Parlamentswahl in Kanada
Offenes Rennen zwischen Liberalen und Konservativen

In Kanada wird heute ein neues Parlament gewählt. Die Liberale Partei von Premierminister Carney hat stark aufgeholt und liegt in einigen Umfragen wieder vor den Konservativen von Herausforderer Poilievre. Im Januar hatte der damalige Premier Trudeau seinen Rücktritt als Partei- und Regierungschef angekündigt, weil die Zustimmung zu den Liberalen in Umfragen nur noch bei 20 Prozent lag.

    Schild vor einem Wahlbüro im kanadischen Edmonton.
    Kanada wählt am 28. April ein neues Parlament. (picture alliance / NurPhoto / Artur Widak)
    Viele Kanadier warfen Trudeau vor, Versprechen nicht gehalten zu haben. So seien die Preise im Land zu stark gestiegen und es gebe zu wenig Wohnraum.

    Trump "bester Wahlhelfer" für die Liberalen

    Die oppositionellen Konservativen unter ihrem Anführer Poilievre profitierten davon und lagen zeitweise bei 40 Prozent Zustimmung. Dieser Trend hat sich in den vergangenen Wochen umgedreht. Seit US-Präsident Trump davon sprach, Kanada als Bundesstaat in die USA eingliedern zu wollen, und dann Zölle auf viele Produkte verhängte, stieg die Unterstützung der Bevölkerung für die Liberalen und Premierminister Carney. 20 Prozent des kanadischen Handels finden mit den USA statt.
    Der Politikwissenschaftler und Professor an der Universität von British Columbia, Hübner, sagte im Deutschlandfunk, Trump sei der "beste Wahlhelfer" für die Liberalen gewesen. Durch die Zölle sei der Patriotismus der Kanadier gestärkt worden. Hinzu komme, dass Oppositionschef Poilievre "nur den Angriffsmodus" kenne. Viele Kanadier könnten sich nicht vorstellen, dass der 45 Jahre alte Politiker am Verhandlungstisch Kompromisse für sein Land aushandeln werde.
    Carney hingegen gilt als Wirtschaftsexperte. Der 60-Jährige war zuvor unter anderem Chef der kanadischen Zentralbank.

    Wahl überschattet durch Amokfahrt

    Die Wahl wird überschattet durch eine Amokfahrt in der Stadt Vancouver, bei der am Wochenende mindestens elf Menschen zu Tode kamen. Ein 30-Jähriger war mit seinem Auto bei einem Volksfest in eine Menschenmenge gefahren. Die Polizei geht davon aus, dass es sich bei der Tat nicht um ein Attentat handelt. Angesichts der Tragödie sagte Premier Carney alle noch anstehenden Wahlkampftermine ab. Sein Herausforderer Poilievre hielt dagegen an seinem Terminplan fest. Das könnte ihm nach Ansicht von Politikwissenschaftler Hübner schaden und den Abwärtstrend der Konservativen weiter verstärken.

    29 Millionen Wahlberechtigte

    In Kanada gilt ein striktes Mehrheitswahlrecht: Jeder der 343 Wahlkreise entsendet jeweils einen Abgeordneten oder eine Abgeordnete ins Parlament. Entscheidend ist also nicht der prozentuale Stimmenanteil auf Bundesebene, sondern wer die meisten Wahlkreise gewinnt. Mit der Regierungsbildung wird traditionell der Vorsitzende oder die Vorsitzende der stärksten Parlamentsfraktion beauftragt.
    Zur Wahl aufgerufen sind 29 Millionen Menschen. Ungewöhnlich viele Kanadierinnen und Kanadier haben von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, vor dem eigentlichen Wahltag ihre Stimme abzugeben: 7,3 Millionen gingen an vier Tagen im April in Wahlbüros, hinzu kommen noch die Briefwähler.

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    Diese Nachricht wurde am 28.04.2025 im Programm Deutschlandfunk gesendet.