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Patient Außenpolitik

Italien erlebt derzeit einen schleichenden Bedeutungsverlust seiner außenpolitischen Rolle. Ein Grund ist im Auftreten des Regierungschefs Silvio Berlusconi zu suchen.

Von Karl Hoffmann |
    Immer wenn Silvio Berlusconi aktive Außenpolitik betreibt, sorgt er für Kopfschütteln:

    "Ich wünsche Ihnen, Ihrer Regierung und Ihrem Volk Glück, das Sie liebt, wie man aus den Wahlergebnissen ersehen kann, die wir alle kennen."

    Berlusconi lobt den weißrussischen Präsidenten Alexander Lukaschenko über den grünen Klee. Dem Mann, der als der letzte Diktator in Europa bezeichnet wird und der sein Land im Stile eines Alleinherrschers führt. Den italienischen Amtskollegen ficht das nicht an. Aber der ist ja auch ausgesprochen eng befreundet mit Wladimir Putin, dem Präsidenten des mächtigen Nachbarstaates Russland. Auch er kein Modell von Demokratieverständnis.

    Für Putin lässt Berlusconi auch schon mal wichtige Staatsgeschäfte liegen, fliegt unvermittelt nach Sankt Petersburg ab, um den russischen Freund dort zu treffen und fährt mit Schwimmweste im Schlauchboot oder fliegt in einem Wasserflugzeug.

    Sind es Geschäfte, geheime Abmachungen? Werden bei diesen freundschaftlichen Treffen harte Fakten erörtert, Aufträge für die italienische Industrie an Land gezogen? Debattiert man über Energielieferungen, das Klima oder Sicherheitspolitik? Niemand weiß es. Unklar ist auch, was Berlusconi immer wieder dazu treibt, den Schalk auf der internationalen Bühne zu spielen. Als sich vor zwei Tagen der neue europäische Ratspräsident Hermann van Rompuy beim Treffen mit Berlusconi in Mailand verspätete: "Eine Stunde Verspätung, kein guter Anfang für den Präsidenten. Ich muss ihm beibringen, wie man's richtig macht." Wirft man ihm derart peinliche Patzer vor, wird Berlusconi wütend:

    "Alles Lüge, die Vorwürfe meiner angeblicher Ausrutscher. Früher herrschte das Klischee von der Pizza und den Mandolinen, heute gilt Italien als das Land, dessen Ministerpräsident peinliche Äußerungen macht. Ich habe in meiner gesamten außenpolitischen Tätigkeit noch nie etwas Peinliches gesagt oder getan."

    Sehr erfolgreich ist seine Außenpolitik derzeit nicht: der italienische Kandidat für den europäischen Außenministerposten, Massimo d'Alema blieb auf der Strecke. Nach den abschätzigen Äußerungen zur Wahl des amerikanischen Staatspräsidenten Obama versucht er mit serviler Einsatzbereitwilligkeit, die Distanz zum mächtigsten Mann der Welt zu überbrücken. Erst wollte Berlusconi den italienischen Afghanistaneinsatz so schnell wie möglich beenden, um dann eilig zu versichern weitere von Obama geforderte Truppen - etwa 1500 Mann - nach Kabul zu entsenden, während Koalitionspartner Umberto Bossi noch vor wenigen Wochen tönte, an Weihnachten seien die italienischen Soldaten alle wieder zuhause. Dass es in der italienischen Außenpolitik derzeit drunter und drüber geht, nimmt das Volk aber nicht wahr. Die Italiener starren gebannt auf das eine Thema: Berlusconi und die Mafia.