"Sehen Sie hier, das waren einmal die mittlere Kirche und das Odeon, und da drüben auf dem Hügel sieht man die Reste einer sehr alten Kirche. Die Römer haben diese Stadt als Teil der berühmten Dekapolis gebaut. Hier im Tal gab es früher reichlich Wasser und viele Quellen, also schufen sie hier eine prächtige Stadt. Aber bei einem Erdbeben in der Frühzeit des Islam wurde sie völlig zerstört. Das meiste ist bis heute nicht ausgegraben - 90 Prozent liegen immer noch unter der Erde."
Mohammad Al-Nawasrah ist ein pensionierter Lehrer aus der Gegend. Auch wenn er die historischen Daten nicht so genau parat hat, präsentiert er die Ruinen der einstigen Römerstadt Pella mit spürbarem Lokalpatriotismus. Pella, das liegt auf der jordanischen Seite des Jordantals, rund 25 Kilometer südlich vom See Genezareth. Schon im Bronze- und Eisenalter gab es hier eine Siedlung. Die verfolgte christliche Urgemeinde fand hier Zuflucht, später kamen und gingen verschiedene islamische Reiche.
Doch so genau will Nawasrah darauf gar nicht eingehen, denn ihn zieht es schon weiter: zu einem umfriedeten Garten ein paar hundert Meter bergab am Rand des modernen Ortes Tabkat Fahal. Unter Dattelpalmen, Feigen- und Zitrusbäumen hat ein örtlicher Bauunternehmer dort eine kleine Oase in der kargen Landschaft geschaffen. Gänse spazieren auf einer Rasenfläche umher, dahinter lädt eine lange Tafel zum Platznehmen ein.
"Hier können die Leute im Restaurant etwas essen und einen Kaffee trinken. Und dort hinten können sie ihr eigenes Essen mitbringen und verzehren. Das Wasser aus der Quelle gehört zum saubersten in ganz Jordanien. Und schauen Sie mal, die Datteln! Es gibt zwei Sorten, die eine heißt "Dschamila" - auf Deutsch: "die Schöne"."
Dass Nawasrah den Besucher so bruchlos vom Historischen zum Alltäglichen führt, gehört hier zum Konzept. Denn wir befinden uns bei den Guten-Wasser-Nachbarn, einem Projekt der Umweltorganisation "Friends of the Earth Middle East", kurz: FOEME. Wie hier in Tabkat Fahal hat sie an 25 Stellen im Jordantal sogenannte Nachbarschaftspfade eingerichtet - in Jordanien, in Israel und in den Palästinensergebieten. Stets sind es Dorfbewohner, die dort die Besucher zu historischen Sehenswürdigkeiten führen, ihnen die großartige Natur des Jordantals zeigen - und auch die Umweltprobleme.
"Ich will Ihnen etwas über dieses kleine Dorf erzählen. Das Dorf heißt Dschusura, auf Deutsch: Brücken. Schauen Sie einmal, wie viele Brücken es hier gibt: acht Stück! Warum? Weil der Fluss hier früher riesengroß war - ein sehr breiter, großer Fluss. Deshalb mussten sie zur Zeit der Osmanen und des britischen Mandats all diese Brücken bauen. Aber jetzt - was für ein Trauerspiel, da ist gar kein Wasser mehr im Fluss."
Wegen immer neuer Staudämme, landwirtschaftlicher Übernutzung und mangelnder Koordination unter den Anrainerstaaten ist der einst reißende untere Jordan mittlerweile akut vom Austrocknen bedroht. Als Israel und Jordanien 1994 Frieden schlossen, witterten Umweltschützer eine historische Gelegenheit, endlich grenzüberschreitend etwas zur Rettung des biblischen Flusses zu unternehmen. Wie es von da zur Idee mit dem Öko-Tourismus kam, erklärt der stellvertretende FOEME-Direktor Abdel Rahman Sultan:
"Angefangen haben wir als Projekt zur effizienteren Wassernutzung. Wir wollten ein Bewusstsein für die Wasserknappheit schaffen. Auf die Idee, den Öko-Tourismus zu fördern, kamen wir erst durch eine Studie. Darin verglichen wir verschiedene Arten der Wassernutzung in dieser Region unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten - und fanden heraus, dass sich der Tourismus gemessen am Wasserverbrauch pro Kopf am meisten rentiert."
Das war die entscheidende Idee. Denn um die Landbevölkerung zum Wassersparen zu bringen, mussten die Umweltschützer ihr eine Alternative zur Landwirtschaft aufzeigen, die allmählich die schrumpfenden Wasservorräte des Jordantals aufzehrt. Was ihnen vorschwebt, ist allerdings kein Massentourismus mit Beton-Hotelburgen und riesigen Swimmingpools. Stattdessen wollen die Umweltschützer kostenbewusste Individualreisende herlocken, die am Kontakt zu Land und Leuten, Kultur und Geschichte interessiert sind.
"Wir haben im Jordantal alles, was für einen nachhaltigen Öko-Tourismus nötig ist. Wir haben kulturelle Schätze und historische Stätten. Aber was fehlt, ist die Infrastruktur, sind Pensionen, Werbung für die verschiedenen Ziele. Und es fehlt der Bevölkerung an Ausbildung und am Wissen, dass ihre Orte attraktiv für alle möglichen Arten von Touristen ist. Daher kam die Idee der Nachbarschaftspfade - um den Menschen zu helfen, für ihr Einkommen weniger von der Landwirtschaft abhängig zu werden."
Zunächst einmal mussten die Umweltschützer also ein Bewusstsein bei den Einheimischen schaffen, von welchen natürlichen und historischen Reichtümern sie umgeben sind. Dazu dient zum Beispiel der Öko-Park, den sie am Fuß eines kleinen Staudamms geschaffen haben. Das schattige Plätzchen an einem Wasserlauf war zu einer Art Schafstall für die Beduinen der Gegend verkommen.
"Wir haben das Land vor Überweidung geschützt und viele heimische Bäume gepflanzt. Vor allem im Frühjahr kommen die Leute aus ganz Jordanien hierher, denn die Gegend ist bekannt für ihr gutes Wasser."
Weiter geht es in das 20 Kilometer weiter nordöstlich gelegene Dorf Al-Himma.
In einer Schlucht gleich neben dem Ort rauscht der Jordan-Zufluss Jarmuk vorbei, am gegenüberliegenden Ufer erheben sich malerisch die Golan-Höhen. Am anderen Ortsrand liegt in einem brüchigen Betonbecken eine heiße Quelle. Auf der viel zu breiten Dorfstraße empfängt uns Jusuf Mohareb.
"Das ist die Hauptstraße von Al-Himma. Vor dem Sechs-Tage-Krieg verlief hier ein Zweig der Hidschas-Eisenbahn von Damaskus nach Palästina. Ein paar Überreste kann man noch sehen."
Mohareb beugt sich zu einem Gully hinunter und zeigt durch das Gitter. Und tatsächlich, unter dem Asphalt ist dort ein Stück Schiene sichtbar.
"Das ist das, was von den Eisenbahnschienen übrig ist. Und dies hier ist die Moschee. 1966 wurde sie vom Staat erbaut, 1967 von den Israelis im Krieg zerstört."
"Danach haben die Leute aus dem Ort die Moschee in Eigenarbeit wieder aufgebaut."
Mohareb ist so etwas wie der Musterfall eines Dorfbewohners, wie ihn sich die Umweltschützer von FOEME wünschen: Die zarten Anfänge eines Touristenstroms in Al-Himma hat er genutzt, um ein Ausflugscafé aufzubauen. Unter einem Dach aus Palmenblättern bewirtet er die Besucher dort mit Tee und Kaffee - und schmiedet längst größere Pläne.
"Jetzt will ich, wenn ich die Möglichkeit bekomme, ein kleines Bad bauen. Mit dem Wasser aus der heißen Quelle können wir das dann als Sauna nutzen, als türkisches Bad."
Mohammad Al-Nawasrah ist ein pensionierter Lehrer aus der Gegend. Auch wenn er die historischen Daten nicht so genau parat hat, präsentiert er die Ruinen der einstigen Römerstadt Pella mit spürbarem Lokalpatriotismus. Pella, das liegt auf der jordanischen Seite des Jordantals, rund 25 Kilometer südlich vom See Genezareth. Schon im Bronze- und Eisenalter gab es hier eine Siedlung. Die verfolgte christliche Urgemeinde fand hier Zuflucht, später kamen und gingen verschiedene islamische Reiche.
Doch so genau will Nawasrah darauf gar nicht eingehen, denn ihn zieht es schon weiter: zu einem umfriedeten Garten ein paar hundert Meter bergab am Rand des modernen Ortes Tabkat Fahal. Unter Dattelpalmen, Feigen- und Zitrusbäumen hat ein örtlicher Bauunternehmer dort eine kleine Oase in der kargen Landschaft geschaffen. Gänse spazieren auf einer Rasenfläche umher, dahinter lädt eine lange Tafel zum Platznehmen ein.
"Hier können die Leute im Restaurant etwas essen und einen Kaffee trinken. Und dort hinten können sie ihr eigenes Essen mitbringen und verzehren. Das Wasser aus der Quelle gehört zum saubersten in ganz Jordanien. Und schauen Sie mal, die Datteln! Es gibt zwei Sorten, die eine heißt "Dschamila" - auf Deutsch: "die Schöne"."
Dass Nawasrah den Besucher so bruchlos vom Historischen zum Alltäglichen führt, gehört hier zum Konzept. Denn wir befinden uns bei den Guten-Wasser-Nachbarn, einem Projekt der Umweltorganisation "Friends of the Earth Middle East", kurz: FOEME. Wie hier in Tabkat Fahal hat sie an 25 Stellen im Jordantal sogenannte Nachbarschaftspfade eingerichtet - in Jordanien, in Israel und in den Palästinensergebieten. Stets sind es Dorfbewohner, die dort die Besucher zu historischen Sehenswürdigkeiten führen, ihnen die großartige Natur des Jordantals zeigen - und auch die Umweltprobleme.
"Ich will Ihnen etwas über dieses kleine Dorf erzählen. Das Dorf heißt Dschusura, auf Deutsch: Brücken. Schauen Sie einmal, wie viele Brücken es hier gibt: acht Stück! Warum? Weil der Fluss hier früher riesengroß war - ein sehr breiter, großer Fluss. Deshalb mussten sie zur Zeit der Osmanen und des britischen Mandats all diese Brücken bauen. Aber jetzt - was für ein Trauerspiel, da ist gar kein Wasser mehr im Fluss."
Wegen immer neuer Staudämme, landwirtschaftlicher Übernutzung und mangelnder Koordination unter den Anrainerstaaten ist der einst reißende untere Jordan mittlerweile akut vom Austrocknen bedroht. Als Israel und Jordanien 1994 Frieden schlossen, witterten Umweltschützer eine historische Gelegenheit, endlich grenzüberschreitend etwas zur Rettung des biblischen Flusses zu unternehmen. Wie es von da zur Idee mit dem Öko-Tourismus kam, erklärt der stellvertretende FOEME-Direktor Abdel Rahman Sultan:
"Angefangen haben wir als Projekt zur effizienteren Wassernutzung. Wir wollten ein Bewusstsein für die Wasserknappheit schaffen. Auf die Idee, den Öko-Tourismus zu fördern, kamen wir erst durch eine Studie. Darin verglichen wir verschiedene Arten der Wassernutzung in dieser Region unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten - und fanden heraus, dass sich der Tourismus gemessen am Wasserverbrauch pro Kopf am meisten rentiert."
Das war die entscheidende Idee. Denn um die Landbevölkerung zum Wassersparen zu bringen, mussten die Umweltschützer ihr eine Alternative zur Landwirtschaft aufzeigen, die allmählich die schrumpfenden Wasservorräte des Jordantals aufzehrt. Was ihnen vorschwebt, ist allerdings kein Massentourismus mit Beton-Hotelburgen und riesigen Swimmingpools. Stattdessen wollen die Umweltschützer kostenbewusste Individualreisende herlocken, die am Kontakt zu Land und Leuten, Kultur und Geschichte interessiert sind.
"Wir haben im Jordantal alles, was für einen nachhaltigen Öko-Tourismus nötig ist. Wir haben kulturelle Schätze und historische Stätten. Aber was fehlt, ist die Infrastruktur, sind Pensionen, Werbung für die verschiedenen Ziele. Und es fehlt der Bevölkerung an Ausbildung und am Wissen, dass ihre Orte attraktiv für alle möglichen Arten von Touristen ist. Daher kam die Idee der Nachbarschaftspfade - um den Menschen zu helfen, für ihr Einkommen weniger von der Landwirtschaft abhängig zu werden."
Zunächst einmal mussten die Umweltschützer also ein Bewusstsein bei den Einheimischen schaffen, von welchen natürlichen und historischen Reichtümern sie umgeben sind. Dazu dient zum Beispiel der Öko-Park, den sie am Fuß eines kleinen Staudamms geschaffen haben. Das schattige Plätzchen an einem Wasserlauf war zu einer Art Schafstall für die Beduinen der Gegend verkommen.
"Wir haben das Land vor Überweidung geschützt und viele heimische Bäume gepflanzt. Vor allem im Frühjahr kommen die Leute aus ganz Jordanien hierher, denn die Gegend ist bekannt für ihr gutes Wasser."
Weiter geht es in das 20 Kilometer weiter nordöstlich gelegene Dorf Al-Himma.
In einer Schlucht gleich neben dem Ort rauscht der Jordan-Zufluss Jarmuk vorbei, am gegenüberliegenden Ufer erheben sich malerisch die Golan-Höhen. Am anderen Ortsrand liegt in einem brüchigen Betonbecken eine heiße Quelle. Auf der viel zu breiten Dorfstraße empfängt uns Jusuf Mohareb.
"Das ist die Hauptstraße von Al-Himma. Vor dem Sechs-Tage-Krieg verlief hier ein Zweig der Hidschas-Eisenbahn von Damaskus nach Palästina. Ein paar Überreste kann man noch sehen."
Mohareb beugt sich zu einem Gully hinunter und zeigt durch das Gitter. Und tatsächlich, unter dem Asphalt ist dort ein Stück Schiene sichtbar.
"Das ist das, was von den Eisenbahnschienen übrig ist. Und dies hier ist die Moschee. 1966 wurde sie vom Staat erbaut, 1967 von den Israelis im Krieg zerstört."
"Danach haben die Leute aus dem Ort die Moschee in Eigenarbeit wieder aufgebaut."
Mohareb ist so etwas wie der Musterfall eines Dorfbewohners, wie ihn sich die Umweltschützer von FOEME wünschen: Die zarten Anfänge eines Touristenstroms in Al-Himma hat er genutzt, um ein Ausflugscafé aufzubauen. Unter einem Dach aus Palmenblättern bewirtet er die Besucher dort mit Tee und Kaffee - und schmiedet längst größere Pläne.
"Jetzt will ich, wenn ich die Möglichkeit bekomme, ein kleines Bad bauen. Mit dem Wasser aus der heißen Quelle können wir das dann als Sauna nutzen, als türkisches Bad."