Ob Weltenbummler oder Lokalmatador - seine Figuren sind nervöse Zeitgenossen, sensible Naturen auf der rastlosen Suche nach Liebe und Sex, nach der perfekten Frau, dem idealen Körper. Der voyeuristische Blick, den er seinen verzweifelten Lüstlingen zugesteht, zeugt von männlicher Schärfe. Das trifft auf den weltvergessenen Frankfurter Flaneur genauso zu wie auf den gottesfürchtigen philippinischen Missionar in "Infanta", Kirchoffs bis dato größter Literarischer Erfolg.. Nichts ist an Bodo Kirchhoff so vorbeigeschwappt wie die Softie-Welle in den siebziger und achtziger Jahren. Ein ausgemachter Macho, sagen die einen, ein literarischer Verführungskünstler, die anderen. So oder so - Bodo Kirchhoff ist einer der wenigen literarisch gebildeten Kultautoren in unserem Lande, meilenweit entfernt von den Lümmeln der Pop-Generation.
Mit Titeln wie Body-Building (1980), Die Einsamkeit der Haut (1981) oder Dame und Schwein (1985) trifft er den Nerv einer "versauten" Epoche. Ein schmächtiger Pariser Skandalautor versucht das gleiche. Lange nicht so subtil. Kirchhoff und Michel Houllebeqc - beiden geht es um die Darstellung der körperlichen Rituale im Zeitalter eines immer seelenloseren Sexus. Doch im Gegensatz zu Houllebeque und erst recht zu Catherine Millet versteht sich Kirchhoff nicht als Provokateur.
Parlando - Acht Jahre hat er an seinem neuen Werk gearbeitet, Zehntausende von Kilometern zurückgelegt, unterwegs von einem Hotel zum anderen, Laptop und Papierstapel voller Notizen im Gepäck, ein dauerndes Kramen in den Erinnerungen an die eigene Jugend, ein Wühlen in den verborgensten Winkeln im Kopf, ein abenteuerliches Jahrzehnt, der entscheidende Abschnitt im Leben eines hochleistungsorientierten Autors. "Ich bin, was ich erzähle", sagt Karl Faller, der Held des Romans, Drehbuchschreiber fürs Fernsehen wie der Autor selbst übrigens.
Parlando ist zwar ein fiktiver Roman, doch so dicht entlang der eigenen Biografie hat Bodo Kirchhoff bislang in keinem Buch geschrieben. Bei der Urlesung neulich vor Publikum im "Literarischen Colloquium Berlin" standen dem angeblich so hart gesottenen Medienprofi vor Aufregung die Schweißperlen auf der Stirn. "Es kommt mir alles vor wie ein Neuanfang." Sagt einer, dessen letzter großer literarischer Erfolg immerhin elf Jahre zurückliegt: Infanta, der Roman mit einer Handvoll hoffnungslos erotisierter Missionare auf den Philippinen. Unsterblich verschießen sie sich in ein neunzehnjähriges Mädchen - und müssen dafür büßen.
Was wäre passiert, wenn ich als Siebzehnjähriger einen Sohn gezeugt hätte? Dieser Gedanke war es, der Kirchhoff zu seinem Roman motivierte "Wie würde ein Sohn über einen so jungen Vater heute in der Rückschau denken" - Aus dieser Selbstbefragung, eine Selbstbezichtigung, entstand ein Meisterwerk der Erzählkunst, eine anrührende Sohn-Vater-Geschichte, so packend, so spannend, so elegant geschrieben, wie man eine noch nicht gelesen hat. Seit Javier Marias' "Mein Herz so weiß" hat keiner so suggestiv über die Schuld und Unschuld tödlicher Leidenschaften geschrieben.
In der Tat ist Karl Faller, der Erzähler des Romans, nur siebzehn Jahre jünger als sein Vater Kristian, ein Aktivist an der Front der Achtundsechziger, später ein erfolgreicher Verfasser von Stadtführern für Alleinreisende in aller Welt. Herrlich, wie Bodo Kirchhoff in den Erinnerungen an Frankfurter Demos und steile Philosophiezirkel sich selbst und den Hochmut jener antiautoritären Jahre aufs Korn nimmt. In einigen Szenen, Kabinettstückchen geradezu, taucht eine Figur auf, ein Politiker auf dem Vormarsch, dessen reales Vorbild nur Joschka Fischer sein kann.
Karl Fallers Drama besteht darin, dass er sich von seinem Vater nicht lösen kann. Bis zur Selbstaufgabe tritt er in die Fußstapfen des Vaters. Je abwesender er ist, desto näher rückt er dem Sohn auf den Leib, in den Kopf. Karl grast all die Länder ab, wohin es den unlängst gemeinsam mit der Mutter im Gebirge abgestürzten Vater trieb. Mit dessen Reiseführern vor Augen geht es zum Gardasee, nach Rom, Marrakesch, Lissabon, Moskau Buenos Aires. Wer noch nie in diesen Städten war - bitte, bei der Lektüre von Bodo Kirchhoffs "Parlando" wird auch der Leser zum Weltenbummler.
Der labile, durchs Leben schwankende Held leidet an einem schweren Ödipus-Komplex. Nicht nur, dass er sich an die diversen Geliebten seines verheirateten Vaters - ein "Profi" des Fremdgehens - heranpirscht, er kriegt sie auch alle ins Bett. Soagar seine Stiefmutter. Bis auf eine, die zwar in jedem Stadtführer des Vaters erwähnt, aber nicht greifbar wird. Eines Tages liegt sie als Leiche neben Karl. "Parlando" hat auch etwas von einem Krimi. Um sich von seinem Vater zu befreien, versucht er, der untersuchenden Staatsanwältin seine Schuld zu beweisen. Die aber - verkehrte Welt - beweist dessen Unschuld und wird im fernen Argentinien Karls freiwillige Geliebte. "Palando" - ein Abenteuer-, ein Liebesroman. ein literarischer Höhepunkt in diesem Herbst.
Mit Titeln wie Body-Building (1980), Die Einsamkeit der Haut (1981) oder Dame und Schwein (1985) trifft er den Nerv einer "versauten" Epoche. Ein schmächtiger Pariser Skandalautor versucht das gleiche. Lange nicht so subtil. Kirchhoff und Michel Houllebeqc - beiden geht es um die Darstellung der körperlichen Rituale im Zeitalter eines immer seelenloseren Sexus. Doch im Gegensatz zu Houllebeque und erst recht zu Catherine Millet versteht sich Kirchhoff nicht als Provokateur.
Parlando - Acht Jahre hat er an seinem neuen Werk gearbeitet, Zehntausende von Kilometern zurückgelegt, unterwegs von einem Hotel zum anderen, Laptop und Papierstapel voller Notizen im Gepäck, ein dauerndes Kramen in den Erinnerungen an die eigene Jugend, ein Wühlen in den verborgensten Winkeln im Kopf, ein abenteuerliches Jahrzehnt, der entscheidende Abschnitt im Leben eines hochleistungsorientierten Autors. "Ich bin, was ich erzähle", sagt Karl Faller, der Held des Romans, Drehbuchschreiber fürs Fernsehen wie der Autor selbst übrigens.
Parlando ist zwar ein fiktiver Roman, doch so dicht entlang der eigenen Biografie hat Bodo Kirchhoff bislang in keinem Buch geschrieben. Bei der Urlesung neulich vor Publikum im "Literarischen Colloquium Berlin" standen dem angeblich so hart gesottenen Medienprofi vor Aufregung die Schweißperlen auf der Stirn. "Es kommt mir alles vor wie ein Neuanfang." Sagt einer, dessen letzter großer literarischer Erfolg immerhin elf Jahre zurückliegt: Infanta, der Roman mit einer Handvoll hoffnungslos erotisierter Missionare auf den Philippinen. Unsterblich verschießen sie sich in ein neunzehnjähriges Mädchen - und müssen dafür büßen.
Was wäre passiert, wenn ich als Siebzehnjähriger einen Sohn gezeugt hätte? Dieser Gedanke war es, der Kirchhoff zu seinem Roman motivierte "Wie würde ein Sohn über einen so jungen Vater heute in der Rückschau denken" - Aus dieser Selbstbefragung, eine Selbstbezichtigung, entstand ein Meisterwerk der Erzählkunst, eine anrührende Sohn-Vater-Geschichte, so packend, so spannend, so elegant geschrieben, wie man eine noch nicht gelesen hat. Seit Javier Marias' "Mein Herz so weiß" hat keiner so suggestiv über die Schuld und Unschuld tödlicher Leidenschaften geschrieben.
In der Tat ist Karl Faller, der Erzähler des Romans, nur siebzehn Jahre jünger als sein Vater Kristian, ein Aktivist an der Front der Achtundsechziger, später ein erfolgreicher Verfasser von Stadtführern für Alleinreisende in aller Welt. Herrlich, wie Bodo Kirchhoff in den Erinnerungen an Frankfurter Demos und steile Philosophiezirkel sich selbst und den Hochmut jener antiautoritären Jahre aufs Korn nimmt. In einigen Szenen, Kabinettstückchen geradezu, taucht eine Figur auf, ein Politiker auf dem Vormarsch, dessen reales Vorbild nur Joschka Fischer sein kann.
Karl Fallers Drama besteht darin, dass er sich von seinem Vater nicht lösen kann. Bis zur Selbstaufgabe tritt er in die Fußstapfen des Vaters. Je abwesender er ist, desto näher rückt er dem Sohn auf den Leib, in den Kopf. Karl grast all die Länder ab, wohin es den unlängst gemeinsam mit der Mutter im Gebirge abgestürzten Vater trieb. Mit dessen Reiseführern vor Augen geht es zum Gardasee, nach Rom, Marrakesch, Lissabon, Moskau Buenos Aires. Wer noch nie in diesen Städten war - bitte, bei der Lektüre von Bodo Kirchhoffs "Parlando" wird auch der Leser zum Weltenbummler.
Der labile, durchs Leben schwankende Held leidet an einem schweren Ödipus-Komplex. Nicht nur, dass er sich an die diversen Geliebten seines verheirateten Vaters - ein "Profi" des Fremdgehens - heranpirscht, er kriegt sie auch alle ins Bett. Soagar seine Stiefmutter. Bis auf eine, die zwar in jedem Stadtführer des Vaters erwähnt, aber nicht greifbar wird. Eines Tages liegt sie als Leiche neben Karl. "Parlando" hat auch etwas von einem Krimi. Um sich von seinem Vater zu befreien, versucht er, der untersuchenden Staatsanwältin seine Schuld zu beweisen. Die aber - verkehrte Welt - beweist dessen Unschuld und wird im fernen Argentinien Karls freiwillige Geliebte. "Palando" - ein Abenteuer-, ein Liebesroman. ein literarischer Höhepunkt in diesem Herbst.