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Parallelen zur "Occupy"-Bewegung

In "Deus Ex: Human Revolution" geht es im Jahhr 2027 gegen Konzerne, die sogenannte "Augmentierungen" herstellen, mechanische Verbesserungen des menschlichen Körpers. Das Computerspiel ist ein interaktiver Kommentar zur aktuellen Wirtschaftskrise, die Rolle der Augmentierungsfirmen erinnert an die der Banken heute.

Von Christian Schiffer |
    "In Washington versammeln sich heute Abend die Massen weiterhin vor dem Capitol. Sie fordern, dass der Kongress die Veränderung der Fähigkeiten des menschlichen Körpers streng reglementiert. Dies ist eine Reaktion auf die Behauptung des Biotechnologieexperten David Sarif sein Unternehmen habe einen Weg gefunden, humankontrollierte Evolution für alle zugänglich zu machen."

    Auch im Jahr 2027 gibt es noch gute Gründe auf die Straße zu gehen, trotz all der schönen neuen Gadgets, die im Schaufenster liegen, trotz all der bunten Digitalzeitungen, die neue Popstars hypen. Junge Leute halten Pappschilder hoch, rufen Parolen, wenden sich gegen die Macht großer Konzerne, ganz so, wie es in diesen Tagen in der Realität passiert etwa an der Wallstreet. Im Hier und Jetzt sind die großen Banken die großen Buhmänner, im Computerspiel "Deus Ex: Human Revolution" geht es gegen riesige Konzerne, die sogenannte "Augmentierungen" herstellen, mechanische Verbesserungen des menschlichen Körpers, die stärker, schneller und robuster machen. In "Deus Ex: Human Revolution" schlüpft der Spieler in die Haut eines Angestellten einer solchen High-Tech-Firma und sucht nach den Drahtziehern eines mysteriösen Anschlags. Dazu durchstreift er das Detroit im Jahr 2027, im Spiel eine düstere, beklemmende Stadt, mit vielen dunklen Ecken und düsteren Gassen. Doch blickt man nach oben, sieht man spektakuläre Hochhäuser, die in den Himmel ragen und deren Architektur an die der Renaissance erinnert. Das ist so gewollt, sagt der Franko-Kanadier David Anfossi. Er war der Produzent von "Deus Ex: Human Revolution":

    "In der Renaissance begann man langsam, den menschlichen Körper zu verstehen. Der Anatomielehre gelang der Durchbruch, man verstand nach und nach die verschiedenen Körperfunktionen. So ähnlich ist das auch in unserem Spiel, im Jahr 2027. Hier weiß man fast alles über den menschlichen Körper und jetzt geht es darum ihn zu verbessern mit mechanischen Upgrades. Das ist die Analogie. Aber es geht natürlich nicht nur um die Verbesserung des Körpers, sondern auch um die des Geistes."

    Die Verbesserung des Körpers durch Technologie geht einigen Menschen in "Deus Ex: Human Revolution" zu weit. In den USA gehen die Menschen auf die Straße, im geleckten China dagegen, der neuen Wirtschaftssupermacht im Jahr 2027, ist Demonstrieren nach wie vor verboten. In Detroit wettern die Augmetierungsgegner gegen die sogenannte "Menschenverschmutzung", besetzen den Platz vor großen Unternehmen und fordern die Politik zum Handeln auf. Und irgendwann kommt es, wie es oft kommt: Erst fliegen Pflastersteine und dann Bomben:

    "Eilmeldung: Die Krawalle in den Straßen von Detroit gehen weiter. Die Demonstranten haben sich vor dem Betriebsgelände von Sari Industries versammelt einem Weltmarktführer in der Augmentierung von Menschen."

    In "Deus Ex: Human Revolution" gerät man zwischen die Fronten. Mit beiden Seiten gut auszukommen, einen Kompromiss zu vermitteln oder sich einfach rauszuhalten, das ist nicht drin. "Deus Ex: Human Revolution" ist ein durch und durch politisches Spiel, in dem es jedoch kein moralisierendes richtig oder falsch gibt. Daniel Anfossi:

    "Wir geben keine Meinung vor. Klar, wir haben schon ein paar Botschaften, aber es geht hier nicht um schwarz oder weiß. Der Spieler muss entscheiden. Wir versuchen die Welt so plastisch wie möglich darzustellen: die Regierung, die Firmen, die Befürworter von Körperupgrades und die Gegner. Am Ende geht es dann um das Schicksal der Menschheit. Wir stellen alle Informationen zur Verfügung, aber entscheiden muss man dann schon selbst. Das ist uns sehr wichtig."

    Wer in "Deus Ex: Human Revolution" die Demonstranten mit ihren Pappschildern sieht oder in digitalen Hightech-Zeitungen von der Hilflosigkeit der Politik liest, der fühlt sich gleich an die aktuellen Proteste in New York und anderen Metropolen erinnert. Und tatsächlich: Das Spiel ist ein interaktiver Kommentar zur derzeitigen Wirtschaftskrise, die Rolle der Augmentierungsfirmen erinnert an die der Banken heute. Ach ja: Spaß macht das Spiel auch noch, denn man kann es spielen, wie man möchte: Pazifisten müssen keinen einzigen Schuss abzufeuern. Doch wer unbedingt will, darf auch ballern. Wofür und wogegen, das bleibt dem Spieler überlassen.

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