malewitsch-Quadrate aneinanderstoßen wie Stahlplatten, pure Energie. Aber in diesem Oberstock mit seinem künstlichen Streulicht wirkt es, als strebe auch das Schwere zum Himmel hin.
Es ist nicht jedermanns Sache, sich quasi-buddhistisch in diese Wüsten des Konkreten zu vertiefen, aber es ist ein Privileg, und es ist eine grandiose Ausstellung.
Richard Serra ist einer der größten Künstler der Gegenwart, und irgendwie scheint er seine postmodernen Kollegen eher zu bedauern, die sich mit der gesampelten Oberfläche einer Ab-Bildung zufriedengeben. Ihm geht es um die Konzentration: Die Schwärze dieser Zeichnungen saugt die Materialität in sich auf. Paint it black! Und ihre größte Provokation besteht darin, dass sie sinnlos sind.
Deshalb, sagt Serra, werden seine Skulpturen auch immer beschmiert. Ihre Provokation besteht darin, sich außerhalb des Verwertungszusammenhangs zu befinden.
Aber man spürt auch Geschichte, Industriegeschichte: Seit Richard Serra als junger Mann in die Stahlfabrik ging, um Geld zu verdienen, ist der Stahl sein Material, und was im industriellen Prozess zerfasert und zerkleinert und dienstbar gemacht wird, das ist in seinen Skulpturen pure Gewalt und Konzentration.
Nun ist das Fertigen einer Skulptur ein komplizierter Prozess. Serra sagt von sich, im Prinzip sei er ein "Model Maker", der die Güsse, das Aufstellen dann nur überwacht; und immer gibt es Streit, mit Geldgebern, mit Politikern, mit wütenden Bürgern. Der Künstler braucht also ein Refugium, und dieses Refugium ist die Zeichnung. Allerdings versteht Serra das Zeichnen nicht im herkömmlichen Sinn als Abbildung, Nachahmung von Wirklichkeit.
"Ich interessiere mich nicht für die Skizze oder die Figuration. Mich interessiert die Besonderheit eines Materials, das einem dann seine eigene Form aufnötigt. Man benutzt ein Material wegen der Vielfalt seiner Möglichkeiten."
Seit 40 Jahren arbeitet Serra mit dem Paint Stick, einer wachsartigen schwarzen Ölkreide, die er einschmilzt und dann entweder direkt oder durch ein Stahlgitter hindurch auf das Papier aufbringt. Manchmal presst er das Papier auch mit Kraft von oben auf die am Boden liegende ölige Masse, und das Material selbst spricht dann zu uns, wenn man das Papier wieder abhebt, immer neu und anders. Es entstehen großformatige gebirgige Landschaften, Krater, Täler, geologische Fältelungen, ein Mikrokosmos von Oberflächen, oft mehrere Schichten übereinander, der uns als gespeicherte Zeit und auch hier als Masse gegenübertritt. Und immer sind diese Werke schwarz, was die Illusion von Gewicht hervorruft, und immer sind es Serien, um kleinste Veränderungen, Verschiebungen, Ver-Zeichnungen des Materials sichtbar zu machen.
"Mir kommt es auf den Erfindungsreichtum des Materials selber an, auf das Unvorhergesehene. Ich will nicht eine Sprache sprechen, die schon existiert. Mit meinen beschränkten Mitteln will ich die Möglichkeiten des Zeichnens neu erfinden."
Das kahle, fensterlose Bregenzer Kunsthaus des Peter Zumthor ist natürlich die ideale Bühne für Serras Minimalismus. Im Parterre das Programm: vier an die Wand gehängte dunkel bemalte Stahlblöcke, Kreis, Rechteck, Oktogon, Quadrat, noch nach Jahren dünsten sie den Geruch der Ölkreide aus. Im ersten Stock Viereck-Kompositionen, sogenannte "Solids", die Serra extra für die Ausstellung gemacht, gebaut hat, "ich baue Zeichnungen", sagt er, er schichtet raue, kratzige Ebenen aus Schwarz.
Einen Stock höher Rundformen, "Rounds", die aussehen wie schwarze Sonnen, schrundige Scheiben mit Spritzern, Monde. Im obersten Stock schließlich große Diptychen, zum Teil als Hochformate, die wirken, als würde Mark Rothko plötzlich mit Eisen arbeiten, zum Teil Querformate, in denen schwarze Malewitsch-Quadrate aneinanderstoßen wie Stahlplatten, pure Energie. Aber in diesem Oberstock mit seinem künstlichen Streulicht wirkt es, als strebe auch das Schwere zum Himmel hin.
Es ist nicht jedermanns Sache, sich quasi-buddhistisch in diese Wüsten des Konkreten zu vertiefen, aber es ist ein Privileg, und es ist eine grandiose Ausstellung.
Richard Serra ist einer der größten Künstler der Gegenwart, und irgendwie scheint er seine postmodernen Kollegen eher zu bedauern, die sich mit der gesampelten Oberfläche einer Ab-Bildung zufriedengeben. Ihm geht es um die Konzentration: Die Schwärze dieser Zeichnungen saugt die Materialität in sich auf. Paint it black! Und ihre größte Provokation besteht darin, dass sie sinnlos sind.
Deshalb, sagt Serra, werden seine Skulpturen auch immer beschmiert. Ihre Provokation besteht darin, sich außerhalb des Verwertungszusammenhangs zu befinden.