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Pakt mit dem Teufel

Die amerikanische Außenministerin Condoleezza Rice beweist in dieser Woche Ausdauer. Egal, wo sie während ihrer Europa-Reise Station macht, überall ist die Affäre um geheime CIA-Flüge und Gefangenenlager präsent. So auch in Italien. Dort hat der Fall eines verschleppten Ägypters schon mehrfach für Wirbel gesorgt. Karl Hoffmann berichtet aus Italien.

    Dass der amerikanische Geheimdienst mit zweifelhaften Methoden gegen tatsächliche, aber auch gegen vermeintliche Terroristen vorgeht, weiß man in Italien schon längst. In Mailand verschwand am 17. Februar 2003 spurlos der Imam Abu Omar, der unter Beobachtung der italienischen Ermittlungsbehörden stand. Ein Jahr tauchte er in Ägypten wieder auf und erklärte er sei von der CIA in Mailand geraubt und in den Gefängnissen von Kairo beinahe zu Tode gefoltert worden.

    Die Mailänder Ermittlungsrichter fordern nun die Auslieferung sowohl von Abu Omar, wie auch jener 23 Mitarbeiter des CIA, die den Imam von Mailand praktisch vor den Augen der italienischen Justiz entführt hatten. Italiens Regierung dementierte, als die Geschichte im letzten Sommer publik wurde, etwas von illegalen Aktivitäten der CIA in Mailand gewusst zu haben. Und der Chefredakteur der Oppositionszeitung Unita kommentierte das Achselzucken von Regierungschef Silvio Berlusconi angesichts der offensichtlichen Verletzung italienischer Hoheitsrechte mit beißender Schärfe:

    "Man weiß nicht mehr genau, ob das noch respektvolle Beziehungen zwischen gleichberechtigten Verbündeten sind oder ob uns die Weltmacht USA vielmehr von oben herab und wie einen Untergebenen behandelt."

    Der Fall des Deutsch-Libanesen Khaled el Masri erinnert nun deutlich an jenen des Mailänder Imam Abu Omar und es stellt sich die Frage, was man in Italien tatsächlich von den zweifelhaften CIA Aktivitäten wusste. Die Washington Post zitierte hohe Angehörige der CIA, die behaupten, die Entführung von Abu Omar sei mit dem italienischen Geheimdienst Sismi abgesprochen und von Regierungschef Silvio Berlusconi persönlich abgesegnet gewesen.

    Dumm nur, dass diese Behauptungen aus Sicherheitsgründen anonym bleiben müssen, kein rechtsgültiger Beweis sind und die italienische Regierung deshalb mit lockerer Hand alle Anschuldigungen zurückweisen kann. Keine italienische Institution sei jemals über die Entführung von Abu Omar informiert gewesen, im Gegenteil, offenbar gab es sogar einen Plan zur Irreführung der italienischen Behörden. Berlusconi also gar ein Opfer obskurer Agenten, denn die CIA kann es ja nicht gewesen sein. "Wir haben keinerlei entsprechende Hinweise und können deshalb ausschließen, dass die CIA illegale Aktionen auf unserem Boden verübt hat", erklärte Silvio Berlusconi .Damit war das Thema erledigt.

    Mittagsnachrichten im Fernsehen, nach Bürgerprotesten in Norditalien, Diskussion um die Abtreibung weit hinten dann endlich die Meldung aus Brüssel über die Entspannung zwischen Condoleeza Rice und ihren europäischen Kollegen. Kein Wort darüber, dass wohl mindestens 17 geheime Missionen der CIA in den letzten zwei Jahren auf italienischem Territorium stattgefunden haben. Und neue Vorwürfe der Mitwisserschaft gegen Italiens Regierung aus CIA Kreisen verlauteten.

    Kaum Informationen in den Massenmedien, keine weitere Stellungnahmen, sich absolut bedeckt halten, das ist Roms Strategie im heiklen Fall. So verbissen tut man in Italien, als wäre nichts gewesen, dass der Außenminister Fini sogar auf das Abendessen mit Condoleeza Rice verzichtete und nur einen Staatssekretär nach Brüssel schickte. Und statt gespanntem politischen Klima zwischen USA und Italien bekommen die Zuschauer einen ausführlichen Wetterbericht geliefert:

    Als einen Pakt mit dem Teufel bezeichnete die Tageszeitung La Repubblica die Mitwisserschaft bei brutalen Antiterrormaßnahmen. Und erinnerte daran, dass diesen Pakt nur der Teufel lösen kann.