Der 1913 in Sankt Petersburg geborene De Stael kommt über Umwege nach Frankreich. Die Revolution in Russland zwingt die einst gutsituierte Familie zunächst nach Brüssel auszuwandern, wo De Stael seine Ausbildung an der staatlichen Kunsthochschule beginnt. Reisen durch Europa und vor allem nach Marokko, die er in Skizzenbüchern festhält, bereiten seine Laufbahn als Maler vor. Doch erst um 1940 greift De Stael zu Pinsel und Leinwand und schafft bis zu seinem unerwarteten Tod, er begeht 1955 in Antibes an der Côte d’Azur Selbstmord, an die tausend Werke. Die abstrakten Arbeiten seiner Freunde Robert und Sonja Delaunay oder Alberto Magnelli hinterlassen ihre Spuren auch in seinem Schaffen, doch sein Verständnis von abstrakter Kunst ist ein anderes.
Damals versuchte man in der abstrakten Kunst, die reale Welt hinter sich zu lassen. Für De Stael aber konnte es hier keine Trennung geben. Die abstrakten Künstler der 40er und 50er Jahre in Frankreich, aber auch in Deutschland waren der Ansicht, dass die Kunst nicht mehr von der Wirklichkeit ausgehen und nicht mehr einen Reflex derselben verkörpern dürfe. Für De Stael waren aber sowohl figurative als auch abstrakte Malerei von der Wirklichkeit gleichermaßen abhängig.
De Staels Meisterschaft liegt, und das verdeutlicht die Pariser Ausstellung an über 200 Exponaten, gerade in der Gradwanderung zwischen abstrakter und figurativer Malerei. Oft scheint es nämlich dem Betrachter selbst überlassen zu sein, ob er De Staels Werke als formal harmonisch in sich ruhende Form- und Farbabstraktionen interpretiert oder doch den schnellen Blick auf den beigegebenen Titel riskiert um dann etwa in der in kühlen Blautönen komponierten Abstraktion den Park des Schlosses Sceaux südlich von Paris zu entdecken. Die Ausschließlichkeit, mit der seine abstrakten Künstlerkollegen ihre eigenen Werke belegen, ist De Staels Sache nie gewesen. So soll er einem Pariser Museumskonservator geschrieben haben, der eines seiner Bilder in die ständige Ausstellung übernommen hatte: "Danke, dass Sie mein Bild nicht zur Bande der Abstrakten gehängt haben."
De Stael selbst hat sich immer außerhalb aller Gruppen und Strömungen gesehen. Er hat auch nur selten an den Ausstellungen der abstrakten Künstler teilgenommen. Die Kunstkritiker hatten es somit schwer mit ihm. Sie gingen dann auch hart mit ihm ins Gericht, als er sich ab 1952 noch stärker der figurativen Malerei zuwandte. Zu diesem Zeitpunkt gehörte ja die Zukunft der Malerei der Abstraktion. Was sagte also die Kritik : "Ach, der arme De Stael, der hat sich wohl im Weg geirrt."
So falsch kann der Weg nicht gewesen sein. Durch sein Festhalten an der figurativen Malerei, die er auf seine Art interpretiert, sind Werke entstanden, die denjenigen seiner Vorbilder Matisse und Braque ebenbürtig sind, wie die Ausstellung im Centre Pompidou zeigt.
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