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Palettentester aus Leidenschaft

Technik. - Manche Dinge sind schlicht, aber dennoch unverzichtbar - so auch die Europalette, auf der quasi alle Waren unseres täglichen Lebens durch die Welt befördert werden. Derzeit untersuchen Wissenschaftler aus sechs Ländern, ob das Transportpodest nicht noch zu verbessern ist.

Von Mirko Smiljanic |
    "So, jetzt wird also die Palette hinaufgezogen, kommt jetzt an einen Auslösepunkt und rollt jetzt aus einem Meter herab und trifft auf die beiden Stahlprofile auf."

    Dortmund, Fraunhofer-Institut Materialfluss und Logistik. Ralf Wunderlich, Leiter des Testlabors, geht seiner derzeitigen Lieblingsbeschäftigung nach: Er zerstört Paletten. Eine klassische Situation übrigens, die er da nachgestellt hat: Ein Gabelstaplerfahrer knallt mit den Stahlzinken gegen die Stützen der Palette.


    "An dieser Palette muss man jetzt erkennen, dass die Vernagelung der Holzklötze nicht ausreichend war. Durch das Hereinfahren der Gabelstaplerzinken würde jetzt in der Realität die Palette so stark beschädigt, dass sie nicht weiter verwendet werden könnte und durchaus eine Gefahr in der Distribution darstellt, dass sie zusammenbricht. "

    Was durchaus dramatischen Konsequenzen nach sich ziehen kann.

    "Denken Sie an moderne Hochregallager, dort gibt 15, 16 bis zu 17 Ebenen, und wenn eine Palette in der 17. Ebene zerbricht und fällt herunter, dann kann das nicht nur große technische Schäden hervorrufen, sondern auch Menschen gefährden. "

    Sieben Labore aus Frankreich, Korea, den USA, Japan und Deutschland testen in einem Ringversuch sowohl Holz- als auch Kunststoffpaletten der Größe 1000 mal 1200 Millimeter auf ihre Festigkeit und Steifigkeit. Bei der Festigkeit belasten die Ingenieure das Material bis zum Bruch, bei der Steifigkeit stehen Dauerbelastungen im Mittelpunkt. Wie weit biegen sich etwa Bretter durch? Weil Temperaturunterschiede dabei eine große Rolle spielen, setzen die Dortmunder Forscher auch ihre Klimakammer ein. So ganz nebenbei findet bei all diesen Versuchen eine Art Kulturkampf der Testphilosophien statt. Die Frontlinie verläuft zwischen den USA und dem Rest der Welt.

    "Es gibt in Amerika die Tendenz, die Prüfungen, die in dieser alten Norm beschrieben werden, zu ersetzen durch technisch sehr aufwändige Prüfungen, durch einen Airbagtest, wozu ein Luftsack - ein Airbag - eingesetzt wird, über den diese Palette auf Druck belastet wird. "

    Viel zu teuer, viel zu aufwändig, sagen Kritiker: die Tests müssen so konzipiert sein, dass sie jeder Palettenbauer durchführen kann. Überhaupt spielt der Preis eine große Rolle: Paletten sind Einwegartikel, deshalb sollten sie möglichst billig sein. Was aber der Forderung nach Haltbarkeit widerspricht. Kunststoffpaletten etwa sind teurer, halten aber wesentlich mehr aus, wie dieser Test zeigt.

    "Die Palette hängt jetzt hier diagonal aufgehängt und hängt mit einer Höhe von 50 Zentimetern über einem harten Fundament - und ich lasse die Palette jetzt herunter fallen."

    Nichts verbiegt sich, keine Beule, die Kunststoffpalette hat den Test bestanden, kostet allerdings auch sechs Mal mehr als ihre hölzerne Kollegin. Wenn die sieben Labore ihre Tests abgeschlossen haben, beginnt die Feinarbeit der Normungsausschüsse.

    "Wir werden dann alle Ergebnisse miteinander vergleichen und auch bewerten, wie diese Prüfverfahren durchzuführen sind, das heißt die Einfachheit der Verfahren bewerten, die Reproduzierbarkeit dieser Verfahren bewerten..."

    ….wo jetzt schon abzusehen ist, dass der technisch komplizierte Airbagtest aus den USA kaum Chancen hat. Aber das ist nur ein Nebenprodukt des weltweiten Palettentest-Programms. Am Ende, so die Hoffnung, steht eine ideale Palette: Stabil und billig ist sie, Stürze können ihr nicht anhaben.