Archiv


Patienteninformation durch Internetportale

Bislang sind die Packungsbeilage, der Arzt oder der Apotheker die Informationsquellen für Patienten. Die Europäische Union will ihren Mitgliedern nationale Internetportale verordnen, die Patienten umfassend über Arzneimittel aufklären sollen.

Von Kerstin Ruskowski |
    Innerhalb von 18 Monaten sollen die Mitgliedsstaaten nationale Internetportale einrichten, auf denen sich Patienten umfassend über Arzneimittel informieren können - beispielsweise über Wirkung und Nebenwirkungen. Die Aufsicht über diese Portale soll bei den nationalen Behörden der einzelnen Mitgliedsstaaten liegen. Damit wird sichergestellt, dass keine einseitigen Informationen bereitgestellt werden - eine unabhängige Instanz prüft die Angaben. Ärzte, Apotheker und Patientenorganisationen werden mit einbezogen. Gut informierte Patienten erleichterten den Ärzten ihre Arbeit, sagt Frank Ulrich Montgomery, Präsident der Bundesärztekammer.

    "Das Internet ist ein tolles Informationsmedium. Viele Menschen laden sich wahnsinnig viele Informationen runter und dabei sind leider auch Halbwahrheiten. Und das Problem mit Halbwahrheiten ist, dass oft die falsche Hälfte geglaubt wird. Und dann ist es für uns Ärzte sehr schwer, dem Patienten zu erklären, warum er auf dem falschen Weg bei der Gesundung seiner Erkrankung ist."

    Bisher gibt es große Unterschiede, welche Informationen für Patienten in den verschiedenen europäischen Ländern abrufbar sind. In Schweden gibt es beispielsweise bereits eine Webseite, die Informationen zu allen zugelassenen Arzneimitteln enthält. Für Patienten ohne Internetzugang gibt es diese Informationen auch als Broschüre. In Deutschland und Frankreich ist es dagegen sogar verboten, Beipackzettel im Internet zugänglich zu machen - obwohl es sich dabei um geprüfte Informationen handelt. Anja Weisgerber, gesundheitspolitische Sprecherin der CSU-Gruppe im Europäischen Parlament.

    "Es ist momentan wirklich ein Problem, dass in Deutschland und Frankreich zum Beispiel, wenn man den Beipackzettel verliert, diesen Beipackzettel im Internet nicht abrufen kann. Wenn man im Ausland ist, zum Beispiel in Portugal im Urlaub, dann bekommt man nur einen portugiesischen Beipackzettel. Da ist es dann eben möglich, in Zukunft, den dann auch in der passenden Sprache abzurufen."

    Das Werbeverbot für verschreibungspflichtige Arzneimittel hat bisher Informationen über Medikamente im Internet verhindert. Mit der Einrichtung der nationalen Internet-Portale soll dieses Werbeverbot nicht unterlaufen werden, betont die CSU-Europaabgeordnete. Deswegen sei wichtig, wie diese Webseiten finanziert würden. Das schwedische Informations-Portal beispielsweise wird aus einem Topf finanziert, in den sowohl öffentliche Gelder als auch Gelder von Pharmafirmen fließen. Die deutsche Webseite gesundheitsinformation.de mit Informationen rund um das Thema Gesundheit bezahlen die Kassenpatienten. Über die Internetseiten sollen die Patienten auch Erfahrungen über Nebenwirkungen austauschen, ebenso die Ärzte. Jeder EU-Bürger soll die gesammelten Informationen abrufen können, erklärt Dagmar Roth-Berendt, Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments und SPD-Gesundheitsexpertin.

    "Der Plan ist, innerhalb der Gesetzgebung, dass es eine Datenbank gibt bei der Europäischen Arzneimittelagentur, aber auch in den Mitgliedsländern, auf die Ärzte auch Zugriff haben sollen, damit sie wissen: Aha, mein Patient sagt, ich hab ständig Bauchschmerzen. Das ist ja ganz normal offensichtlich haben dauernd Leute Bauchschmerzen - das steht aber bei dem Medikament gar nicht in den Angaben, die ich erhalte. Mensch, da muss ich jetzt was machen."

    Die heutige Abstimmung verpflichtet die Mitgliedsstaaten zum Aufbau der Internetportale bis Mitte 2012. Für nächstes Jahr haben sich mehrere Europaabgeordnete die Vereinfachung des Beipackzettels vorgenommen. Er soll besser zu verstehen sein, mit einer Art Info-Kasten vorneweg, der die wichtigsten Informationen über die Wirkungsweise des Medikaments enthält, über mögliche Wechsel- und Nebenwirkungen sowie die Dosierung - übersichtlich und prägnant dargestellt.