Donnerstag, 16. Mai 2024

Archiv


Panne auf oberster Ebene

In der Affäre Nadja Drygalla tritt eine Wende an. Eine Woche lang suchten der Deutsche Olympische Sportbund DOSB, der Deutsche Ruderverband DRV und Landessportfunktionäre nach der Kommunikations-Panne, die dazu führte, dass die Beziehung der Ruderin zu einem früheren Rechtsextremisten der Führung des deutschen Olympiasports erst nach Drygallas Auftritt in London bekannt wurde. Jetzt stellt sich sich heraus, dass die Panne auf der obersten Ebene stattfand.

Von Thomas Kistner | 08.08.2012
    DRV-Sportdirektor Mario Woldt wusste offenbar bei dem Dreier-Krisengespräch in London mit Drygalla und dem DOSB-Generaldirektor Michael Vesper mehr über die Hintergründe der Affäre, als er bisher preisgab.

    Woldt räumt jetzt Inhalte eines Gesprächs ein, dass er mit Hans Sennewald, Chef des Ruderverbandes von Mecklenburg-Vorpommern, im April bei einem Boots-Prüftermin in Köln hatte. Sennewald, der auch Vater von Drygallas langjähriger Ruder-Partnerin in Zweier und Achter, Ulrike Sennewald, ist, hat Woldt dabei ganz konkret in den Fall Drygalla und deren Ausscheiden aus dem Polizeidienst eingeweiht. Woldt bestätigt das, bestreitet aber einen Punkt: Über das Thema rechte Szene sei nicht gesprochen worden. Es sei nur darum gegangen, wie man Drygalla nach dem Verlust von Job und Polizei-Sportförderung finanziell auffangen könne.

    Zugleich räumt Woldt allerdings ein, er selbst habe vorgeschlagen, Drygalla in die Sportfördergruppe der Bundeswehr einzugliedern. Tatsächlich war Drygalla nun schon am 17. Juli gemustert worden und hätte am 1. September einrücken sollen. Der DRV stoppte diesen Antrag erst aus London, nachdem die Affäre um Drygallas Privatbeziehung ausbrach.
    Die Ungereimtheiten auf Verbands-Seite nähren den Verdacht, dass auch Sennewalds Aussage zutrifft, er habe Woldt direkt und umfassend über Drygallas private Umstände aufgeklärt. Auch Sennewalds Ehefrau soll bei dem Treff mit Woldt zugegen gewesen sein. Zudem stellt sich die Frage, warum ein Sportdirektor nicht nach Gründen fragt, wenn eine 23-jährige Athletin aus dem Polizeidienst scheidet und damit aus der Sportförderung, die ihr das Spitzensporttraining ermöglicht.

    Der DRV wollte Sennewald noch am Mittwoch mitteilen, dass er nun rasch ein Gespräch wünscht. Auch das erst, nachdem Sennewalds Anwalt dem Verband dazu eine Frist gesetzt hatte.