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Patientenbeauftragte dringt auf Ende der Ärzte-Streiks

Die Patientenbeauftragte der Bundesregierung, Helga Kühn-Mengel, hat zu einer Einigung im Tarifkonflikt um die Arbeitsbedingungen der Ärzte an kommunalen Krankenhäusern aufgerufen. "Wir waren jetzt lange genug mit dieser Auseinandersetzung befasst", sagte sie. Patienten seien verunsichert und in Sorge, wenn wegen der Streiks Behandlungen verschoben werden.

Moderation: Dirk-Oliver Heckmann |
    Dirk-Oliver Heckmann: Seit über sieben Wochen also streiken die Ärzte, die an kommunalen Krankenhäusern beschäftigt sind. Sie wollen endlich, so wie zuvor ihre Kollegen an den Landeskrankenhäusern und Unikliniken, einen eigenen Tarifvertrag für Ärzte, eine höhere Bezahlung und bessere Arbeitsbedingungen durchsetzen. Und dafür erhöhten sie noch einmal den Druck. 160 Krankenhäuser waren gestern nach Angaben der Ärztegewerkschaft Marburger Bund von den Streiks betroffen. Rund 16.000 Ärzte legten demnach ihre Arbeit nieder. Damit hat jeder vierte Arzt an den Protestaktionen teilgenommen.

    Das kann nicht ohne Auswirkungen bleiben für die Patienten und soll es wohl auch nicht. Und dazu wollen wir befragen die Patientenbeauftragte der Bundesregierung. Guten Morgen, Helga Kühn-Mengel.

    Helga Kühn-Mengel: Guten Morgen, Herr Heckmann!

    Heckmann: Frau Kühn-Mengel, heute Nacht sind die Tarifverhandlungen in Düsseldorf unterbrochen worden. Vor einer knappen Stunde war das. Haben Sie noch Verständnis dafür, dass sich die Tarifparteien immer noch nicht geeinigt haben?

    Kühn-Mengel: Ich habe wenig Verständnis dafür. Das zieht sich nun wirklich lange hin. Und es ist auch so, dass sich schon viele Patienten und Patientinnen verunsichert fühlen, sich auch bei mir und meiner Geschäftsstelle melden, weil zum Beispiel eine lang anberaumte Hüftoperation zwei Tage vor dem Termin abgesagt wurde mit der Begründung, unser Anästhesist streikt. Das sind alles Operationen, die durchaus verschiebbar sind, aber dennoch eine Belastung für Patient und Patientin darstellen. Das andere ist aber auch, dass ein Krankenhaus ja nur so gut ist, wie die Teams auch zusammenarbeiten. Und deswegen sage ich immer, es muss bei den Verhandlungen an das ganze Team gedacht werden und natürlich auch an die Arbeitszeiten. Die Arbeitsbedingungen müssen stimmen, zum Wohle der Patienten und Patientinnen.

    Heckmann: Frau Kühn-Mengel, es heißt immer wieder, dass schwerkranke Patienten nicht betroffen seien, von den Ärzten, dass lebenswichtige Behandlungen nicht verschoben würden. Immer wieder gibt es aber in der Presse auch anders lautende Meldungen. Muss man sich als Patient oder als Angehöriger Sorgen um seine Gesundheit oder um sein Leben sogar machen?

    Kühn-Mengel: Ich kann keinen Fall nennen, wo ich den Eindruck hatte, dass hier wirklich etwas Lebenswichtiges verschoben wurde oder dass Patienten in eine völlig unzumutbare Situation gerieten. Aber Verunsicherung und Sorge wird schon bei vielen ausgelöst. Insofern habe ich immer gesagt, dieser Streik darf nicht auf dem Rücken der Patienten und Patientinnen stattfinden.

    Heckmann: Eine Kernforderung der Ärzte ist ja, einen eigenen Tarifvertrag durchzusetzen. Halten Sie diese Forderung für berechtigt?

    Kühn-Mengel: Nicht ohne Grund sage ich immer, man muss auch an das ganze Team denken. Also die Forderungen sollten sich nicht nur auf die Verbesserung der finanziellen Situation der Oberärzte beziehen, sondern es gibt eben auch die Pfleger und Pflegerinnen, die therapeutischen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen. Das ganze Team ist doch dasjenige, das uns Patienten und Patientinnen auch versorgt. Und deswegen sollte an die Arbeitsbedingungen aller gedacht werden.

    Heckmann: Das heißt, Sie teilen die Sorge, dass Gehaltserhöhungen für Ärzte auf Kosten der Pflege gehen könnten.

    Kühn-Mengel: Ich hoffe, dass es bald zu einem konstruktiven Ende kommt, wo an das Wohl aller gedacht wird. Ich sage noch einmal, es geht nicht nur um Geld, es geht um Arbeitsbedingungen. Ärzte und andere dürfen nicht übermüdet und überarbeitet sein. Fortbildungszeit, das kann ich gut verstehen diese Forderung, sollte auch Bestandteil der Arbeitszeit sein. Also es gibt viele Bedingungen. Wichtig ist, dass sich die Partner endlich zu einer Einigung durchringen können. Ich denke, wir waren jetzt lange genug mit dieser Auseinandersetzung befasst.

    Heckmann: Sie hoffen auf eine baldige Lösung, Frau Kühn-Mengel. Was aber, wenn dieser Durchbruch eben nicht kommt und wenn immer mehr einzelne Krankenhäuser sich über Haustarifverträge einigen mit dem Marburger Bund.?

    Kühn-Mengel: Ich halte das nicht für so sinnvoll, weil es dann so viele unterschiedliche Bedingungen gibt, und ich glaube, das ist auch nicht günstig für den sozialen Frieden sozusagen. Da ist mir die Strategie nicht ganz klar. Ich sage noch einmal, es wäre sinnvoll, wenn sich bald und eben zum Wohle der Patienten geeinigt würde.

    Heckmann: Zum Streik an den kommunalen Krankenhäusern und den Folgen für die Patienten war das Helga Kühn-Mengel, die Patientenbeauftragte der Bundesregierung. Vielen Dank Frau Kühn-Mengel für das Gespräch und auf Wiederhören.

    Kühn-Mengel: Ich danke Ihnen, Herr Heckmann.