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Patentscouts für junge Erfinder

An deutschen Hochschulen werden viele Erfindungen gemacht, aber nur wenige zum Patent angemeldet: Nur knapp 600 von rund 50.000 jährlichen Patentanmeldungen kommen von den Universitäten. Das will die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen ändern und finanziert daher Patentscouts an vielen Hochschulen. Sie sollen an den Unis Erfindungen aufspüren und zur Patentanmeldung führen.

Von Ingo Wagner | 23.10.2009
    Die RWTH Aachen gehört zu den renommiertesten Technischen Hochschulen Deutschlands. Hier arbeitet Simone Schmitz als Patentscout. Die 26-Jährige hat vor einem Jahr ihr Betriebswirtschaftsstudium an der Universität abgeschlossen. Mit dem wirtschaftsorientierten Abschluss in der Tasche haben viele ihrer Kommilitonen den üblichen Weg zu einem großen Unternehmen eingeschlagen. Aber Simone Schmitz reizte die Beschäftigung mit neuen Ideen und Erfindungen.

    "Patentscout wird man, wenn man Interesse hat an vielen verschiedenen Gebieten. Man hat zwar den BWL-Background, der einem sehr stark hilft, wenn es darum geht, Verwertungsstrategien aufzusetzen, und ansonsten muss man einfach ein großes Interesse haben, auch in andere Bereiche reinzuschauen und auch die Wissenschaftler zu verstehen."

    Sie blieb an der RWTH Aachen und arbeitet mit drei weiteren Patentscouts zusammen. Als Trüffelschweine oder Schatzsucher werden sie häufig bezeichnet. Aber so richtig viel suchen müssen die Patentscouts an der Hochschule gar nicht. Natürlich machen sie Werbung für sich, gehen aktiv auf die Lehrstühle und Institute zu und erklären, was sie anzubieten haben. Aber in Aachen waren sie schnell so bekannt an der Hochschule, dass die Wissenschaftler auf sie zukommen, sagt Patentscout Markus Lehnen:

    "Dann passiert sehr viel über Mund-zu-Mund-Propaganda. Wenn einer ne gute Erfahrung mit uns gemacht hat, wenn wir die gut beraten haben, dann sagen die das auch weiter und dann kommt der Kollege, der vielleicht auch ne Idee hat und diskutiert das dann mit uns."

    So konnten sich die Patentscouts von Anfang an über mangelnden Beratungsbedarf nicht beklagen. Seit Oktober vergangenen Jahres haben sie 56 Fälle betreut.
    Aber nicht jede Erfindung wird sofort patentiert. In einigen Fällen musste Markus Lehnen begeisterten Forschern schon abraten, diesen Weg zu beschreiten.

    "Es wird immer geguckt: Kann man auf der einen Seite das Ganze tatsächlich zum Patent anmelden, macht das Sinn? Haben wir Chancen in einem Anmeldeverfahren. Zum Anderen: Ist das Ganze auch wirtschaftlich verwertbar in der Zukunft? Das sind die beiden Punkte, die neben anderen rechtlichen Aspekten da eben genau geprüft werden."

    Einer dieser rechtlichen Aspekte ist die Publikation der Forschungsergebnisse. Sie ist für deutsche Wissenschafter ganz besonders wichtig. Denn davon hängen vielfach das Ansehen unter den Kollegen und die eigene Karriere ab. Ist eine Erfindung aber einmal veröffentlicht, kann sie nicht mehr patentiert werden.

    Aber selbst wenn alle Kriterien eingehalten worden sind, können die Erfinder kein schnelles Verfahren und eine baldige Erteilung des Patents erwarten. Denn der Weg von der Erfindung zum Patent ist lang und beschwerlich. Zunächst muss eine Erfindungsmeldung an der Hochschule geschrieben werden, später noch eine möglichst genaue Patentanmeldung. Auch hierbei unterstützen die Patentscouts die Wissenschaftler. Denn das Deutsche Patent- und Markenamt prüft sehr genau.

    "Wir machen das seit gut einem Jahr. Und es ist jetzt so, dass die ersten Fälle, die wir beraten haben, jetzt tatsächlich zur Patentanmeldung gekommen sind. Allerdings, bis dann so ein Patent mal erteilt ist und dann auch in die Verwertung kommt, können schon einige Jahre vergehen. In der Regel sagt man, das von der Anmeldung eines Patentes bis zur Erteilung wenigstens drei Jahre vergehen."

    Aber die Mühe lohnt sich. Nur ein Beispiel: Mithilfe der Patentscouts haben junge Wissenschaftler eine Erfindung zur Reduzierung des Kraftstoffverbrauches bei Lkw angemeldet.

    "Das wollen die eben erreichen dadurch, dass sie einen sehr innovativen Heckspoiler erfunden haben."

    Dieser Heckspoiler soll die Luft bei der Fahrt besser um den Lkw herumströmen lassen, wodurch der Luftwiderstand verringert wird. Das hilft Kraftstoff sparen. Seine Erfinder sind bereits dabei, eine eigene Firma zu gründen, um ihre Innovation zu vermarkten.

    Solche Beispiele fordern den Ehrgeiz anderer Wissenschaftler heraus, ebenfalls Patente anzumelden und sich dabei von den Patentscouts helfen zu lassen. Das macht sich auch an der Zahl der Patentanmeldungen von der RWTH Aachen bemerkbar: Seit dem vergangenen Jahr ist sie um rund 40 Prozent gestiegen.