Mittwoch, 24. April 2024

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Partnervermittlung für Menschen mit Behinderung
"Nicht älter als 25 Jahre und sexuell erfahren"

Mitunter kann es schwierig sein, die richtige Partnerin oder den richtigen Partner zu finden. Das gilt ganz allgemein, aber Menschen mit Behinderungen haben es bei der Partnersuche oft noch ein bisschen schwerer. In Bremen kümmert sich eine Partnervermittlung unentgeltlich um genau diese Zielgruppe.

Von Franziska Rattei | 25.07.2014
    Das Bild eines jungen Mannes sieht sich diese Frau auf einem Laptop an.
    Den richtigen Partner zu finden ist für Menschen mit Behinderung noch schwieriger, Partner werden oft auch online gesucht. (Rainer Jensen / dpa)
    "Ja, hallo. Ja, genau. Was haben Sie denn für eine Frage?"
    Ute Osterloh arbeitet bei der Diakonischen Stiftung Friedehorst in Bremen und leitet dort den Freizeit-Treff. Für Menschen mit Behinderung organisiert sie Bastelnachmittage, Spieleabende oder Kinobesuche. Vor vier Jahren ist noch etwas dazugekommen: die Partnervermittlung "Feuer und Flamme". Seitdem klingelt ihr Telefon noch öfter als früher. Menschen wollen sich anmelden oder nachfragen, ob Ute Osterloh inzwischen die Richtige oder den Richtigen gefunden hat. 160 Personen hat sie bereits in der Kartei.
    "Also von diesen 160 Leute habe ich vielleicht schon 30 oder so vermittelt als Paare. Also ungefähr 60 Leute sind schon glücklich. Das ist doch toll. Wer kann da schon von sich behaupten, ne?"
    Viele sind schon lange auf der Suche
    Die meisten Interessierten kommen aus Bremen und Umgebung, aber die Partnervermittlung hat sich auch schon weiter herumgesprochen: nach Emden, Celle und Porta Westfalica beispielsweise. Viele, die sich bei Ute Osterloh melden, sind schon lange auf der Suche. Wegen ihrer Behinderung finden sie keinen nicht-behinderten Partner, die schwerst mehrfach Behinderten haben praktisch gar keine Chance, sagt die Partnervermittlerin. Außer hier.
    Viele vertrauliche Details
    Die Informationen über ihre Klienten sammelt Ute Osterloh in einem abschließbaren Schubladencontainer. Nur sie hat den Schlüssel, und nur sie kennt die vielen vertraulichen Details der Männer und Frauen. Man kann Ute Osterloh ausgefüllte Kontaktbögen zuschicken, die meisten kommen aber persönlich bei ihr vorbei, sagt sie.
    "Das ist ja dann auch ein sehr intimes Gespräch, finde ich immer. Deswegen wird es auch nur mit mir ausgeführt, und kein anderer darf dabei sein. Außer da möchte der Klient dann, dass jemand dabei ist. Aber meistens rede ich mit denen alleine. Und dann kommen manchmal aus Sachen, wo ich glaube, dass das die Betreuer nicht mal wissen. Aber das ist auch egal. Das ist ja dann unsere Sache. Und ich muss dann halt nur jemanden finden, der passt."
    Nur blond, auf keinen Fall Rolli-Fahrer
    Manchmal ist das schwierig; etwa, wenn die Wünsche sehr spezifisch sind. "Nur blond, auf keinen Fall Rolli-Fahrer, nicht älter als 25 Jahre und sexuell erfahren" - solche Einschränkungen grenzen die Suche stark ein. Die Wünsche von Vanessa Giesenberg waren nicht so kompliziert. Sie hat Ute Osterloh erzählt, dass sie bisher noch keinen Freund hatte und jemanden sucht, der romantisch ist. Und trotzdem hat es nicht gepasst, erzählt die Bremerin. Sie hat keine körperliche Behinderung, aber eine leichte Lernschwäche.
    "Der war nicht so ganz so auf meiner Welle, wie ich das so kenne; so mit Romantik und Kerzen und Blumen. Das musste man dem halt alles zeigen, so ein bisschen. Und das fand ich nicht so schön. Er passte halt nicht zu mir. Ich merkte das, und dann habe ich das Ute erzählt. Und die hat dann gesagt: Ok, dann ist das halt so, dann suche ich weiter und suche für dich einen neuen Freund."
    Wunschkandidaten sind schwierig zu finden
    Die Interessenten bekommen von Ute Osterloh immer nur kurze Steckbriefe zugeschickt; mit dem Vornamen, dem Wohnort, Hobbies und einem Foto. Wenn beide zustimmen und sich kennenlernen möchten, gibt sie die Telefonnummer heraus. Und dann ist ihre Arbeit fürs Erste beendet. So ist es auch bei Wolfgang Cordes und Edith Brinckmann gelaufen. Er: 49 Jahre alt, Epileptiker mit einem Sprachfehler. Sie: 54 Jahre alt, Diabetikerin mit einer Muskelschwäche. Edith Brinckmann benutzt seit Jahren einen Elektrorollstuhl. Deshalb hat sie sich einen Freund gewünscht, der laufen kann - und hat ihn gefunden.
    "Ich war froh, weil ich ihn als Freund hatte. Und er hat gesagt: es gibt keine andere Freundin für ihn."
    Ich war froh, als ich ihn als Freund hatte. Und er hat gesagt: es gibt keine andere Freundin für ihn - so beschreibt es Edith Brinckmann. Ihr Verlobter findet da weniger Worte.
    "Herzlich. Herzliche Liebe."
    Es scheint zu funktionieren. Die beiden sind schon seit vier Jahren ein Paar, und sie haben große Pläne. Wenn sie das nötige Geld zusammen haben, wollten sie heiraten. Ute Osterlohs Pläne für die Partnervermittlung sind ebenfalls groß. Das Tabu "Liebe zwischen Menschen mit Behinderungen" weiter brechen.